Die Rebellen von Irland
den Tümpel, und Anne spürte einen Frieden in sich, den sie seit ihrer Kindheit nicht mehr gekannt hatte.
»Es ist seltsam, einen Mann zu kennen, der die grünen Augen meines Sohnes hat«, sagte sie nach einer Weile und lächelte O’Byrne an.
»Weiß Mwirish inzwischen, dass wir verwandt sind?«
»Nein. Sein Vater möchte das nicht.« Sie beugte sich vor und ließ die Hand langsam durch das Wasser des Tümpels gleiten. »Mein Ehemann ist sehr vorsichtig«, sagte sie mit einem Schulterzucken.
Er warf ihr einen schnellen Blick zu.
»Ihr Ehemann ist sehr vernünftig«, sagte er. »An seiner Stelle würde ich ebenso handeln.« Er schwieg einen Moment. »Als der erste Mwirish seinen Namen in Smith änderte, traf er damit eine Entscheidung für all seine Nachkommen. Sie sollten Engländer werden. Und die grünen Augen tauchen von Zeit zu Zeit in vielen Familien auf.« Er schmunzelte. »Ihr Ehemann ist bestimmt nicht der einzige illegitime Nachfahre von Sean O’Byrne! In Wicklow sind sowieso alle Cousins, genau wie die Altengländer in Fingal.« Brian streckte sich gemütlich auf dem Fels aus. »Wahrscheinlich sind alle irgendwie miteinander verwandt. In meinen Adern fließt zum Beispiel das Blut der Walshs von Carrickmines.«
»Wirklich?«, rief Anne entzückt. »Heißt das, wir sind verwandt?«
»Das ist schon Jahrhunderte her«, lachte er. »Und es bedeutet, dass Sie auch mit Ihrem Ehemann über die O’Byrnes verwandt sind.«
»Das habe ich nicht gewusst.« Sie sah einen Augenblick nachdenklich zu Boden. Dann hellte sich ihr Gesicht auf und sie blickte O’Byrne an. »Mit meinem Ehemann war ich ja ohnehin schon verwandt. Aber jetzt bin ich auch noch mit Ihnen verbunden. Das ist ein Gewinn.«
Warum mochte sie O’Byrne nur so gern? Lag es an den Augen? Erinnerte er sie an ihren verlorenen Patrick? Sie wusste es nicht.
»Glauben Sie, auch ich könnte dort oben in den wilden Wicklow-Bergen leben?«
»Oh ja«, sagte er leise. »Ich kann Sie mir gut dort vorstellen.«
Dann erzählte er ihr Geschichten über die Vergangenheit der O’Byrnes und der O’Tooles. Über das Leben in den wilden, freien Gebirgslandschaften, und über die Kämpfe zwischen den irischen Clanführern und den Soldaten der Tudor-Engländer. Sie kannte viele dieser Begebenheiten aus Geschichtsbüchern, aber sie hatte noch nie zuvor einen Iren davon erzählen hören. Zum ersten Mal erschienen ihr die Wicklow-Berge nicht als tückisches, gefährliches Territorium, sondern als großartiges Refugium, als Land uralter Freiheiten und heiliger Orte, das die Engländer nicht nur erobert, sondern auch geschändet hatten. Und es berührte sie tief.
Nach einer Weile sagte er: »Wir sollten zurückkehren.«
»Das sollten wir«, stimmte sie zu.
Aber beide blieben regungslos sitzen. Es kam ihnen vor, als seien nur Minuten vergangen, als Brian zur Sonne blickte, die bereits tief am Himmel stand. Er erhob sich, streckte ihr die Hand hin und half ihr auf. Immer noch ins Gespräch vertieft, gingen sie gemächlich zum Boot. Der Fischer hatte sein Netz fertig geflickt und war eingeschlafen.
Als sie am anderen Ufer ankamen, warteten nur Walter und Orlando auf sie. Beide sahen missmutig drein.
»Wo sind Lawrence und Cousin Doyle?«, fragte Anne. »Hat er eine Ente geschossen? Ich habe gar keinen Schuss gehört.«
»Sie wollten nicht länger warten und sind nach Hause gegangen«, sagte Orlando kurz.
Brian O’Byrne entschuldigte sich sofort für die Verspätung.
»So lange waren wir doch gar nicht weg«, sagte Anne.
Orlando und Walter warfen sich einen Blick zu.
»Ihr wart zwei Stunden dort draußen«, sagte Orlando leise.
»Das kann nicht sein. Bestimmt nicht. Mir kam es viel kürzer vor«, protestierte Anne fröhlich. »Er hat mir alles über Wicklow erzählt.«
»Auf einer solchen Insel könnte ich mir einen Einsiedler wie St. Kevin gut vorstellen«, warf O’Byrne schnell ein. Er wandte sich an Walter: »Ich war einmal mit Orlando in Glendalough. Er hat fast eine Stunde am Schrein des heiligen Kevin gebetet.«
»Ich laufe mit dir zurück, Brian«, sagte Orlando, als O’Byrne den Fischer bezahlt hatte. »Anne und Walter wollen sicher zusammen gehen.«
Auf dem Heimweg nahm Anne Walters Arm und drückte ihn sanft.
»Ich wusste wirklich nicht, dass wir so lange weg waren«, sagte sie. »Ich dachte, ihr sucht in den Sümpfen nach Enten.«
»So war es auch«, erwiderte Walter.
»Weißt du was? Irgendwann sollten wir alle einmal nach Rathconan
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