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Die reinen Herzens sind

Die reinen Herzens sind

Titel: Die reinen Herzens sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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weitläufiger Flachbau in einer ruhigen, ländlichen Umgebung. Es hatte eine U-förmige Auffahrt, gesäumt von Buchsbaum- und Eibenhecken mit einer gelben Ringelblumenwiese in der Mitte. Hinter dem Gebäude erstreckte sich ein weites Gelände mit schönen, alten Bäumen. Marge sah einen schmalen Bach, der sich durch das Gelände schlängelte, zu dieser Jahreszeit jedoch kein Wasser führte.
    Es war ein heißer Nachmittag. Wolkenfetzen zogen über den Himmel und verdunkelten hin und wieder die Sonne. Es war ein Verwirrspiel von Licht und Schatten, so als knipse jemand willkürlich eine Taschenlampe an und aus. Über allem lag eine geradezu himmlische Ruhe. Die einzigen Geräusche waren Vogelgezwitscher und das Zirpen der Insekten.
    Als Marge die gläserne Flügeltür aufstieß, wurden die Geräusche der Natur schlagartig von elektronischen Tönen und Lachsalven vom Band verdrängt, die aus einem Fernsehapparat rechts hinten in der Lobby kamen. Auf einem verloren herumstehenden pinkfarbenen Sofa saß eine alte Dame mit einer Wolldecke über den Knien. Rechts von ihr lehnte eine Gehhilfe. Um einen Tisch standen ein paar Stühle. Um den Fernsehapparat hatte sich ein Halbkreis von alten Leuten in Rollstühlen gebildet. Alle hatten Marge den Rücken zugewandt. Sie sah nur ihre Köpfe über den Stuhllehnen. Einige waren kahl, andere weißhaarig.
    Marge ging zum Empfang, wo ein imposantes Muskelpaket in der weißen Berufskleidung eines Pflegers thronte. Er war jung und hatte ein breites Gesicht voller Aknenarben. Seine Augen waren dunkelblau und blickten aufmerksam und konzentriert. Er hatte hellbraunes, dünnes Haar, das er zurückgekämmt trug. Über der weißen Jackettasche steckte ein Namensschild mit der Aufschrift L. MCKAY. Er sah Marge an und lächelte mit blendend weißen Zähnen.
    »Was kann ich für Sie tun?«
    Die Stimme klang tief und sonor. Sein breiter, muskulöser Halsansatz schien ein idealer Klangkörper zu sein. Marge zückte ihre Dienstmarke. »Ich möchte Lita Bellson sprechen.«
    L. studierte ihren Ausweis, dann Marge. »Wir haben Sie schon erwartet. Willkommen. Wir haben strikte Anweisung der Heimleitung, nach Marie Ausschau zu halten. Seit ich hier bin, hat sie weder angerufen noch ist sie aufgekreuzt.«
    Nach der Entdeckung im Canyon klang das glaubwürdig. »Ich möchte trotzdem mit Mrs. Bellson sprechen.«
    »Ich bringe Sie zu ihr, Detective.«
    L. stand auf.
    Zu kooperativ, dachte Marge. Zu aalglatt. Sie musterte ihn prüfend von der Seite, während sie durch die Halle gingen. Er war nicht groß, wirkte jedoch so durch seine Vierschrötigkeit. Der Pfleger führte sie einen langen, breiten Korridor entlang. Direkt hinter der Halle begannen die Zimmer. Fast alle Türen standen auf. Zu Marges Überraschung waren die Räume licht und hell und gut durchlüftet. Sie hörte Stöhnen und Husten, aber ebenso oft fröhliche Unterhaltungen.
    Etliche Rollstühle säumten ihren Weg. Schmale, zusammengesunkene Gestalten lächelten, als sie vorbeikamen. L. grüßte jeden einzelnen mit Namen und hatte für alle ein freundliches Wort. Die alten Herrschaften reagierten mit einem Lächeln, manchmal auch mit einem zahnlosen. Marge grüßte ebenfalls.
    Der Korridor führte schließlich in einen großen Speisesaal. Die Tapete zeigte ein Blumenmuster, die Tische und Stühle waren aus weißem und rosafarbenem Rattan, die Tische mit weißen Tüchern, Servietten und Silber gedeckt.
    »Sie sind wohl noch nie in einem Altenheim gewesen«, bemerkte L. »Was haben Sie erwartet? Ein Haus des Schreckens?«
    Marge lächelte. »Man hört so dies und das.«
    »Das hier ist eines der besten, muß ich ehrlich zugeben. Es ist ein privates Altenheim. Die meisten unserer Insassen haben Geld.«
    »Das dürfte vermutlich aufgebraucht sein, wenn sie diese Welt verlassen«, bemerkte Marge.
    »Es ist futsch in dem Augenblick, in dem sie hier aufgenommen werden«, verbesserte L. sie. »Der Verwaltungsrat prüft die Vermögensverhältnisse jedes Bewerbers. Sie sollten mal unsere Warteliste sehen. Wenn der Aufsichtsrat der Meinung ist, daß der Bewerber einen guten Gewinn verspricht, kassiert das Heim das gesamte Vermögen. Als Gegenleistung erhält die betreffende Person Pflege, Kost und Logis bis ans Lebensende. Meistens macht die Verwaltung dabei ein gutes Geschäft. Manchmal geraten wir auch an Blender, an Leute, die gebrechlich wirken und ewig leben.« L. lächelte.
    »Sie sind hier also Pfleger?« fragte Marge.
    »Ja. Ein staatlich

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