Die Reise der Jona
länger, diese Männer und Frauen leiden zu sehen. Das sind meine Freunde, die da liegen. Und auch Ihre! Es ist das großzügigste Geschenk, das Sie Ihnen noch machen können! Erlösung von ihren Qualen. Bitte, Jon…!«
Korie gab ihr das Notizbuch unsigniert zurück. »Sie werden den Namen des Kapitäns von Ihrer Liste streichen müssen. Möglicherweise kann ich es rechtfertigen, den Tod der anderen genehmigt zu haben. Aber ich will verdammt sein, wenn ich die Verantwortung für den Tod von Kapitän Lowell übernehme. Ich muß bereits viel zu viel erklären, wenn wir zurück sind. Ich brauche nicht noch mehr Schwierigkeiten.«
Fontana blätterte zum nächsten Dokument weiter. »Williger und ich haben uns gedacht, daß Sie das sagen würden.
Aber wir hatten das Gefühl, dem Kapitän aus humanitären Gründen die gleiche Chance wie dem Rest der Mannschaft geben zu müssen. Glücklicherweise ist er bewußtlos.«
Korie blickte erneut auf den Schirm des Notizbuchs.
Es war das gleiche Dokument, nur ohne den Namen von Kapitän Lowell. Er gestattete sich einen säuerlichen Blick. »Wie viele davon haben Sie vorbereitet?«
»Seien Sie nicht so gemein«, erwiderte Fontana. »Das ist weiß Gott nicht einfach. Und Sie sind keine große Hilfe dabei.«
»Immerhin bin ich derjenige, der hinausklettert auf die dünnen Äste«, sagte Korie. Er atmete tief ein, schloß die Augen und versuchte, sich von der Richtigkeit seines Handelns zu überzeugen.
Dann öffnete er die Augen wieder und setzte grimmig seinen Daumenabdruck unter das Dokument. Er gab ihr das Notizbuch zurück. »Ich nehme an, Sie werden vor Gericht zu meinen Gunsten aussagen?«
Fontana schien es nicht lustig zu finden.
Abrupt erhob sie sich und schwebte zur Tür. »Wissen Sie, Ihr Teil war einfach. Sie mußten nur Ihre Unterschrift unter das Dokument setzen. Ich muß zusehen, wenn sie sterben.« Sie schwebte hinaus, und zischend glitt die Tür hinter ihr zu.
Ein Auge im Himmel
Der Leitende Ingenieur Leen improvisierte drei G-Abtaster. Es waren keine komplizierten Apparate; ein kleiner gläserner Behälter, der mit Öl gefüllt war, ein Array schwebender Sensoren, eine isolierte Halterung und eine Batterie. Ein Schulkind hätte einen G-Abtaster bauen können – und viele hatten genau das als wissenschaftliche Hausarbeit getan. Allerdings waren die G-Abtaster des Leitenden Ingenieurs Leen ein wenig präziser.
Er befestigte je einen der Abtaster an den Spitzen der weit hinausragenden Fluktuatorsäulen des Schiffes, dann setzte er das Schiff in eine langsame Rotation um die eigene Achse. Die resultierenden Zentrifugalkräfte erledigten den Rest, und die Abtaster taumelten an ihren Leinen vom Schiff weg nach draußen, bis sie einen Radius von mehr als zehntausend Metern ausfüllten. Das Resultat war eine primitive Gravitationslinse, die aber genau genug arbeitete, um jede Bewegung einer Masse von der Größe eines Schiffes in einer Entfernung von zwanzig Lichtstunden zu entdecken. Das beste daran war, daß sie umgekehrt nicht so ohne weiteres zu entdecken sein würde.
Leen setzte drei Rechnerkonsolen ein, die die Abtaster überwachen und ihre Meßergebnisse verarbeiten sollten. Dann meldete er sich bei Korie und berichtete, daß das System ausgebracht und in Betrieb war.
Korie dankte ihm mechanisch. Er machte sich wegen anderer Dinge Sorgen. Er nahm Leen am Arm und zog ihn mit sich in eine ruhige Ecke der Kommandozentrale. »Ich habe ein paar Simulationen laufen lassen.«
»Ich auch«, erwiderte Leen grimmig.
»Dann wissen Sie also Bescheid.«
»Ich habe es Ihnen bereits vor einer Woche gesagt«, erklärte Leen. »Der Sauerstoff reicht nicht aus. Nicht, wenn wir die Singularität nicht benutzen. Wenn Sie mir gestatten, die Brennstoffzellen aufzuladen, dann kann ich eine weitere Woche herausschinden, oder auch zwei. Oder noch besser, lassen Sie mich einen Gravitationskäfig errichten, und wir können die Osmoseprozessoren einsetzen.«
Korie blieb unnachgiebig. »Das ist zu riskant. Selbst ein kleiner Gravitationskäfig hinterläßt einen Geisterabdruck. Wenn man weiß, wonach man zu suchen hat, dann findet man ihn auch.«
»Früher oder später werden wir die Singularität hochfahren müssen!«
»Ich weiß«, gestand Korie. »Ich habe auch darüber nachgedacht. Ich möchte, daß sie die G-Abtaster weit öffnen und die Meßwerte mit größter Sorgfalt in den Rechnern verarbeiten. Wenn wir in einer Entfernung von zehn – nein, sagen wir
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