Die Reise der Jona
Sie etwa, wir könnten mit Unterlicht davonschleichen? Das dauert Wochen!«
»Na und? Wir werden sowieso Wochen brauchen, um das Schiff wieder halbwegs flottzumachen.«
»Sie werden weiter nach uns suchen. Egal, was wir in der Zwischenzeit unternehmen. Wenn sie uns nicht auf der Stelle finden, dann dehnen sie ihr Suchmuster aus. Sie wissen, daß wir da sind, und daß wir uns nicht gegen ihre Abtaster abschirmen können.«
Korie warf einen Blick zu ihm herüber. »Zu diesem Zeitpunkt wissen wir nicht einmal, wieviel von der LS-1187 noch übrig ist, Wan. Das ist es, was wir zuerst herausfinden müssen – und davon ist unser weiteres Vorgehen in erster Linie abhängig. Eigentlich sollten wir allesamt tot sein.«
Die Kontrollichter der Reservenavigationskonsole begannen zu blinken, und Korie atmete erleichtert auf. Es war zumindest ein Anfang. Nach und nach erwachten die einzelnen Knoten des Netzwerks und begannen von sich aus, den Rest des Systems zu überprüfen.
Negative Ergebnisse starteten automatisch Reihen von Restorationsprozeduren für die Teile der Ausrüstung, die ansprechbar waren. Die Wiederbelebung der Schiffsfunktionen würde in kleinen Schritten vollzogen werden. Genau wie die Wiederbelebung der einzelnen Besatzungsmitglieder.
Zwei weitere Schiffskonsolen erwachten zum Leben.
Korie schwebte hinüber und forderte Statusmeldungen an. Wie er vermutet hatte, waren sie noch immer vom Rest des Schiffs isoliert. Es gab keine Informationen, die die Konsolen verarbeiten und weiterleiten konnten.
Korie überdachte die Situation.
Der Kapitän war ohne Bewußtsein. Vielleicht würde er sterben. Das Schiff trieb tot im Raum, und eine unbekannte Zahl von Besatzungsmitgliedern war tot oder bewußtlos. Sie befanden sich Lichtjahre von fremder Hilfe entfernt und waren von feindlichen Marodeuren umgeben, die nach ihnen suchen würden, sobald sie erst den Rest des Konvois aufgerieben und zerstört hatten.
Der Antrieb war außer Funktion. Ebenso die Waffen. Sie konnten nicht fliehen, weder Über- noch Unterlicht. Und als würde das nicht völlig ausreichen, war das Schiff auch noch blind. Alle Sensoren waren ausgefallen.
Er hatte keine Möglichkeit festzustellen, ob ein feindlicher Angriff bevorstand. Und keine Möglichkeit, sich zu wehren, wenn der Angriff tatsächlich erfolgte.
Das einzig Gute daran ist, sagte er sich, daß ich endlich kommandierender Offizier bin.
Die Ironie des Gedankens ließ ihn beinahe lächeln.
Er tippte an seinen Kopfhörer. »Mister Leen?«
»Ich habe schlechte Nachrichten«, sagte die Stimme in seinem Ohr. »Ich muß die gesamte Verkabelung erneuern. Es kann Tage dauern.«
»Wir haben Tage«, erwiderte Korie. »Hören Sie, ich habe eine Idee. Können Sie einen Mann mit einem Sextanten in den Ausguck schicken? Eine Positionsbestimmung durchführen?«
»Aber sie wäre nicht sehr genau.«
»Muß sie auch nicht sein. Ich will nur herausfinden, ob wir wenigstens in eine nützliche Richtung treiben.«
»Wird gemacht. Wenn nicht, können wir das Schiff mit Hilfe der Singularität um seine eigene Achse schwingen, bis die Richtung stimmt. Das geht sogar von Hand, wenn es sein muß. Wir können einen Flaschenzug auftakeln und es herumziehen.«
»Gut. Und jetzt die zweite Bitte. Können Sie die Massetreiber mit den Brennstoffzellen betreiben und wenn ja, für wie lange?«
»Sie meinen, wenn wir die Singularität weiter gedämpft lassen?«
»Genau.«
Der Leitende Ingenieur überlegte einen Augenblick. »Das ist eine sehr altmodische Methode«, sagte er schließlich. »Ich weiß nicht genau, was Sie damit gewinnen wollen, aber es ist machbar. Ich kann sie schätzungsweise für mindestens sechs Wochen laufen lassen, vielleicht auch acht – aber auf keinen Fall länger als zehn.«
»Mir reichen sechs. Wenn wir es soweit schaffen, dann liebt Gott uns wirklich. Ich möchte während der gesamten Zeit keinerlei Streßfeldaktivität. Und ich möchte, daß Sie die elektrischen Funktionen minimieren. Lassen Sie uns das Schiff so bewegen, als wäre es tot. Minimale Lebenserhaltung. Überhaupt alles minimal.«
»Das wird nicht klappen«, entgegnete der Ingenieur. »Sie werden uns trotzdem finden. Wir kommen nicht weit genug weg.«
»Rechnen Sie einmal mit«, sagte Korie. »Es ist nicht die Entfernung, die für uns arbeitet. Es ist die Geschwindigkeit. Der Normalraum ist gemein. Wenn wir nur zwölf Stunden lang mit einem Drittel g ununterbrochen beschleunigen, dann ist es beinahe unmöglich,
Weitere Kostenlose Bücher