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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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den Antichristen auf die gottesfürchtigen Bürger Irlands zu hetzen. Diese Diener der Hure wollten sogar den König selbst dazu verführen, die gottgegebenen Gesetze dieses Landes zu ändern. Sollte es ihnen gelingen, dann würden sie bald die Protestanten dieses Landes unterjochen. Die katholisch-irischen Horden würden die Protestanten zertrampeln und vernichten. Und die Anführer dieser irischen Horden, betonte er, seien die Männer, die seine sündige Gemeinde heute als Freunde und Nachbarn bezeichnete. Wollten seine Zuhörer etwa zulassen, dass so etwas geschah?
    »Wollt ihr«, schrie er, »etwa ein Teil des sabbernden Kadavers werden, der sich untätig und bequem zurücklehnt und schläft, während der Teufel sein unseliges Werk tut und die Gottesfürchtigen zerstört? Oder werdet ihr Soldaten Christi werden, euch erheben und Rüstung und Schwert anlegen? Gott sieht euch«, schrie Simeon Pincher mit sich überschlagender Stimme. »Gott prüft euch. Werdet ihr euch von der katholischen Hure verführen und um euer Geburtsrecht und eure unsterbliche Seele betrügen lassen? Der gleichen Hure, die heute auch den König dazu verführte, falsch zu handeln? Oder werdet ihr das Kreuz und das Schwert Christi ergreifen und die katholische Hure niederschlagen?« Pause.
    »Schlagt sie nieder! Schlagt die Hure nieder«, schrie er.
    »Amen«, ertönte es aus dem Kirchenschiff.
    »Schlagt sie nieder, die Isebel, die Metze.«
    »Amen. Amen.«
    »Ich bin nicht gekommen, euch den Frieden zu bringen«, donnerte seine Stimme ein letztes Mal durch die Kathedrale, »sondern das Schwert.«
    »Amen. Amen. Amen.«
    Und wie ein Rabe hüllte Pincher sich in die schwarzen Flügel seiner Robe und stakste von der Kanzel hinab.
     
    Nach dem Gottesdienst mied er die Menge, die sich vor der Kirche versammelt hatte. Sein Stolz und vielleicht auch sein gesunder Menschenverstand hielten ihn davon ab. Er verließ die Kirche durch eine Seitentür und lief schnellen Schrittes über die Dame Street zu seiner Wohnung.
    Er ließ eine völlig verwirrte Gemeinde hinter sich zurück. Die Puritaner, die den Chor gebildet hatten, waren entzückt. Sie alle waren der Meinung, dass diese Predigt noch viel besser gewesen war als die Hasstiraden, die der Bischof von Derry im Frühling von sich gegeben hatte. Und Pincher lebte schließlich hier. Mit einem solchen Wortführer wäre es jetzt ein Leichtes, hart gegen die Papisten durchzugreifen.
    Die Katholiken waren natürlich entsetzt. Zwei Fragen brannten ihnen besonders auf der Seele: Sprach Pincher nur für sich selbst und seine Freunde, oder standen auch andere, mächtigere Personen hinter ihm? Und war dies ein Signal dafür, dass der König den Katholiken gar nicht helfen wollte, sondern sich gegen sie wenden würde?
    Aber ein Großteil der Zuhörer, der sowohl Katholiken als auch Angehörige der Kirche von Irland umfasste, teilte diese Ansicht nicht, sondern hielt Kompromisse für wünschenswert. Walter Smith machte sich besonders große Sorgen und sprach Doyle darauf an, als er ihm vor der Kirche begegnete.
    »Was sollen wir dagegen unternehmen?«, fragte Smith voller Angst.
    »Dagegen unternehmen?« Doyle sah ihn fragend an. »Gar nichts. Doktor Pincher hat sich gerade selbst vernichtet.«
    »Wie das? In der Dubliner Burg und in London gibt es viele, die jedem seiner Worte zustimmen würden«, meinte Smith.
    »Zweifellos. Aber er hat sich trotzdem vernichtet.« Der protestantische Kaufmann lächelte grimmig. »Du hast nicht aufmerksam genug zugehört«, fuhr er leise fort. »Seine Predigt war wirklich erschreckend. Aber er hat einen fatalen Fehler begangen.«
    ***
    An einem kalten Januartag im Jahre 1628 stach in Dublin eine Delegation in Richtung London in See. Sie bestand aus acht Mitgliedern der altenglischen Gemeinde und drei protestantischen Siedlern. Orlando Walsh gehörte nicht zu ihnen, obwohl er in die engere Auswahl gekommen war. Dafür nahm sein Cousin Doyle teil.
    Die Delegation hatte den Auftrag, ein Abkommen mit dem englischen Kronrat auszuhandeln. Im vergangenen Sommer und Herbst waren die Anträge, die Orlando mit seiner Familie im Frühling diskutiert hatte, durch viele weitere, kundige Hände gegangen und schließlich als sechsundzwanzig Matters of Grace and Bounty to Ireland niedergeschrieben worden. Und diese »Gnadengesuche« führten die Abgesandten mit sich, um sie dem König vorzulegen.
    Das Dublin, das sie hinter sich zurückließen, hatte sich auch nach Pinchers Predigt nicht

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