Die Regenbogentruppe (German Edition)
überhaupt nicht verstanden, worum es ging. Allerdings musste die Situation irgendwie gerettet werden. Der Vorsitzende der Jury erhob sich. Lintang saß noch immer ruhig da, lächelte leicht, völlig entspannt.
»Danke für den plausibel vorgebrachten Einwand, doch was soll ich dazu sagen? Mein Gebiet ist die Moralerziehung im Sinne der Pancasila …«
»Vielleicht können die Schüler der Muhammadiyah hier, oder die Jury selbst, Descartes’ Theorie zur Farbenlehre darlegen?«
In der Annahme, er hätte das Spiel bereits gewonnen, konnte Drs. Zulfikar nicht der Versuchung widerstehen, uns herabzusetzen. Er beließ es nicht bei der Arroganz, sondern ging dazu über, uns zu beleidigen.
Am verletzendsten war, dass er Muhammadiyah in einer Weise betonte, die allen Anwesenden deutlich machen sollte, dass wir nur eine völlig unbedeutende Dorfschule vertraten.
Ich verstand wenig von Optik, aber ich wusste immerhin etwas über die Geschichte der Entdeckung des Spektrums. Ich wusste, dass Descartes mit Prismen arbeitete und mit Papierblättern, um etwas über das Wesen des Lichts und der Farben herauszufinden, nicht um die Gesetze der Optik zu hinterfragen. Newton war der große Lehrmeister der Optik. Drs. Zulfikar tat ganz offensichtlich nur so, als wüsste er Bescheid, und versuchte großmäulig alle damit einzuschüchtern, dass er Descartes’ Farbenlehre kannte. Ich war wütend und hätte dem arroganten Gimpel so gern widersprochen, aber mein Wissen war zu begrenzt.
Lintang sah, wie sehr ich mich ärgerte, und lächelte fein zu mir herüber. Ein Lächeln, das Frieden signalisierte. Wie gewöhnlich hatte er meine Gedanken gelesen. Er erwiderte meinen Blick besänftigend, als wollte er sagen: »Sei ganz ruhig, überlass es deinem älteren Bruder, die Sache ins Reine zu bringen.« Er wirkte völlig entspannt.
Der Vorsitzende holte tief Luft. Er blickte sich im Kreis seiner Kollegen um, aber alle schüttelten den Kopf zum Zeichen, dass sie Drs. Zulfikar nichts entgegenzusetzen hatten.
»Verzeihen Sie, junger Kollege, im Namen der Jury muss ich bekennen, dass unser Wissen auf diesem Gebiet nicht so weit reicht.«
Er sagte das ganz ehrlich. Der alte Mann konnte einem leidtun. Er war ein liebenswürdiger Lehrer der älteren Generation, bescheiden und hoch geachtet für seinen Dutzende Jahre langen Einsatz im Schuldienst. Man sah, dass ihm die Situation unangenehm war. Hilflos wandte er seinen Blick in unsere Richtung, Lintang lächelte und nickte ihm leicht zu.
Da sagte der Vorsitzende unvermutet: »Aber vielleicht kann ja dieser Schüler von der Muhammadiyah aushelfen.«
Eine nervöse Stille legte sich über den Saal, und man hörte es fast knistern, als der Herr Doctorandus abermals einen unpassenden Kommentar hören ließ: »Ich hoffe bloß, seine Erklärung ist so präzise wie seine Antwort vorhin!«
Er provozierte Lintang ganz bewusst und dieser parierte ganz einfach.
»Wenn Ihr Einwand lautet, Frage und Antwort stünden nicht im selben Kontext, dann kann man so einen Einwand vielleicht akzeptieren. Die Jury hat jedoch nach etwas gefragt, wovon die Antwort bereits auf den Karten vermerkt war, die die Ansagerin vorliest. Ich bin sicher, dort steht ›Newton’sche Ringe‹, und meine Antwort lautete ›Newton’sche Ringe‹. Das bedeutet, wir haben zu Recht die hundert Punkte bekommen. Falls das nicht kontextual sein sollte, dann heißt das lediglich, dass die Jury nach etwas Richtigem gefragt hat, wenn auch auf missverständliche Weise.«
Der Herr Doctorandus gab sich damit nicht zufrieden.
»Mit anderen Worten, die Frage war missverständlich, weil ein anderer Teilnehmer eine andere Antwort für richtig halten konnte!«
Das wollte Lintang nicht gelten lassen: »Das war nichts misszuverstehen, außer Sie wollten das Wesen des Theorems von den Newton’schen Ringen ignorieren und hätten die Absicht, wegen einer technischen Nichtigkeit unseren Punktestand zu drücken.«
Drs. Zulfikur wurde wütend. Er kam ganz nach vorn.
»Wenn das so ist, dann erkläre mir doch einmal das Wesen der Newton’schen Ringe! Es könnte ja sein, dass du deine Punkte nur bekommen hast, indem du die Antworten geraten und zufällig richtig gelegen hast, in Wirklichkeit aber völlig ahnungslos bist.«
Das war nun richtiggehend unverschämt. Sahara verzog das Gesicht, ihre Augenbrauen trafen sich über der Nase. Nachdem sie sich so lange zurückgehalten hatte, war sie nun wieder ganz der bissige Leopard. Die Zuhörer und die Jury
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