Die Regenbogentruppe (German Edition)
großartige Leistung verpuffen lassen. Sahara und ich waren nicht in der Lage gewesen, in unseren Spezialgebieten so aufzutreten, wie es Bu Mus von uns erwartet hatte. Ich war schuld. Sahara war wütend auf mich. Sie flüsterte mir aufgebracht ins Ohr: »Hör gut zu, Boi ! Wage es ja nicht, dich noch einmal ungefragt in Geografie zu beteiligen! Halt bloß die Klappe, verstehst du?«
Sahara kannte keine Zweideutigkeiten. Sie war immer geradeheraus. »Das kommt davon, wenn einem Laien eine Sache übertragen wird! Dann geht alles den Bach runter!«
Großartig! In dieser kritischen Situation, wo wir schon fast geschlagen waren, konnte Sahara noch Hadithe des Propheten zitieren und einen Streit vom Zaun brechen. Das war eben ihr Hobby. Schon kam die nächste Frage.
»Wie heißt die Nationalhymne von Brunei Darussalam?«
Sahara stieß mir ihren Ellenbogen in die Rippen und drückte gleichzeitig auf die Klingel.
Kring!
»Team F!«
»Allah schütze den Sultan!«
»Einhunderrrrt!«
Trotzdem waren wir noch nicht aus der Klemme. Wir lagen noch um hundert Punkte zurück.
Die vorletzte Frage betraf einen Mann namens Ernest Rutherford.
»Was war die Leistung dieses Wissenschaftlers aus Neuseeland?«
»Er gilt als Pionier der Kernspaltung in kleinere Partikel«, antwortete Lintang ganz ruhig.
»Einhunderrrrt!«
Die Begeisterung unserer Fans kochte wieder hoch, Gleichstand war errreicht, 1800 zu 1800. Jetzt kam alles auf die letzte, entscheidende Frage an. Die Zuhörer sprangen von ihren Sitzen und bahnten sich einen Weg nach vorn. Pak Harfan und Bu Mus schienen zu beten. Sogar die Ansagerin war von der Spannung erfasst.
»Hören Sie aufmerksam hin, dies ist die letzte Frage«, verkündete sie mit einem leichten Zittern in der Stimme.
»Der wissenschaftliche Durchbruch in der Frage nach dem Wesen des Lichts Anfang des 16. Jahrhunderts hatte eine verstärkte Forschertätigkeit im Bereich der Optik zur Folge. Die irrtümliche Auffassung vieler Wissenschaftler, Licht bestünde aus unterschiedlichen Strahlen und Schwarz brächte die Farben hervor, konnte damals widerlegt werden, als man beobachtete, wie Licht in einer konkaven Linse reflektiert wird …«
Kring! Kriing! Kriiing! Lintang meldete sich wieder.
»Die Newton’schen Ringe!«
Die Ansagerin zeigte ein breites Lächeln. Offenkundig hatte sie sich auf unsere Seite geschlagen. Der Herr am Tisch der Jury lächelte ebenfalls sehr zufrieden. Seinem Goldfischmaul entfloh ein schrilles »Einhunderrrt!«
Unsere Anhänger jubelten und sprangen wild herum. Wir hatten gewonnen! Ich konnte es nicht glauben, wir, die Dorfschule Muhammadiyah hatte gewonnen. Ich umarmte Lintang. Er warf die Arme in die Luft. Wir tobten. Doch mitten in dem euphorischen Durcheinander hörten wir jemanden von hinten rufen.
»Herr Vorsitzender! Herr Vorsitzender! Herr Vorsitzender der Jury! Ich denke, die letzte Frage und die Antwort darauf waren falsch!«
Der ganze Saal wurde mit einem Mal mucksmäuschenstill, alle drehten sich um. Der Mann, der eben gerufen hatte, stürmte wütend nach vorn. Oh, es war Drs. Zulfikar, der Physiklehrer von der Schule der Bergbaugesellschaft. Jetzt wurde es ernst! Die Sache konnte schwierig werden. Sahara und ich waren aufgeschreckt, aber Lintang blieb ganz ruhig. Vorn angekommen, stemmte der Lehrer wichtigtuerisch die Hände in die Hüften und begann seine akademischen Ausführungen: »Der Versuch mit einer konkaven Linse hat nichts zu tun mit der Widerlegung der bis dahin gültigen Theorie, dass Farbe durch die Mischung von Farben und Schwarz zustande kommt. Die Auffassung von der Entstehung der Farben ist keine Frage der Optik, es sei denn die Jury wollte Descartes widersprechen. Fragen der Optik und das Farbspektrum sind zwei verschiedene Dinge. In dieser zweifelhaften Situation gibt es drei Möglichkeiten, entweder die Frage war falsch gestellt, die Antwort war falsch oder Frage und Antwort waren nicht aufeinander bezogen.«
Das überstieg meine Denkfähigkeit. Drs. Zulfikar hatte es sehr geschickt verstanden, die Jury in Verlegenheit zu bringen, indem er Descartes zitierte. Wer war schon so kühn, dem großen Denker zu widersprechen? Hoffentlich konnte Lintang dagegenhalten!
Ich sah zu Sahara hinüber. Sie verbarg ihr Gesicht vor uns, als wenn sie uns noch nie in ihrem Leben gesehen hätte. Die Zuhörer und die Jury waren ratlos gegenüber diesem scheinbar hochintelligenten Einwand. An eine angemessene Entgegnung war nicht zu denken, viele hatten
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