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Die Regenbogentruppe (German Edition)

Die Regenbogentruppe (German Edition)

Titel: Die Regenbogentruppe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Hirata
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jemand vorschnell auf den Knopf gedrückt. »Team F!«, rief die Dame, die die Frage gestellt hatte.
    »Jeanne d’Arc, aus dem Loire-Tal in Frankreich!«, sagte Lintang klar und deutlich, ohne einen Moment zu zögern, mit einem wunderbaren, näselnden französischen Akzent.
    »Einhunderrrt!«, kam es von einem Herrn am Tisch der Jury. Donnernder Beifall von den Anhängern der Muhammadiyah.
    Die Dame fuhr fort: »Die zweite Frage lautet: Drücke in einem Integral aus und berechne den Inhalt eines Vierecks, das von y = 2 x und x = 5 begrenzt wird.«
    Abermals drückte Lintang blitzschnell den Knopf und gab seine Antwort bekannt: »Das Integral wird begrenzt durch 5 und 0,2 x minus x mal dx, ergibt 12,5!«
    »Einhunderrrrt!«, rief der Herr abermals.
    Der Mann war eine legendäre Institution. Seit Jahren hatte er die Aufgabe, die Antwortkarten bereitzuhalten und »Einhundert« zu rufen, wenn die Antwort richtig war, oder »Minus einhundert«, wenn sie falsch war. Wenn er »Einhundert« rief, stülpten sich seine Lippen auf wie bei einem Goldfisch, und sein Gesicht nahm einen bedeutenden Ausdruck an. Nicht wenige Leute kamen angeblich nur seinetwegen zu den Wettbewerben.
    »Nun die dritte Frage: Berechne das Integral über 3 und 0 für die Funktion 6 plus 5 x minus x hoch 2 minus 4 x.«
    Lintang schloss für einen Moment die Augen, wie er es immer tat, wenn Bu Mus ihn etwas fragte. Dann, es waren noch keine sieben Sekunden vergangen, rief er: »Dreizehneinhalb!«
    »Einhunderrrrt!«
    Unsere Anhänger klatschten wie verrückt Beifall. Die Anwesenden zeigten Zeichen der Bewunderung für Lintang. Die Konkurrenten wirkten wie vor den Kopf gestoßen von Lintangs Schnelligkeit. Bu Mus beugte sich nach vorn, ihre Sorge hatte sich etwas gelegt. » Subhanallah , gepriesen sei Allah!«
    Lintangs Eltern ließen die Augen nicht von ihrem Sohn, während er die Punkte für uns holte.
    Soweit die Fragen Mathematik oder Naturwissenschaften betrafen, waren sie Lintangs Beute. Auf die übrigen Fragen stürzten sich die anderen Teilnehmer, vor allem die von der Schule der Bergbaugesellschaft. Wenig später war die erste Runde vorüber. Wir lagen deutlich in Führung.
    In der zweiten Runde geriet unsere eindrucksvolle Führungsposition langsam, aber sicher ins Wanken. Zumal Sahara und ich selbst mehrmals falsch geantwortet hatten, sodass wir Abzüge von unserer Punktzahl hinnehmen mussten. In der dritten Runde konnten die Teilnehmer von der Schule der Bergbaugesellschaft ihren Punktestand erheblich verbessern, mehrere Male zogen sie sogar an uns vorbei. Wenn einer von ihnen eine richtige Antwort wusste, brachen ihre Anhänger in Jubelrufe aus. Genauso war es auf unserer Seite. Am meisten freute sich Harun. Er hatte sowieso großen Spaß an dem Trubel. Er klatschte unaufhörlich Beifall, feuerte die Teams mit lauten Rufen an, er guckte jedoch nicht zu uns herüber, sondern aus dem Fenster. So schien es, als wollte er eine Gruppe Mädchen anfeuern, die gerade auf dem Hof Schlagball spielte.
    Schließlich kam die letzte Runde. Die Führung wechselte zwischen uns und der Schule der Bergbaugesellschaft, wie eine Welle der nächsten folgt. Die Differenz betrug jeweils nur hundert Punkte. Der Wettkampf war in die spannende Schlussphase getreten. Eine richtige Antwort konnte den Sieg bedeuten, eine falsche die Niederlage bringen.
    Die Situation war kritisch, aber wir hatten die Chance, aufzuschließen. Doch als die Dame fragte: » Pleng Chard Thai ist …?«, drückte ich selbstsicher auf den Knopf und rief: »Die chinesische Nationalhymne!«
    Falsch.
    »Einhundert Punkte minus!«
    Alle verwünschten mich. Was für eine Dummheit! Allein vom Namen her wäre klar gewesen, dass es Thailand heißen musste. Es lag an A Ling, denn alles, was sich aus drei Wörtern zusammensetzte, Njoo Xian Ling zum Beispiel, ließ mich automatisch an China denken.
    Ich hatte uns mit meiner Dummheit in eine schwierige Lage gebracht. Und ausgerechnet jetzt konnte das Team der Schule der Bergbaugesellschaft eine Frage zu einer der neuesten Errungenschaften der Genforschung beantworten. Zu solchen aktuellen Informationen hatten wir ohne Fernsehen und Fachzeitschriften schlicht keinen Zugang.
    Damit hatten wir zwei Fragen versiebt und zweihundert Punkte eingebüßt. So weit hatten wir während des gesamten Wettkampfs noch nicht zurückgelegen. Die Niederlage tanzte schon vor unseren Augen. Es war wirklich traurig, unsere Inkompetenz, insbesondere meine, hatte Lintangs

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