Die reinen Herzens sind
identifiziert.«
»Dann hör auf, an Tandy zu denken. Befassen wir uns mit dem echten Opfer.«
»Wir wissen noch immer nicht, ob Tandy die Täterin ist.«
»Wir wissen nicht, daß sie’s nicht getan hat«, verbesserte Marge. »Zuzutrauen wär’s ihr.«
»Macht mich völlig fertig, wie schnell sie umgekippt ist!« Decker stöhnte. »Ich dachte, sie sei gerissen, schlau.« Er holte tief Luft. »Und dann von einer Minute auf die andere …«
»Jedenfalls rückt diese Kassette wieder in den Mittelpunkt. Ich hatte das Ding ganz vergessen.«
»Auf diese Weise hat Tandy alles über die Affäre ihres Vaters rausgekriegt. Schön und gut. Trotzdem haben wir nichts, das sie mit der Entführung und dem Mord in Verbindung bringen könnte.«
»Immerhin hat sie für den Zeitpunkt der Entführung kein Alibi. Und das Kind wurde bei ihren Eltern gefunden.«
»Alles nur Indizien. Und die Mutter sagt, nicht Tandy, sondern Marie habe ihr den Säugling gebracht.«
Marge stützte das Kinn in die Hand. »Hm, weißt du, wie ich die Sache sehe?«
»Schieß los.«
»Vergangenen Dienstag besucht Tandy Marie gegen Mitternacht im Krankenhaus.«
»Warum?«
»Da sind der Spekulation Tür und Tor geöffnet. Das Mädchen hat ein psychisches Problem. Vielleicht haben die Stimmen ihr befohlen, Marie umzubringen. Sie geht zu Maries Säuglingsstation. Aber Marie ist nicht da, niemand ist da.«
Decker nickte.
»Tandy wirft einen Blick auf die Babys, und eine Sicherung brennt durch. Sie denkt an das Kind, das ohne ihr Wissen abgetrieben wurde, denkt an ihre Scheinschwangerschaft. Die Stimmen melden sich. Sie greift sich einen Säugling.«
»In diesem Moment taucht Lily Booker auf. Tandy ist perplex«, warf Decker ein.
»Vermutlich kommt es zum Kampf. Vielleicht hat Tandy auch nur zugeschlagen. Wer weiß schon, was in ihr vorging. Und Tandy ist kräftig genug und durchtrainiert. Sie schlägt Lily ins Gesicht und bringt sie um. Die Leiche wies schwere Kopf- und Gesichtsverletzungen auf.«
»Richtig. Hennon tippt als Tatwaffe auf einen Hammer.«
»Dann kommt Marie dazu und sieht die Bescherung.«
»Das würde bedeuten, daß Marie die Kidnapperin und Mörderin Tandy deckt. Warum sollte sie das tun?«
»Marie liebt Tandy, vielleicht fühlt sie sich auch schuldig. Marie ist der Märtyrertyp.«
»Das kaufe ich dir nicht ab, Marge. Vielleicht, wenn Marie Tandys Mutter wäre, aber das ist nicht der Fall.«
»Vielleicht war Tandy in einem schrecklichen Zustand, kurz vor einem Zusammenbruch.«
Decker machte ein skeptisches Gesicht.
»Na gut«, seufzte Marge. »Ich weiß auch nicht, weshalb Marie Tandy geholfen haben soll. Aber nehmen wir an, sie hat’s getan. Es kann doch auch sein, daß Marie in Panik geraten ist und nicht vernünftig denken konnte.«
»Marie hilft also Tandy«, überlegte Decker. »Selbst wenn Marie bereit war, die Leiche verschwinden zu lassen, weshalb sollte sie Tandy gestatten, das Baby mitzunehmen?«
Marge überlegte. »Tandy war vermutlich nicht Herr ihrer Sinne. Marie wollte einen Eklat vermeiden. Sie hat ihr vielleicht nur erlaubt, das Baby mitzunehmen, um sie zu beruhigen.«
»Marge …« Decker war nicht überzeugt.
Marge räusperte sich. »Tandy bringt den Säugling zu ihren Eltern, und Marie fährt ihren Wagen mit der toten Lily zum Angeles Crest. Marie stößt den Wagen in die Schlucht, und Tandy holt sie später ab. Marie verläßt die Stadt, sagt Tandy, sie wolle alles auf sich nehmen …«
»Aber warum, Marge? Und noch was … Wie sollten Marie und Tandy das Krankenhaus mit der Leiche und dem Säugling unbemerkt verlassen haben? Ich bitte dich, da ist doch der Wurm drin.«
»Du hast selbst gesehen, wie unterbesetzt die nachts in der Klinik sind«, entgegnete Marge.
»Schon, aber wie sollten zwei Frauen es bewerkstelligen, eine große, schwere, tote Frau und gleichzeitig einen Säugling aus dem Krankenhaus zu schaffen?« gab Decker zu bedenken.
Marge dachte kurz nach. »Du hast recht. Lily allein war schon ein Problem. Vielleicht hatten sie Hilfe.«
Decker grinste plötzlich. »Hm, und wer würde den beiden wohl helfen, Margie?«
»Tandys Eltern können wir ausschließen …«, begann Marge und schlug sich plötzlich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Leek McKay! Der Kerl ist Abschaum. Wenn er uns jetzt durch die Lappen gegangen ist, weil du den Samariter gespielt hast, Rabbi …«
»Mal den Teufel nicht an die Wand!« stöhnte Decker. »In letzter Zeit gelingt mir nicht viel, was? Wir haben
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