Die Rebellion
groß genug, daß
er in dieser Haltung verharren und die Straße unten weiter im
Auge behalten konnte. Finlay befand sich in vielleicht fünfzig
Meter Höhe. Er machte es sich bequem und wartete.
Nach den Informationen des Untergrunds würde Lord William Saint John bald auftauchen. Billy der Schläger. Billy, dessen Wort den Tod für Esper, Klone und jeden bedeutete, der
ihm in die Quere kam. Billy der Schlächter, gehaßt und verabscheut von praktisch jedermann, aber unerreichbar wegen seiner Position. Man erzählte sich, daß die Eiserne Hexe sehr zufrieden mit ihm war.
Und er würde herkommen. Zum Silvestri-Turm. Würde zusammen mit seinem schwer bewaffneten Gefolge haltmachen,
um seinem Freund und Alliierten, Lord Silvestri, seine Aufwartung zu machen, bevor er weiterfahren würde zur offiziellen
Eröffnung eines nahegelegenen Waisenhauses. Sehr angemessen übrigens, wenn man bedachte, wie viele Waisen Saint John
und seine Schergen in den letzten paar Jahren zurückgelassen
hatten. Seit dem Tag, an dem Dram der offizielle Prinzgemahl
von Löwenstein geworden war, hatte der Hohe Lord die meisten seiner Verpflichtungen als Oberster Krieger an seinen
Stellvertreter delegieren müssen, an Saint John. Zu Billyboys
neuen Aufgaben gehörte die Verfolgung und Bestrafung potentieller Rebellen sowie die Exekution abtrünniger Esper und
Klone, und er erledigte seine Arbeit mit großer Effizienz und
noch mehr Genuß. Blut und Tod folgten Saint John auf dem
Fuß, und er war bekannt dafür, niemals Gefangene zu machen.
Grausamkeit und Folter waren sein Zeitvertreib und Gnade für
ihn nur ein Fremdwort. Der Untergrund hatte einstimmig seinen Tod beschlossen. Die Exekution Saint Johns würde eine
Botschaft an den Imperialen Palast bedeuten, die niemand
ignorieren konnte.
Niemand würde ihm eine Träne hinterherweinen, nicht einmal seine Standesgenossen. In letzter Zeit hatte Saint John angefangen, in der Politik mitzumischen, um seine Stellung über
die Position als bloßer Stellvertreter Lord Drams hinaus zu
verbessern. Er war mit der üblichen Portion Schwung und Bosheit an die Sache herangegangen und hatte sich mit höhnischer
Überheblichkeit Feinde unter seinen Avalen geschaffen. Die
Eröffnung eines neuen Waisenhauses war eine einfache und
sichere Sache. Sie gab keinen Anlaß zu neuen Kontroversen,
und sie würde Saint Johns Ansehen in der Öffentlichkeit heben.
Der Mann der Tat zeigte plötzlich ein weiches Herz für große
Kinderaugen. Es konnte gar nicht schiefgehen. Alle großen
Fernsehstationen würden mit ihren Holokameras vor Ort sein.
Finlay grinste. Sie konnten es noch nicht wissen, aber sie würden die höchsten Einschaltquoten seit Ewigkeiten haben.
Finlay waren die Gemeinsamkeiten zwischen ihm und Saint
John nicht entgangen. Sie waren beide Männer, die sich nach
Blut und Tod sehnten, und beide waren von dem Willen beseelt, sich die Hände beim Töten schmutzig zu machen. Im
Krieg, als Soldaten, wären sie Helden geworden, von allen gefeiert, hoch dekoriert mit Orden und Medaillen. Sie wären Kameraden und vielleicht sogar Freunde gewesen. Hätten im
Winter zusammen an einem knisternden Lagerfeuer gesessen,
mit Gläsern in den Händen, und auf alte Schlachten und gefallene Kameraden getrunken. Doch wenn jetzt Krieg war, dann
kämpften Saint John und Finlay Feldglöck auf verschiedenen
Seiten. Und die Gemeinsamkeiten zwischen ihnen vergrößerten
nur die Herausforderung.
Finlays Kopf fuhr herum. Er konnte hören, wie sich der öffentliche Aufmarsch näherte. Eine Blaskapelle in zeremonieller
Uniform marschierte die Straße hinab, während sie ein demonstrativ kriegerisches, patriotisches Stück spielte. Hinter der
Kapelle erschien eine volle Kompanie der persönlichen Wache
Saint Johns, von Hirntechs zu Loyalität bis in den Tod konditioniert, und mittendrin ein kleiner Flieger, auf dem groß und
stolz Saint John persönlich stand, lächelte und der Menge zuwinkte, die die Straßen säumte. Finlay rümpfte verächtlich die
Nase. Die Massen am Straßenrand waren mit verdächtiger Hast
aufgetaucht. Man konnte meinen, jemand hätte den Leuten
Geld gegeben, damit sie sich genau dort versammelten, wo die
Holokameras am meisten beeindruckt wurden.
Saint John sah prächtig aus, obwohl er seine normale Dienstuniform ohne jeden Orden trug. Guter Schachzug das. Sollte
wohl suggerieren, daß er nur einer der Jungs war. Nur ein gewöhnlicher Soldat wie alle anderen auch, der
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