Die Rebellion
Entweder gegen die Rebellen oder gegen die Fremden. In einem Krieg sehen die Dinge immer ganz
anders aus.«
»Natürlich. Aber in einem Krieg besteht auch immer die
Chance, daß man in einer Kiste nach Hause geschickt wird
oder ein paar wichtige Körperteile verlorengehen, weil man
zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gestanden hat. Der
Krieg ist für meinen Geschmack viel zu launenhaft. Ich würde
etwas weniger Dramatik bevorzugen.«
»Hallo, wen haben wir denn da?« rief Kit plötzlich. »Ich erspähe ein bekanntes Gesicht. Thomas LeBihan, Abgeordneter
von Thornton Nord, so wahr ich hier stehe und atme. Unser
gelegentlicher Gönner. Er tut so, als hätte er uns noch nicht
gesehen. Komm, laß uns zu ihm gehen und ihn ein wenig in
Verlegenheit bringen. Es ist nur zu seinem Besten.«
Kit und David setzten sich in Bewegung. Die Menge wich
bereitwillig vor ihnen zurück. LeBihan ignorierte die beiden
Herannahenden, solange er konnte, doch schließlich seufzte er
resignierend, wandte sich zu ihnen um und verneigte sich
leicht. Er war ein Bär von einem Mann mit einer faßförmigen
Brust, trug einen Spitzbart und besaß einen guten Ruf als
Schwertkämpfer, doch selbst er beugte sich vor dem schrecklichen Duo. Kit und David erwiderten den Gruß und lächelten
LeBihan freundlich zu. Sein eigenes Lächeln wirkte ein wenig
unglücklich und gequält. Kit und David hatten einen Bürgen
benötigt, um Zutritt zur Arena zu erhalten, und sie hatten ihn
ausgewählt, in ihrem Namen die notwendigen Formalitäten zu
erledigen. Nicht, daß er eine andere Wahl gehabt hätte. Immerhin war er schlau genug gewesen, keine Diskussion in dieser
Angelegenheit anzufangen.
»Hallo, Freunde«, grüßte LeBihan vorsichtig. »Wem oder
was verdanke ich die Ehre unserer Begegnung? Ich habe Euch
bereits gesagt, daß es noch zu früh ist für einen weiteren
Kampf. Es wird in letzter Zeit immer schwieriger, geeignete
Gegner für Euch zu finden. Ihr besitzt eine der längsten Gewinnsträhnen in der Geschichte der Arena.«
»Wir wollen wissen, warum wir nicht beliebt sind«, sagte
David. »Immer und immer wieder gewinnen wir, aber wir sind
trotzdem unbeliebt. Die Menge klatscht zwar und jubelt uns zu,
aber niemand verehrt uns wie früher den Maskierten Gladiator.
Vielleicht solltet Ihr einen Kampf mit ihm ausmachen? Wir
wollen beliebt sein, Thomas. Wo ist das Problem?«
LeBihan seufzte. »Ihr wollt die Wahrheit wissen? Also
schön. Die Schwierigkeit mit Euch ist, daß Ihr Euch um nichts
anderes als um Euch selbst kümmert. Ihr tötet in der Arena nur
zu Eurem eigenen Vergnügen und nicht für die Zuschauer. Ihr
macht Euch nur Gedanken über das Gewinnen, nicht darüber,
wie Ihr den Zuschauern etwas bieten könnt. Aber am schlimmsten von allem ist, daß Ihr ein Todtsteltzer seid und Kit ein
Psychopath. Niemand will Euch beiden zu nahe kommen. Alle
haben Angst, es könnte abfärben. Ihr könntet mit beiden Beinen hinter den Rücken gefesselt und einem Eimer über dem
Kopf gegen den Maskierten Gladiator antreten, und trotzdem
würden die Zuschauer Euch nicht lieben. Ihr seid ganz offiziell
schlechter Umgang. Ich kenne Leute, die nicht einmal mehr
mit mir sprechen, nur weil ich mich damit einverstanden erklärt
habe, Euer Bürge zu sein. Niemand traut Euch über den Weg,
niemand mag Euch, niemand will Euch in seiner Nähe haben.
Die Leute kreuzen ihre Finger, wenn Ihr ihnen über den Weg
lauft, weil Ihr Pech bedeutet. Und wenn Ihr mich jetzt entschuldigen würdet, ich möchte nicht, daß man mich mit Euch
zusammen sieht. Ich muß schließlich an meine eigene Zukunft
denken.«
»Sprecht Euch ruhig aus, Thomas«, forderte David. »Ich will
wissen, was Ihr wirklich denkt.«
»Ich habe wegen kleinerer Beleidigungen getötet«, sagte Kit
kühl.
»Ich weiß, ich weiß«, erwiderte LeBihan. »Genau das ist Euer Problem, Sommer-Eiland. Kann ich jetzt gehen, oder wollt
Ihr mich mit bloßen Händen vor den Augen der Imperatorin
umbringen?«
»Es ist zumindest eine Überlegung wert«, entgegnete Kit.
»Ach, laß ihn«, widersprach David.
Kit zuckte die Schultern, und LeBihan nahm die Gelegenheit
wahr, sich in den Schutz der Menge zurückzuziehen. Kit blickte ihm mit kalter Wut hinterher. »Er hat uns beleidigt.«
»Indem er uns die Wahrheit sagte? Wir haben ihn darum gebeten. Jetzt beruhige dich erst einmal, und sieh ihm nicht so
hinterher. Die Herrscherin beobachtet uns. Wir wollen ihr doch
keinen Anlaß liefern,
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