Die reinen Herzens sind
helfen. Da sieht man mal, was man erreichen kann, wenn die Motivation stimmt. Haben Sie je daran gedacht, Krankenschwester zu werden, Cindy? Das wär doch was für Sie, oder?«
Cindy wurde rot. Darlene und Lily hatten wohl nur einen Gesprächsstoff gehabt. »Ich habe mich noch nicht entschieden … aber ich neige zur Kriminalistik.«
Darlene zog eine Grimasse. »Wir könnten Leute wie Sie brauchen. Überlegen Sie’s sich.« Sie straffte den Rücken und machte ein paar Armkreise. »Wollen Sie für heute schon schlappmachen?«
Cindy lächelte erneut. »Ich wollte warten, bis Hannah aufwacht, damit ich sie füttern kann. Dann fahre ich nach Hause. Vielleicht komme ich am Vormittag wieder. Ist das okay?«
»Für mich schon, Herzchen. Aber kommen Sie Marie nicht in die Quere.«
Cindy runzelte die Stirn. »Hat Marie morgen wieder Dienst?«
»Von drei Uhr nachmittags bis elf Uhr abends … und dann macht sie zusammen mit mir die Nachtschicht. Die andere Nachtschwester hat frei.« Darlene wurde ernst. »Marie ist eine gute Krankenschwester, Cindy. Sehr liebevoll und geduldig mit Müttern und Babys. Da bleibt nicht mehr viel Geduld übrig für die anderen … besonders nicht für junge Mädchen, die so selbstbewußt auftreten und so hübsch sind. Sie müssen lernen, mit den unterschiedlichsten Menschen auszukommen.«
»Ich sage kein Wort zu ihr«, seufzte Cindy. »Ich kümmere mich um meine Angelegenheiten. Sie mag es einfach nicht, daß ich mich um Hannah kümmere.«
»Können Sie backen?« fragte Darlene.
»Ja.«
»Dann sag ich Ihnen was, Cindy. Wenn Sie wiederkommen, bringen Sie ihr ein paar selbstgebackene Schokoladenkekse mit. Marie wird sich sehr darüber freuen. Sie will nur ein bißchen Anerkennung.«
»Also, wenn’s nur das ist. Ich binde sogar noch eine Schleife drum.«
»Jetzt muß ich die Babys holen«, sagte Darlene. »Die Arbeit ruft.«
Cindy fuhr mit der Fußspitze über den Boden. »Ist mein Dad in der Zwischenzeit hier gewesen?«
»Ungefähr vor einer Stunde. Ich habe ihm gesagt, daß Sie bei Hannah eingeschlafen sind.«
»Ich sollte mich bei ihm melden.« Sie sah auf die Uhr. »Wenn Hannah aufwacht, bin ich zurück.«
»Vermutlich«, sagte Darlene. »Tun Sie mir einen Gefallen. Bevor Sie gehen, vergewissern Sie sich, daß Angela und Chris im Hinterzimmer sind. Station C und D haben sie sich ausgeborgt. Ungefähr vor einer Stunde. Weil wir so hoffnungslos unterbesetzt sind. Sparmaßnahmen. Unsere Belegschaft besteht nur noch aus einigen altgedienten Kräften und einer Handvoll Teilzeitkräften, die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben. Ich habe ihnen gesagt, daß sie eine Weile aushelfen können. Aber wenn man beschäftigt ist, vergißt man, auf die Uhr zu sehen. Es sollte immer jemand auf der Säuglingsstation sein.«
»Und wenn sie nicht da sind?«
»Warten Sie auf mich. Dann rufe ich jemanden.«
»Ich kann später nach meinem Vater sehen. Soll ich hier warten, bis Sie die Babys zurückgeholt haben?«
Darlene dachte nach. »Wenn’s Ihnen nichts ausmacht? Wäre günstig. Diese verdammten Sparmaßnahmen … Man kann sich nur fragen, ob ein Patient im Krankenhaus tatsächlich noch gut aufgehoben ist.« Sie schnalzte mit der Zunge und reichte Cindy ihren Pieper. »Drücken Sie einfach auf den roten Knopf, falls Ihnen was komisch vorkommt. Ich bin ganz in der Nähe.«
»In Ordnung. Soll ich auch nach den anderen Babys sehen?«
»Nur wenn Sie Lust auf eine Tour haben«, antwortete Darlene. »Danke für die Hilfe, Cindy.«
»Ich gehe zu Hannah. Vielleicht ist sie wach und hat Hunger.«
Als sie sich zum Gehen wandte, hielt Darlene sie noch einmal zurück. »Haben Sie nichts vergessen?«
»Was denn?« fragte Cindy.
Darlene deutete auf ihren Mundschutz.
»Entschuldigung.« Cindy zog den Mundschutz über die Nase und band ihn zu. »Besser so?«
Darlene nickte.
Die Flasche in der Hand hörte Cindy das Klopfen und drehte sich um. Darlene und Lily waren noch unterwegs, um die Babys einzusammeln. Cindy betrachtete das Bündel in ihrem Arm. Hannah hatte die Augen geschlossen. Ein feuchter Streifen lag über ihrem Kinn. Das Klopfen hielt an. Der Krach würde gleich die anderen Babys wecken. Cindy legte Hannah in ihr Bettchen und ging in den vorderen Teil der Station. Durch die Glasscheibe sah sie ihren Vater. Sein Gesicht war von Erschöpfung gezeichnet. Sie öffnete hastig die Tür.
»Alles in Ordnung?« Sie sah ihn prüfend an und trat einen Schritt zurück. »Ich kann dich nicht
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