Die Regenbogentruppe (German Edition)
ich, dass ich zu den Menschen gehörte, die Sehnsucht nicht ertragen können. Daher überlegte ich, wie ich diese Last erleichtern konnte. Ich erwog alle möglichen Taktiken, kam aber zu dem Schluss, dass meine Sehnsucht nur geheilt werden konnte, wenn ich so oft wie möglich Kreide kaufen gehen würde. Bu Mus war meine einzige Rettung.
Also bat ich Bu Mus inständig, mir allein die Aufgabe, Kreide zu kaufen, anzuvertrauen. Ich handelte mit meinen Freunden aus, dass sie mir ihren Termin zum Kreidekauf überließen. Ich trat an Kucai als Klassensprecher heran und an Mahar, den Chef der Regenbogentruppe, damit sie mich unterstützten.
Gegen ein Schmiergeld von zwei Päckchen javanischer Pfefferminzbonbons war Kucai bereit, den Terminplan zum Kreidekauf, den er für ein Jahr im Voraus gemacht hatte, zu ändern. Wie die meisten Politiker im Land war er leicht zu kaufen. Nun stand nur noch ein Name auf der Liste, von Januar bis Dezember: meiner. Zum Glück waren alle anderen erleichtert, von der Aufgabe befreit zu sein, mit dem Fahrrad dreißig Kilometer zu einem stinkenden Laden zu fahren, um bei dem schrecklichen A Miauw Kreide zu kaufen. Ich musste keinerlei Hürden überwinden, doch in meinen Augen hatte ich keine noch so schweißtreibenden Mühen gescheut, um zum alleinigen Kreidekäufer zu avancieren.
Ich schnitt schrecklich auf und erzählte überall, es hätte mich drei Monate gekostet und einen Sack Tamarindenbonbons, Kucai zu bestechen, damit er mich beim Streit um den Kreidekauf gewinnen ließ, obwohl ich in Wirklichkeit keinen Konkurrenten hatte. Die Liebe hatte mich zu einem hoffnungslosen Romantiker gemacht. Die fantastischen Anstrengungen machten das Mädchen mit den schönen Fingernägeln nur noch attraktiver für mich. Und wie glücklich war ich, dass ich einen Weg gefunden hatte, in ihre Nähe zu kommen!
»Hast du diese Aufgabe nicht immer furchtbar verabscheut, Ikal? Hast du nicht gesagt, der Kreideladen würde schrecklich stinken?«, fragte Bu Mus.
Ich wurde rot. Bu Mus hatte kein Interesse, mit mir zu debattieren. Ihr Gesicht veränderte sich. Sicher hatten ihr Instinkt als Lehrerin und ihre jahrelange Erfahrung eine Glocke klingeln lassen, dass da cinta monyet , Verliebtheit, im Spiel sein musste. Voller Verständnis, aber mit einem säuerlichen Lächeln, gab sie kopfschüttelnd ihre Erlaubnis: »Von mir aus – aber dass mir nicht wieder Kreide verschwindet! Du weißt, das Geld dafür kommt aus Spenden der Gemeinde!«
*
Bald waren Syahdan und ich ein festes Team. Ich war sozusagen der Kreidemeister, Syahdan brauchte nicht mehr in die Pedale zu treten, es reichte aus, wenn er hintendrauf saß, die Kreideschachtel festhielt und schwieg. Beide genossen wir die aufregende Spannung geheimer Verabredungen.
Da ich mich bei Bu Mus für ihn eingesetzt hatte, durfte Syahdan jedes Mal mitkommen. Er freute sich, denn erstens hatte er längere Zeit frei und zweitens hatte er auf diese Weise immer Gelegenheit, mit der Tochter des Martabakhändlers zu flirten.
Wenn wir am Laden ankamen, lief ich meistens direkt hinein und stellte mich in dem Chaos von Waren an. Ich hielt mir Kajeputöl unter die Nase, um den beißenden Geruch zu vertreiben. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn und wartete ungeduldig auf den Augenblick, in dem A Miauw der kleinen Schamadrossel hinter dem Muschelvorhang sein Kommando geben würde.
Ich trat an das Vogelhaus, sie streckte die Hand aus. Mein Herz klopfte jedes Mal wie wild. Sie sprach immer noch kein Wort, schwieg weiterhin in hundert Sprachen – genau wie ich. Aber jetzt zog sie ihre Hand nicht mehr so rasch zurück, sondern gab mir Gelegenheit, ihre Fingernägel in Ruhe zu betrachten. Das machte mich für eine ganze Woche glücklich.
So ging das mehrere Monate lang. Jeden Montagmorgen konnte ich meine Liebe treffen, wenn das auch nur hieß, ihre Nägel zu betrachten. Unsere Beziehung ging nur bis dahin, es gab keinen Gruß, kein Wort, unsere Herzen sprachen nur durch ihre schönen Nägel. Wir stellten uns nicht vor, wir sahen uns nicht an, ich kannte nicht einmal ihren Namen, und sie wusste nicht, wie ich hieß. Unsere Liebe war eine stumme Liebe, eine ganz bescheidene Liebe, eine schüchterne Liebe, aber sie war wundervoll, unbeschreiblich wundervoll.
Manchmal schnipste sie mit den Fingern oder neckte mich, indem sie die Schachtel mit der Kreide festhielt, wenn ich danach griff, sodass wir beide daran zogen. Manchmal ballte sie ihre Hand zur Faust. Vielleicht
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