Die Rebellion
war es Finlay auch egal.
Adrienne Feldglöck, die Frau Finlays, einst Geißel jeder formellen Festlichkeit und Besitzerin des größten und lästerlichsten Mundwerks in der gesamten Gesellschaft, saß kochend vor
Wut vor ihrem Bildschirm und überlegte, wen sie als nächstes
anrufen sollte. Sie hatte praktisch jedermann angerufen, dessen
Name ihr in den Sinn gekommen war – einschließlich einiger,
mit denen sie noch kurze Zeit zuvor niemals zu reden geschworen hatte, aber niemand war für sie zu sprechen. Einige machten Ausflüchte, andere waren grob und direkt, doch die meisten
hatten einfach ihre Diener instruiert, Adrienne auszurichten, sie
seien nicht zu Hause. Diese verdammten Lügner! Adrienne war
in Ungnade gefallen, als der Feldglöck-Clan vernichtet worden
war, und das traf sie hart. Sie war verbannt und ausgeschlossen
aus der Gesellschaft, die sie früher allein durch die Kraft ihrer
Persönlichkeit beherrscht hatte. Aber damals wußte sie auch
die Macht und den Einfluß des Feldglöck-Clans noch hinter
sich. Heute war Adrienne nichts weiter als eine der wenigen
Überlebenden eines zerbrochenen Clans. Sie war isoliert wie
niemals zuvor in ihrem Leben. Niemand wollte mit ihr sprechen. Alle hatten Angst, was mit ihr geschehen war, könnte
ansteckend sein.
Adriennes angeheirateter Vetter. Robert Feldglöck. Seine Position in der Armee hatte ihn vor dem Fall bewahrt. Die Flotte
kümmerte sich um ihre Angehörigen. Nur seinem Einfluß und
seinem Schutz verdankte es Adrienne, daß sie die Vendetta
überlebt hatte, die von den triumphierenden Wolfs so bösartig
und methodisch über den Clan der Feldglöcks verhängt worden
war. Blut war in den Straßen geflossen, und niemand hatte auf
das Schreien und Flehen der Opfer gehört. Dennoch hatte man
Adrienne in Ruhe gelassen. Solange sie sich nicht einmischte,
würde es auch so bleiben. Also hatte Adrienne die Tür verschlossen und auf kein noch so verzweifeltes Klopfen reagiert,
und wenn es ihr das Herz zu zerreißen drohte. Andere Überlebende der Feldglöcks bettelten und drohten und riefen ihren
Namen, und Adrienne saß so weit entfernt von der Tür, wie es
nur ging, die Hände auf die Ohren gepreßt. Es half nichts. Sie
konnte noch immer hören, wenn die Wolfs kamen und ihre
schreienden Opfer verschleppten. Manchmal verstummte das
Schreien auch schlagartig, und die darauffolgende Stille war
um so schlimmer.
Irgendwann drangen keine Stimmen mehr an Adriennes Ohren, und niemand kam mehr an ihre Tür und klopfte. Adrienne
Feldglöck war allein. Die Wolfs besaßen nun alles, was vorher
den Feldglöcks gehört hatte, und sie hatten Adrienne nichts
gelassen außer ein paar persönlichen Schmuckstücken. Ihr
Konto war gekündigt worden. Ein paar unbedeutende Vettern
aus einer Seitenlinie der Familie waren dem Blutbad der Wolfs
entkommen, weil sie entweder Verbindungen besaßen oder
höheren Schutz genossen, so wie Robert, aber auch sie wollten
nichts mit Adrienne zu tun haben. Sie machte ihnen deswegen
keinen Vorwurf. Die Herrschaft des Hauses Feldglöck war
vorüber, und das in jeder Hinsicht.
Adrienne war eine mittelgroße Frau und ziemlich mager. Es
ging doch nichts über Furcht und Verzweiflung als Diät. Sie
hatte in den letzten Monaten jede Menge Gewicht verloren,
und sie war sicher, daß es so weitergehen würde bis zu ihrem
Tod. Adrienne konnte nicht nach draußen gehen, um Nahrungsmittel einzukaufen, und sie konnte nicht einmal eine Bestellung über ihren Bildschirm aufgeben. Sie besaß kein Geld.
Adrienne war von Robert abhängig, und Robert hatte seine
eigenen Sorgen. Er tat für sie, was er konnte, der Gute. Wenn
er konnte. Und wo Adrienne früher die modischsten und auffälligsten Kleider der gesamten Gesellschaft getragen hatte – mit
Ausnahme ihres Gatten –, da mußte sie sich heute mit einem
verknitterten Hausanzug in blassen, unmodischen Farben zufriedengeben. Sie hatte auch ihre Garderobe auf der Flucht zurücklassen müssen. Adrienne vermißte ihre Kleider nicht wirklich – die meisten hatte sie sowieso nur getragen, um ihren
modebesessenen Gatten zu ärgern –, doch es war eine Frage
des Prinzips. Sie konnte den Gedanken einfach nicht ertragen,
langweilig auszusehen. Robert besorgte ihr jetzt die Kleider,
wenn er daran dachte – genau wie er ihr diesen Unterschlupf
besorgt hatte. Und wie die meisten Männer besaß Robert nicht
eine Spur von Geschmack.
Adrienne blickte mißvergnügt auf
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