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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Kein Monat verging, ohne dass Wentworth sich Land oder irgendwelche Pachterträge unter den Nagel riss. Und dabei machte er auch vor den Neuengländern nicht Halt. Es stimmte, dass die Kolonisten oft viel mehr Land in Besitz genommen hatten, als ihnen offiziell zugeteilt worden war; und nun ließ sie Wentworth dafür bezahlen. Das überschüssige Land fiel entweder an die Krone zurück, die dann damit wirtschaftete, oder es wurde erneut verkauft. Und was für die Ländereien des Königs galt, traf auch auf Kirchenland zu. Pachtverträge der Kirche wurden zurückgezogen oder unter scharfen Auflagen neu verhandelt. Und nun war der lüsterne Blick des Lord Deputy auch auf sein kleines Stück Land in Südleinster gefallen.
    Pincher hatte sich während der vergangenen Jahre intensiv um seinen Grundbesitz gekümmert. Seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis reiste er einmal jährlich bei schönem Wetter nach Südleinster, inspizierte das Land und besuchte auch seine Pfründe in Munster. Dort kümmerte er sich um die Buchführung und predigte in der kleinen Kirche. An beiden Orten hatte er Licht in die Dunkelheit gebracht. Die Pfründe in Munster hatte er abholzen lassen und dadurch einen hohen Gewinn erzielt. Das Land war jetzt so ergiebig, dass er dem armen Hilfspfarrer sogar ein bisschen mehr Gehalt bezahlen konnte. In Leinster hatte er bis jetzt nur wenig Wald gerodet, gerade so viel, dass es für die Pacht reichte und ihm einen kleinen Zusatzverdienst verschaffte. Sein Pachtvertrag war völlig legal, signiert und gestempelt, mit einer Restlaufzeit von mehreren Jahren. Natürlich war die Pacht geradezu lächerlich niedrig, aber dennoch legal.
    Aber er glaubte keinen Moment daran, dass diese Legalität den groben, brutalen Wentworth aufhalten würde. Er will mich angreifen, dachte Pincher. Und wenn er Erfolg hat und mir mein Einkommen wegnimmt, dann hat er umso mehr Geld für seine verfluchten Kerzen, goldenen Altartücher und papistischen Zeremonien in Christ Church. Simeon Pincher war so sehr in Rage, dass er es nicht über sich brachte, an der Kathedrale vorbeizulaufen, sondern über den Holzquai nach Hause eilte. Darauf kann Wentworth sich verlassen, dachte er: Bevor er sich mein Land aneignet, fälle ich jeden einzelnen Baum darauf.
    Er war also äußerst schlechter Laune, als er seine Wohnung erreichte, vor der Jeremiah Tidy und sein Sohn Faithful geduldig auf ihn warteten.
    ***
    Der Küster trug sein Anliegen sehr wortgewandt vor. Demütig begann er damit, welche Ehre es für ihn bedeute, dass der Doktor ihn seit so vielen Jahren zur Kenntnis nehme. Pincher wisse ja, dass er und seine Frau nur einfache Leute seien – wenn auch loyal, fügte er leise hinzu. Doktor Pincher würdigte dies mit einer leichten Neigung des Kopfes. Aber weil sie den gelehrten Doktor so sehr bewunderten, war ihr Sohn nicht nur als strenggläubiger Calvinist erzogen worden, sondern hatte auch eine Schulbildung erhalten. Tatsächlich sei er sogar ein ausgezeichneter Schüler. Pincher wusste, dass der Junge eine der kleinen protestantischen Schulen von Dublin besucht hatte. Was er dort gelernt haben sollte, konnte er sich nicht vorstellen. Und nun wollte Tidy offenbar, dass sein Sohn den größten Schritt seines Lebens machte und ein Studium am Trinity College aufnahm. Er könne die Kosten gerade aufbringen, auch wenn dies natürlich ein Opfer für die Familie bedeute. Tidy wollte aus Höflichkeit zuerst den Doktor um seinen Rat bitten. Und falls der gelehrte Doktor sich auch noch für Faithfuls Aufnahme aussprechen würde …
    Solche Bitten waren in Oxford und Cambridge schon seit Jahrhunderten üblich. Söhne wohlhabender Freisassen und Kaufleute, ja manchmal sogar die Söhne einfacher Bauern und Handwerker, besuchten diese altehrwürdigen Colleges und stiegen als Geistliche oder Rechtsgelehrte oft zu ungeahnten Höhen auf. Auch viele Lehrende an den Colleges hatten ihre Laufbahn einst als arme Studenten begonnen. Und obwohl Trinity eigentlich für die Söhne der neuenglischen Großgrundbesitzer bestimmt war, gab es auch dort junge Männer aus bescheidenen Verhältnissen. Warum reagierte Pincher also mit einem missbilligenden Stirnrunzeln auf den Vortrag des Küsters?
    Teilweise lag es natürlich daran, dass er immer noch wütend auf Wentworth war. Aber als er Tidy jetzt ansah, stieg das Gefühl in ihm auf, dass auch dieser ihm Unrecht getan hatte. Er klagte zwar über die Zustände in Christ Church, war aber immer noch gemütlich im

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