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Die Regenbogentruppe (German Edition)

Die Regenbogentruppe (German Edition)

Titel: Die Regenbogentruppe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Hirata
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waren sprachlos.
    Lintang blickte in die Ecke zu seiner Mutter hinüber. Sein Gesicht war rot angelaufen. Seine Brust hob und senkte sich, als ob er eine schwere Last zu tragen hätte. Ich verstand sofort, was in ihm vorging. Die Frage der Newton’schen Ringe hatte ihn daran erinnert, wie er den Ehering seiner Mutter verkaufen musste, um weiter zur Schule gehen zu können. Die Auseinandersetzung mit Drs. Zulfikar war zu einer sehr persönlichen Angelegenheit für Lintang geworden. Und so reagiert ein genialer Mensch, wenn er aufgebracht ist.
    »Das Entscheidende ist, dass Newton auf ganz klare Weise den Irrtum von Descartes, Aristoteles und auch seines Zeitgenossen Robert Hook aufzeigen konnte! Diese hatten angenommen, das Spektrum bestünde aus voneinander getrennten Farben. Vermittels der gekrümmten optischen Linse, mit deren Hilfe die Ringe sichtbar werden, konnte Newton beweisen, dass die Farben des Spektrums ein Kontinuum darstellen und dass das Spektrum nicht durch Eigenschaften der gläsernen Linsen erzeugt wird, sondern eine Grundeigenschaft des Lichts ist!«
    Drs. Zulfikar war sprachlos, das Publikum war in der optischen Physik verloren und konnte nicht einmal nicken. Ich war aus dem Häuschen. Ich wäre am liebsten auf den Mahagonitisch gesprungen und hätte gerufen: Seht ihr? Das ist Lintang Samudra Basara bin Syahbani Maulana Basara, ein Genie und mein Tischnachbar! Merkt euch das!
    Aber Lintang war noch nicht zufrieden.
    »Newton hat gesagt – es sei denn, Sie wollten einen wissenschaftlichen Satz anzweifeln, dessen Gültigkeit bereits seit 300 Jahren als bewiesen gilt –, dass die Dichte der transparenten Teile die Farbe bestimmt, in der sie erscheint. Damit ist die Dichte der Luftschicht zwischen der Optik und der Glasplatte die Basis für das Theorem von der Farbe der Ringe. Wie können Sie also behaupten, Optik und Farbspektrum stünden in keiner Beziehung zueinander?«
    Drs. Zulfikur wurde bleich und sank auf seinen Stuhl. Auf einmal war es aus mit den klugen Worten, die dicke Brille rutschte ihm auf die Nasenspitze. Unsere Anhänger sprangen vor Freude wie Tanzaffen herum, denn Lintangs Argumentation hatte uns in diesem Jahr den Sieg unserer Schule im Intelligenzwettbewerb gesichert. Das war etwas, was wir in Dutzenden von Jahren nicht geschafft hatten und was sich vorher niemand hatte vorstellen können.
    Bu Mus schnappte sich die Fahne der Muhammadiyah von Flo und schwenkte sie voller Stolz. Tränen standen ihr in den Augen, und gerührt wiederholte sie nur immer wieder: » Subhanallah , subhanallah , Allah sei gepriesen!«
    Ich umarmte Lintang und gratulierte ihm, vor allem dazu, dass er sein zweites Versprechen seiner Mutter gegenüber eingelöst hatte, nämlich zum Ausgleich für den geopferten Ehering den Intelligenzwettbewerb zu gewinnen.
    Als Lintang die Siegestrophäe in die Höhe hielt, ließ Harun, unser großer Held, wie ein Cowboy, der seine Herde heimruft, einen langen Pfiff ertönen. Harun war stolz auf Lintang, aber er gratulierte nur Trapani. So großartig Lintang auch war, sein Idol war Trapani. Währenddessen saß weiter hinten im Saal, auf einem großen Stuhl, Ibu Frischa, die Direktorin der Schule der Bergbaugesellschaft, und fächelte sich kühle Luft zu. Ihr Gesichtsausdruck verriet, dass sie sich weit fort wünschte.

 
     
     
    31  Am nächsten Tag reihten wir uns vor dem Glasschrank auf. Wie damals Mahar nach dem Karneval, wurde diesmal Lintang die Ehre zuteil, den Pokal in den Schrank zu stellen. Die beiden Trophäen waren der sichtbare Beweis, dass uns Gott zwei hochbegabte Mitschüler geschickt hatte. Mahar hatte uns kämpfen gelehrt, und Lintang hatte uns dazu gebracht, Zukunftsträume zu entwickeln.
    Die Pokale waren wirklich großartig. Vereint standen sie da, unzertrennlich, als Wahrzeichen tapferer Krieger, die den Mut hatten, gegen jegliche Schwierigkeiten in den Kampf zu ziehen.
    *
    Obwohl sich Pak Harfans Gesundheitszustand ständig verschlechterte, gab ihm unser Sieg beim Intelligenzwettbewerb die Kraft, mit noch größerer Begeisterung als bisher zu unterrichten. Ohne sich eine Pause zu gönnen, bereitete er uns auf die Abschlussprüfung vor.
    Stunde um Stunde leitete er uns an. Er arbeitete wie besessen. Wenn uns das Lernen auch anstrengte, so waren wir doch vergnügt. Bei Pak Harfans Art zu unterrichten war das Auswendiglernen eine echte Freude. Vertrackte Probleme trieben uns zu Höchstleistungen an, komplizierte Berechnungen machten uns Spaß.
    Am

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