Die Reise der Jona
anwerfen. Wir besitzen für drei Monate Nahrung. Wir könnten die Rationen zwar halbieren, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Was, wenn wir länger als vier Monate benötigen, um nach Hause zu kommen? Wir sollten besser gleich damit anfangen, unser Getreide für den Winter auszusäen.«
Leen gab ein tiefes, mißbilligendes Brummen von sich. »Klingt in meinen Ohren ganz nach einer Art Beschäftigungstherapie. Wir haben wichtigere Dinge zu erledigen.«
»Nein, haben wir nicht«, unterbrach ihn Korie. »Solange wir treiben, sind wir in Sicherheit. Das Schiff sieht aus wie ein Wrack. Je länger wir so dahintreiben, desto überzeugender wirken wir. Das ist keine Beschäftigungstherapie, sondern eine Überlebensgarantie!«
Leen schien noch immer zu zweifeln.
Korie zuckte die Schultern und lenkte ein: »Ja. In Ordnung, sie haben recht. Natürlich würde es der Mannschaft eine Arbeit verschaffen. Aber sie kann sie auch bewältigen, und das ist genau das, was sie im Augenblick braucht.«
»Ich glaube, wir alle würden viel lieber der Drachenfürst eine Rakete hinterherschicken…«
»Verraten Sie mir, wie wir dicht genug an sie herankommen, und wir tun es. Ansonsten besteht meine Aufgabe darin, das Schiff und seine Leute heil nach Hause zu schaffen.«
»Wollen Sie hören, was ich davon halte? Lassen Sie uns die Maschinen reparieren und verschwinden.«
»Ich lege immer Wert auf Ihren Rat, Mister Leen.«
»Aber?«
»Sie kennen das Schiff besser als jeder andere. Aber ich weiß besser als jeder andere, wer unsere Gegner sind. Die Morthaner sind nicht dumm. Das war nicht bloß ein einfacher Überfall. Das war ein Großangriff. Wäre ich einer ihrer Kommandeure, würde ich jetzt die Gegend nach versteckten Schiffen wie dem unseren absuchen lassen.«
»Der Gedanke, mich zu verstecken, gefällt mir nicht«, brummte Leen.
Korie zuckte die Schultern. »Ich gebe zu, daß ich mir ebenfalls bessere Strategien vorstellen kann. Aber wir besitzen einfach nicht die Reserven, gerade jetzt etwas anderes zu tun. Spannen Sie die Netze, Mister Leen. Lassen Sie uns die Aeroponik anwerfen. Und anschließend bauen Sie mir einen passiven G-Abtaster, damit wir einen Blick riskieren können.«
»Das wird aber nicht gerade scharfe Bilder erlauben.«
»Ich brauche keine scharfen Bilder. Ich will nur wissen, ob sich dort draußen etwas bewegt.«
»Ich werde die Mannschaft aufteilen. Eine Hälfte an die Lebenserhaltungsanlagen, die andere wird das Netzwerk instand setzen. Das wird Ihnen den Luxus beider Möglichkeiten verschaffen. Und mir genügend Zeit, das System fein abzustimmen, während ich mit der Rekalibrierung beschäftigt bin. Was wollen Sie wegen Harlie unternehmen?«
»Lassen wir ihn schlafen.«
»Sind Sie sicher?« Leen warf ihm einen überraschten Blick zu.
Zögernd nickte Korie. »Ich mache mir Gedanken wegen seines Geisteszustandes. Ich würde ihn lieber nicht aufwecken, bevor es ein Schiff gibt, das er kontrollieren kann.
Bis dahin kann er sowieso nichts unternehmen. Ich will nicht, daß er verrückt wird vor Sorgen – oder noch schlimmer, ein Amputationstrauma erleidet.«
»Harlie ist nicht empfindlich in dieser Richtung.«
»Wahrscheinlich. Ich würde zu gerne glauben, daß Sie recht haben. Aber was geschieht, wenn nicht? Lassen Sie uns lieber auf Nummer sicher gehen. Harlie ist unser Freund, Mister Leen. Wir wollen ihn doch nicht unnötigen Risiken aussetzen. In Ordnung?«
»Sie sind der Boß.«
»Nur in Abwesenheit des Kapitäns.« Plötzlich schien Korie sich Sorgen zu machen.
Leen zögerte. Ihm brannte noch eine Frage auf der Zunge.
»Was gibt’s denn noch, Mister Leen?«
»Ach, nichts. Ich dachte nur…«
»Schießen Sie los, Mann. Heraus damit!«
»Nun, es ist wegen Kapitän Lowell. Ich habe gehört, daß er sich in… ich meine, ich glaube natürlich nicht, daß es stimmt, aber die Gerüchte, wissen Sie? Man erzählt sich, daß er sich in die…« Leen hatte offensichtlich Schwierigkeiten, seine Gedanken zu äußern. Korie wartete geduldig, bis der Leitende Ingenieur weitersprach: »… nun, daß er die Fassung verloren hat, als der Angriff begann. Stimmt das?«
Korie setzte zu einer Antwort an, als ihm der letzte Rat von Kapitän Lowell in den Sinn kam. Seien Sie ehrlich zu Ihrer Besatzung, Mister Korie. Belügen Sie niemals die Crew! Er zuckte zusammen, dann blickte er dem Leitenden Ingenieur direkt in die Augen und sagte so ernst er konnte: »Ich war dabei. Kapitän Lowell hat die Nerven
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