Die Rebellen von Irland
selbst zum Teil des Bösen. Das Schwert wird ihn unerbittlich vom Guten trennen und er wird verdammt sein. In alle Ewigkeit unwiderruflich verdammt. Hier waren einige Sünder anwesend – er ließ den Blick anklagend über die Reihen schweifen –, die bereit waren, Kompromisse einzugehen und die den Teufel zu ihren Freunden zählten. Was wollte er damit sagen, fragte er sich selbst rhetorisch. Dachte er an bestimmte Beispiele? Und nun kam der Moment, auf den Pincher sich so lange vorbereitet hatte: Ja, er kannte Beispiele.
Die Liste der Sünder nahm kein Ende. Von seinen Anhängern abgesehen, kam kaum eine Person in der Gemeinde ungeschoren davon. Da gab es jene, die tolerierten, dass Jesuiten ganz in der Nähe der Kathedrale lebten. Jene, die mit einem Augenzwinkern darüber hinweggingen, dass papistische Priester in Kapellen, Privathäusern und sogar den Stadtkirchen Unterschlupf fanden. Jene, die Kirchenland an Katholiken vermieteten oder verpachteten, die mit den Einkünften ihre privaten Priester finanzierten. Jene, die den Rekusanten die Bußgelder erließen. Pincher stellte alle Gewohnheiten, die die religiöse Trennung in Irland einigermaßen erträglich gemacht hatten, unerbittlich bloß und verdammte sie in Grund und Boden. »Der Herr hat versprochen, dass die Sanftmütigen das Erdreich besitzen werden«, donnerte er. »Aber in Irland besitzen die Verräter den Boden!«
Die Gemeinde verstand nur zu gut, wer damit gemeint war. Der Schock breitete sich wie eine Welle durch die ganze Kirche aus. Aber auch darauf hatte Pincher sich vorbereitet. Denn jetzt ertönte aus zwanzig oder dreißig protestantischen Mündern ein zustimmendes »Amen«.
»Bereuet!«, schrie Doktor Pincher darauf. Welches Schicksal würde Dublin erwarten, wenn die Stadt den protestantischen Glauben nicht verteidigte? Hatte nicht der Herr selbst das Schicksal der Städte besiegelt, die Seine Stimme vernommen, aber ihre Sünden nicht bereut hatten? Er hatte es besiegelt, und zwar im Matthäus-Evangelium: »Wahrlich ich sage euch: Dem Lande der Sodomer und Gomorrer wird es erträglicher gehen am Jüngsten Gericht denn solcher Stadt.«
»Amen«, riefen Pinchers Anhänger.
»Ich bin nicht gekommen, euch den Frieden zu bringen, sondern das Schwert.«
»Und doch …« Der Doktor schwieg einen Augenblick und sah die Gemeinde zur allgemeinen Überraschung wohlwollend an. »Es ist kein leichter Weg.« Was, wenn zum Beispiel unser Nachbar ein Katholik ist? Ein Mann, an den wir uns gewöhnt haben, dem wir durch die Regeln der Höflichkeit oder sogar in Zuneigung verbunden sind? Wie sollen wir dann handeln? Wir müssen ihm auf jeden Fall den wahren Glauben predigen. Wir müssen unserem Nachbarn ins Gewissen reden und ihn beschwören, seine Sünden zu bereuen und auf den rechten Weg zurückzukehren. Wir dürfen für ihn beten. Wir müssen sogar für ihn beten. Aber wenn er nach all unseren Bemühungen immer noch starrköpfig an seiner Sünde festhält, dann müssen wir alle Bänder, die uns an ihn binden, durchtrennen. Mögen sie auch noch so stark sein. Wir müssen uns von ihm abwenden, um nicht selbst beschmutzt zu werden. Wir müssen solche Menschen aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens ausschließen und sie niederschlagen. Denn der Herr spricht:
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Und wenn dich dein rechtes Auge ärgert, so reiß es aus. Und wenn dich deine rechte Hand ärgert, so hacke sie ab. Denn es ist besser, eines deiner Glieder zu verlieren, als mit heilem Körper zur Hölle zu fahren.
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»So nimm nun dein Schwert, christlicher Pilger«, schrie Pincher. »Und schlage ab, was dich ärgert.«
»Amen«, erklang der Chor.
In der Gemeinde breitete sich allmählich Unruhe aus. Die meisten saßen zwar immer noch fassungslos schweigend da, aber andere begannen zu murmeln. Manche zustimmend, andere aufgebracht. Viele waren der Ansicht, das Ganze gehe allmählich zu weit.
Aber wer dachte, Pincher habe sein Pulver schon verschossen, hatte sich gründlich getäuscht.
Denn nun lehnte sich der Doktor vertraulich nach vorn und senkte die Stimme vor dem Höhepunkt beinahe zu einem Flüstern. Wir dürfen nicht glauben, sagte er, dass der Teufel untätig bleibe. Dieser schmiede vielmehr beständig Pläne, um sein Reich des Bösen vor dem Untergang zu bewahren. Mehr noch, um ihm den Sieg zu verschaffen. Sogar jetzt – Pincher erhob die Stimme – planten die Diener der römischen Hure, die protestantische Sache zu schädigen, den römischen Bischof wieder einzusetzen,
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