Die reinen Herzens sind
komplizierte Geschichte, Lourdes. Sieht so aus, als hätten wir Marie Bellsons Auto gefunden.«
»Es sieht so aus?«
»Der Wagen ist völlig ausgebrannt. Drinnen saß eine Leiche.«
»O mein Gott!« kreischte Lourdes.
»Das Baby war nicht im Wagen. Zum Glück.«
»Aber wo ist sie dann?« fragte Lourdes verzweifelt.
»Das wissen wir nicht – noch nicht.«
»Sie haben Marie, aber nicht mein Baby gefunden.« Lourdes weinte jetzt laut. »Wenn Caitlin nicht bei Marie ist, wo sie sie dann?«
»Lourdes, ich finde Ihre Tochter. Glauben Sie mir.«
Lourdes schluchzte immer heftiger.
»Sie regen sie auf, Mann!«
Decker brachte den jungen Mann mit einem Blick zum Schweigen. Er wartete, bis Lourdes sich beruhigte.
»Warum haben sie ausgerechnet mein Baby genommen?«
»Keine Ahnung.«
»Vielleicht hat irgendein Gringo Caitlin entführt«, sagte Lourdes. »Diese alten Gringos wollen Babys adoptieren, weil sie selbst keine machen können. Aber meistens wollen sie weiße Babys. Caitlin ist nicht weiß.«
»Wenn diese Gringos keine weißen Babys kriegen können, nehmen sie auch unsere«, bemerkte Lopez.
»Lourdes, für solche Verdächtigungen ist es noch zu früh. Sobald ich mehr weiß, erfahren Sie es«, versprach Decker.
»Cindy war sehr lieb zu mir«, fuhr Lourdes fort. »Sie hat gesagt, daß sie selbst Marie suchen will.«
Decker schwieg. Er fragte sich, was Cindy vorhaben mochte. »Tja, sieht so aus, als hätten wir Marie gefunden. Jetzt fehlt nur noch Ihr Baby. Ich tue, was ich kann.«
»Den Spruch kennen wir. Solange die Fernsehkameras surren, arbeiten alle wie die Beknackten.«
»Laß das, Matty!«
»Ich verstehe Ihr Mißtrauen, Mr. Lopez«, sagte Decker. »In Ihrer Situation hätte ich vermutlich schon aus ein paar Leuten Kleinholz gemacht.«
Lopez lächelte freudlos. »Ich hab da meine eigene Methode. Interessiert?«
»Schießen Sie los.«
»Lourdes und ich geben im Fernsehen eine Stellungnahme ab. Wir erzählen, wie schlecht das Krankenhaus geführt wird und daß jetzt alles vertuscht werden soll. Daß sie uns zu kaufen versuchen, indem wir schriftlich auf unsere Rechte verzichten sollen. Wir sind amerikanische Bürger, Mann! Wir haben Rechte wie alle reichen Gringos und Arschlöcher! Es sei denn, wir kriegen wirklich … wirklich …«
»Gute Antworten?«
»Ja, so ist es. Antworten und …«
»Entschädigung?«
»Ganz genau, Herr Polizist. Wir wollen eine Entschädigung! Wenn wir keine fette Entschädigung kriegen, erzählen wir jeder Zeitung und jedem verdammten Fernsehreporter, wie sie uns behandelt haben. Als ob wir so ein paar bekloppte illegale Einwanderer wären.«
»Sie wollen eine Stellungnahme abgeben, Matty?«
»Ganz recht. Haben Sie ein Problem damit?«
Decker rieb sich die sonnenverbrannte Nase. »Sie sollten sich einen Anwalt nehmen.«
»Klar, Mann! Damit er noch dreißig, vierzig Prozent der Entschädigung kassiert? Anwälte sind Aasgeier!«
»Ich an Ihrer Stelle würde darüber nachdenken.«
»Ja, weil Sie Polizist sind. Sie verschaukeln die nicht. Aber mich … Mich halten sie doch bloß für einen dämlichen Choelo.«
»Mir ist das Geld egal«, flüsterte Lourdes. »Ich will mein Baby wiederhaben.« Sie sah Lopez an. »Unser Baby!«
»Klar, Chica. Ich will auch unser Baby. Aber wir sollten das verdammte System bluten lassen … für alles, was sie uns angetan haben. Etwas steht uns zu für all die Aufregung und den Schmerz, Querida.«
Lourdes seufzte. »Vielleicht sollten wir uns wirklich einen Anwalt nehmen. Mama sagt das auch.«
»Deine Mutter? Du nimmst einen Rat von deiner Mutter an?«
»Matty …«
»Ich weiß selbst, was ich zu tun habe, Chica!«
»Lourdes«, begann Decker. »Sie waren doch häufiger mit Marie zusammen, oder? Beschreiben Sie sie mir.«
»Beschreiben? Sie meinen, wie sie aussieht? Was sie anhatte?«
»Genau so.«
Lourdes’ Augenlider zuckten. »Sie ist eine große, dürre, weiße Frau. Sie hatte eine weiße Hose und das typische Oberteil der Schwesterntracht an. Manchmal hatte sie auch einen Mundschutz umhängen.«
»Auf der Jacke der Schwesterntracht – hat sie da was getragen?«
Lourdes überlegte. »Ja, hat sie. Das Namensschild. Marie Bellson – Oberschwester. Und ein kleines Goldkreuz. Sie ist religiös. Wir haben sogar einmal zusammen gebetet. Ich bin nicht sehr gläubig, aber ich hatte nichts dagegen.«
Decker nahm seinen Notizblock zur Hand. »Hat sie sonst noch Schmuck getragen?«
»Einen Ring. Einen dicken, häßlichen
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