Die Reise-Bibel
die Welt‹ schrieb. Mit elf Jahren schlich sich der älteste Sohn eines
Anwalts aus dem Haus, um eine Seereise als Schiffsjunge anzutreten. Im letzten Moment wurde er von Bord geholt, wer weiß,
ob der junge Franzose auf den Weltmeeren jemals zu einem Dichter geworden wäre. So studierte er erst Jura wie sein Vater und
begann dann um 1850 herum mit dem Schreiben. Verne gilt heute als einer der Erfinder des Science-Fiction-Romans, doch er selbst
sah sich stets als »wissenschaftlich |158| belehrender« Autor. Zum Glück aber auch als Unterhalter – einige seiner Romane gehören heute noch zum Kanon jedes seriösen
Lesers. Das Meer übrigens hat Jules Verne nie ganz losgelassen. Allerdings war er auf die Seefahrt nicht mehr angewiesen,
als seine Karriere einen erfolgreichen Verlauf nahm, sondern er leistete sich eine eigene Jacht.
Wheeler, Maureen & Tony
An wen denken Sie, wenn Sie hören, dass die ›New York Times‹ den »einflussreichsten Mann im Reisebusiness« gefunden hat? Nicht
unbedingt an den Gründer eines Reiseführers für Backpacker, oder? Allerdings heißt dieser Reiseführer ›Lonely Planet‹, und
damit sieht die Sache schon wieder etwas anders aus. Der ›Lonely Planet‹ ist inzwischen nicht mehr nur die Bibel von Individualreisenden
aus aller Welt, sondern wird auch von »normalen« Touristen als glaubwürdige Instanz akzeptiert und gekauft. Heute arbeiten
mehr als 500 Leute für den ›Lonely Planet‹ in Büros in Melbourne, Oakland und London, darüber hinaus schreiben 300 Autoren die dicken Wälzer voll. Begonnen hat der Spuk 1972 mit dem Buch ›Across Asia on the Cheap‹, das Maureen und Tony Wheeler
nur schrieben, weil sie nach ihrer ersten großen Reise von Freunden und Bekannten nach Informationen ausgequetscht worden
waren. 2007 verkauften die Wheelers 75 Prozent ihres Verlages an BBC Worldwide, kolportierter Preis zwischen 100 und 300 Millionen Euro.
Zaragoza, Pedro
Wenn es ums Geschäft ging, waren dem furchtlosen Lokalpolitiker Pedro Zaragoza auch ungewöhnliche Mittel recht. So besuchte
der findige Spanier in den sechziger Jahren seinen Herrn und Meister, den damaligen spanischen Diktator Franco und erwirkte
tatsächlich, dass der knorrige Alleinherrscher |159| das Bikiniverbot an spanischen Stränden aufhob. Wieder eine gewonnene Schlacht für Benidorm, ein kleines Fischerdorf, das
sein Bürgermeister Zaragoza in seiner siebzehnjährigen Amtszeit zu einem der bekanntesten (und überfülltesten) Badeorte Europas
machte. Er startete 1950 bei fast null, heute verfügt Benidorm über mehr als 300 Hotels. Das mag so mancher nicht so schön finden, erfolgreich ist es allemal. Und Zaragozas Motivation war auch nicht ausschließlich
monetär: »Urlaub ist bislang nur für Reiche«, sagte der Mann einmal, »aber das ist nicht richtig. Wir werden dafür sorgen,
das auch die Mittelklasse bei uns in Benidorm Urlaub machen kann.« In diesem Punkt hat er recht behalten.
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|160| Weise Worte
Mit Philosophen auf Tour
Nur im Urlaub gibt es die ewige Liebe für vierzehn Tage.
Uschi Glas
Reisen ist die angenehmste, unpraktischste und
kostspieligste Art des Belehrens – weshalb es auch
die Engländer zu ihrer Spezialität gemacht haben.
Anonym
Wer allzeit bei dem Ofen sitzt, Grillen und
die Hölzlein spitzt und fremde Lande
nicht beschaut, der ist ein Aff in seiner Haut.
Altdeutscher Witz
Urlaub ist die Fortsetzung des Familienlebens
unter erschwerten Bedingungen.
Dieter Hildebrandt
Übrigens darf ich bei allem Respekt
vor meinem berühmten Hotel sagen:
unberühmte sind meist interessanter.
Theodor Fontane
Von Weitem ist es was und in der Näh ist’s nichts.
Jean de La Fontaine
Urlaub ohne Unterlass wäre ein gutes Training
für den Aufenthalt in der Hölle.
Leo Tolstoi
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|161 | Beruflich reisen (3):
Was denken die Profis?
Matthias Politycki, 53
Schriftsteller
Die erste Reise Ihres Lebens?
Durch Italien, im Fond eines V W-Käfers (noch hinter der Rückbank), am Steuer mein Vater, hinter ihm zwei Polizisten auf Motorrädern. Erst wurde mir schlecht, weil
mein Vater so schneidig in die Kurven ging, dann heulte ich los, als ihn die Polizisten endlich gestellt hatten. Und zwar
so überzeugend, dass mein Vater nicht ins Gefängnis musste, wie von mir befürchtet – die Polizisten hatten ihre liebe Not,
mich zu trösten, und vergaßen dabei sogar, wie man mir später oft
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