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Die Rebellin

Die Rebellin

Titel: Die Rebellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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über die Kinder wundern – die gehören meiner Schwester. Sie ist gerade im Krankenhaus, und ihr Mann …«
    Da sah er Emilys Gesicht. Sie hatte Mund und Augen aufgerissen, als wäre ihr ein Gespenst erschienen.
    Er drehte sich um.
    Marian war ihm aus dem Schlafzimmer gefolgt, im Nachthemd stand sie in der Tür. Vicky und Blanche, die Zwillinge, kamen aus der Küche gelaufen und drängten sich an sie.
    »Was sagt Papa für komische Sachen, Mama?«
    »Musst du jetzt ins Krankenhaus?«
    »Ist die Tante da seine Schwester?«
    Die Zwillinge zerrten an Marians Armen, doch die gab keine Antwort. Cole machte den Mund auf, in der Hoffnung, dass ihm irgendeine Erklärung einfiel, doch sein Gehirn war plötzlich so leer wie eine alte verrostete Teedose.
    Auch die Zwillinge verstummten. Mit verstörten Gesichtern traten sie zurück und schmiegten sich noch enger an ihre Mutter. Plötzlich war es so still in dem Flur wie in einer Friedhofskapelle.
    Emily war die Erste, die ihre Sprache wieder fand. Scharf wie ein Messer durchschnitt ihre Frage das Schweigen: »Wer ist diese Frau, Mr. Cole?«

17
     
    »Sie tragen eine Brille, Mr. Paxton?«, fragte Albert. »Das wusste ich ja gar nicht.«
    »Meine Frau hat darauf bestanden, Königliche Hoheit. Es ließ sich leider nicht mehr vermeiden. Die Sehkraft.«
    Paxton hatte den Prinzgemahl und Feldmarschall Wellington am Eingang des Transepts empfangen und führte seine Besucher nun durch den Pavillon, um sie über den neuesten Stand der Dinge zu unterrichten. Obwohl es Sonntag Vormittag war, herrschte in dem Bau eine Geschäftigkeit wie in einem Bienenkorb. Unendliche Ströme von Waren trafen von allen Seiten ein; wohin man schaute, wurden Kisten ausgepackt, Vitrinen gefüllt, Maschinen installiert, während Maler und Anstreicher auf ihren Gerüsten letzte Hand an die dekorative Ausgestaltung der Halle legten. Die Regierung hatte eine Ausnahmegenehmigung für die letzten Arbeiten im Kristallpalast erlassen, die hier die sonst heilige Sonntagsruhe außer Kraft setzte.
    »Aber das ist ja ein Traum!«, rief Prinz Albert.
    Sie hatten die Mitte des Kuppelbaus erreicht, wo im Schatten der jahrhundertealten Ulmen ein Brunnen, so hoch wie fünf Mann, das Zentrum des Ausstellungsgebäudes markierte: eine Lilienstaude aus Kristall, aus deren gläsernen Kelchen sich plätschernde Silberströme ergossen.
    »Ein schöner Luxus«, knurrte Wellington. »Aber auch ein bisschen kostspielig, wie?«
    »Der Brunnen war nicht ganz billig«, erwiderte Paxton, »trotzdem wird er nichts kosten. Wir haben für die Finanzierung eine sehr einfache, aber wirkungsvolle Lösung gefunden – das heißt, Mr. Cole, der sich übrigens höflichst entschuldigen lässt, hatte den Einfall.«
    »Ich weiß«, nickte Albert, »eine wichtige Dienstreise.«
    »Sehen Sie die Kabinen dort oben?« Paxton zeigte hinauf zurGalerie, wo eine Reihe blau und rosa gestrichener Türen zu sehen war. »Das sind die Toiletten, nach Geschlechtern getrennt. Wenn wir für die Benutzung jeweils einen halben Penny erheben …«
    »Sie wollen Eintritt für die Verrichtung der Notdurft verlangen?«, fragte der Prinzgemahl. »Ich bewundere zwar Ihr Talent, wie Sie alles in Geld verwandeln, aber ich weiß nicht, gibt es nicht doch gewisse Grenzen?«
    »Rümpfen Sie nicht die Nase, Königliche Hoheit –
pecunia non olet!
Die Leute können sich ja vorher überlegen, ob sie müssen oder nicht.« Wellington strahlte vor Begeisterung über das ganze pockennarbige Gesicht. »Doch eine andere Frage, Mr. Paxton. Wie wollen Sie mit den Spatzen fertig werden, die da in den Bäumen herumflattern? Ich fürchte, die sind nicht so vornehm und benutzen den Abort. Die werden den Leuten einfach auf die Köpfe scheißen.«
    »Die Vögel sind in der Tat ein Problem«, pflichtete Paxton ihm bei. »Wir hatten schon ein paar Jäger im Einsatz, aber wegen der Glaswände kamen sie nicht zum Schuss.«
    »Mein Vorschlag, junger Mann – setzen Sie Sperlingsfalken ein! Die machen kurzen Prozess, ohne Schaden anzurichten.«
    »Großartige Idee, eine Waffe der Natur. Ich muss zugeben, darauf sind wir nicht gekommen. Obwohl der Gedanke eigentlich nahe liegt.« Paxton war beeindruckt. Doch es gab noch ein anderes Thema, das der Lösung harrte, ein überaus heikles Thema sogar. Mit einem Räuspern wandte er sich wieder dem Prinzgemahl zu. »Hat der Hof inzwischen in der Frage der Eröffnungsfeier entschieden?«
    »Durchaus«, erwiderte Albert, dem das Thema sichtlich unangenehm

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