Die rebellischen Roboter: Science-fiction-Roman
Schlüssel, sperrte auf und ging hinein. In einer Ecke, auf einem neuen Sofa, saßen Maury, Bob Bundy und mein Vater. Sie beobachteten stumm den Lincoln. »Hallo, Kleiner«, sagte Maury zu mir.
»Hast du deine Kosten schon hereingebracht?« fragte ich.
»Nein. Wir verlangen von keinem Menschen etwas. Wir führen nur vor.«
»Den Text aus einem Volksschulaufsatz hast du verzapft, nicht? Ich weiß es. Was für Passanten sollen sich denn dafür interessieren? Warum läßt du das Ding nicht Autowachs oder Spülmaschinenseife verkaufen? Warum soll es nur dasitzen und schreiben? Oder nimmt es an irgendeiner Auslosung teil?« »Es kümmert sich um seine regelmäßige Korrespondenz«, sagte Maury. Er und mein Vater und Bundy wirkten ernüchtert. »Wo ist deine Tochter?«
»Sie kommt wieder.«
»Macht es dir etwas aus, daß es deinen Schreibtisch benutzt?« fragte ich meinen Vater.
»Nein, mein Kind«, antwortete er. »Sprich mit ihm; es zeigt bei Unterbrechungen eine Ruhe, die mich erstaunt. Das sollte ich auch lernen.«
Ich hatte meinen Vater noch nie so gedämpft gesehen.
»Okay«, sagte ich und ging hinüber zum Rollpult und der schreibenden Gestalt. Vor dem Schaufenster glotzten die Zuschauer.
»Mr. President«, murmelte ich. Meine Kehle war wie ausgedörrt. »Sir, ich störe ungern.« Ich war nervös, und gleichzeitig wußte ich sehr genau, daß ich es mit einer Maschine zu tun hatte. Daß ich hingegangen war und so mit ihr sprach, versetzte mich in die Fiktion, das Drama, machte mich zu einem Schauspieler wie die Maschine selbst; niemand hatte mir ein Magnetband eingespeist – es war nicht nötig gewesen. Ich spielte meine alberne Rolle freiwillig. Und trotzdem konnte ich nicht anders. Warum nicht zu ihm sagen: »Mr. Simulacrum?« Das war schließlich die Wahrheit.
Die Wahrheit! Was hieß das? Wie ein Kind, das im Kaufhaus zum Nikolaus geht; die Wahrheit zu kennen hieß, tot umzufallen. Wollte ich das? In einer Situation wie dieser bedeutete, sich der Wahrheit zu stellen, das Ende von allem, insbesondere von mir. Das Simulacrum hätte nicht gelitten. Also machte ich weiter, weil ich es selbst war, den ich schützen mußte; und ich wußte es, besser als irgendein anderer in diesem Raum, einschließlich der Gaffer draußen.
Der Lincoln hob den Kopf, legte den Gänsekiel weg und sagte mit ziemlich hoher, angenehmer Stimme: »Guten Tag. Ich nehme an, Sie sind Mr. Louis Rosen.«
»Ja, Sir«, sagte ich.
Und dann flog mir der ganze Raum ins Gesicht. Das Rollpult zerbarst in eine Million Stücke; sie barsten zu mir hoch, ganz langsam, und ich schloß die Augen und fiel nach vorn, flach auf den Boden; ich streckte nicht einmal die Hände aus. Ich spürte den Aufprall; ich zersplitterte dort, und die Dunkelheit nahm mich auf.
Ich war ohnmächtig geworden. Es war zuviel für mich gewesen. Ich hatte das Bewußtsein verloren.
Als ich wieder zu mir kam, war ich oben im Büro, in eine Ecke gelehnt. Maury Rock saß neben mir, rauchte eine Zigarre, funkelte mich an und hielt mir eine Flasche Ammoniak unter die Nase.
»Mensch«, sagte er, als er begriff, daß ich zu mir gekommen war. »Du hast eine Beule an der Stirn und eine geplatzte Lippe.« Ich hob die Hand und tastete nach der Beule; sie schien so groß zu sein wie eine Zitrone. Und ich spürte die Fetzen an meiner Lippe.
»Ich bin ohnmächtig geworden«, sagte ich.
»Ja.«
Jetzt erst sah ich, daß mein Vater in der Nähe stand. Und Pris Frauenzimmer in ihrem langen, grauen Stoffmantel, die hin- und herging und mich gereizt und mit einer Spur von verächtlicher Belustigung ansah.
»Ein Wort von ihm, und du kippst um«, sagte sie zu mir. »Du meine Güte.«
»Na und?« fragte ich halblaut.
»Das beweist, was ich gesagt habe«, erklärte Maury grinsend seiner Tochter. »Es wirkt.«
»Was – hat der Lincoln gemacht?« fragte ich. »Als ich umfiel?« »Er stand auf, hob dich auf und trug dich hier herauf«, erwiderte Maury.
»Mein Gott«, murmelte ich.
»Warum bist du umgekippt?« fragte Pris und starrte mich an. »Was für eine Beule! Du Idiot. Jedenfalls wirkte das auf die Menge draußen; du hättest sie hören sollen. Ich war mit draußen und versuchte hereinzukommen. Man hätte glauben mögen, wir hätten den lieben Gott präsentiert oder so was; sie beteten sogar, und zwei alte Damen bekreuzigten sich. Und manche, wenn du das glauben kannst – «
»Okay«, unterbrach ich sie.
»Laß mich ausreden.«
»Nein«, sagte ich. »Halt den Mund. Okay?«
Wir funkelten einander an,
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