Die Reise der Jona
erfüllten Leben« und über das »Recht des Individuums, mit Würde zu sterben« eine neue Bedeutung; ganz besonders die Klausel »In Kriegszeiten ist das Überleben des Schiffes und der Mannschaft immer dem Überleben individueller Besatzungsmitglieder überzuordnen«.
Kories Augen erreichten den letzten Absatz. »… Deshalb, und kraft der mir verliehenen Autorität der Vereinigten Alliierten Sternenflotte, genehmige ich hiermit die Beendigung der lebenserhaltenden Maßnahmen für…«
Er gab Fontana das Klemmbrett zurück. »Ich kann das nicht unterzeichnen.«
Fontana machte keinerlei Anstalten, das Brett zu nehmen. »Mir ist bisher entgangen, daß Sie religiös sind.«
»Bin ich auch nicht«, erwiderte Korie.
»Moralische Bedenken?«
»Auch nicht.«
»Und warum wollen Sie dann nicht unterschreiben?«
»Ich kann nicht. Ich habe nicht das Recht dazu.«
Fontana blickte ihn ungläubig an. »Sagen Sie das noch mal!«
»Mein Kommando ist noch nicht im Log eingetragen. Harlie ist außer Betrieb. Bis wir ihn nicht wieder hochfahren, kann mein Kommando nicht im Logbuch notiert werden. Und wir können ihn erst hochfahren, wenn das Netzwerk repariert ist. Alles, was ich vor diesem Zeitpunkt unternehme, tue ich nur in meiner Eigenschaft als Eins-O. Das ist eine ganze Menge, sicher. Aber bevor Kapitän Lowell nicht gestorben ist, kann ich das Kommando nicht auf legale Weise übernehmen. Was Sie von mir verlangen, ist eine Genehmigung, die zu erteilen ich keine Autorität besitze. Wir könnten beide dafür vors Kriegsgericht gestellt werden.«
»Sie machen wohl Witze!« Fontana wischte sich eine Strähne aus der Stirn. In ihrem Gesicht stand ungläubiges Staunen.
»Sehen Sie selbst nach…«
»Ich kenne die Vorschriften«, unterbrach sie ihn ärgerlich. »Ich kann nur nicht glauben, daß Sie sich dahinter verstecken wollen.«
»Ich will mich nicht dahinter verstecken!«
»Nein?« Sie blickte sich in seiner Kabine um. »Das Schiff ist auf Schleichfahrt. Wir treiben im Nichts. Sie verbringen die meiste Zeit in Ihrer Kabine. Sie wollen Ihre Verantwortung nicht übernehmen. Wenn das nicht Verstecken ist, dann weiß ich nicht, was das Wort bedeutet.«
Er schnappte zurück: »Ich wüßte nicht, was ich sonst tun sollte, verdammt noch mal! Wenn Sie einen vernünftigen Vorschlag haben…«
»Sie haben die Befehlsgewalt, Mister Korie. Ich weiß es. Die Besatzung weiß es. Jedermann wartet darauf, daß Sie das Schiff übernehmen. Das Flottenkommando ist nicht hier, um Ihnen über die Schulter zu blicken. Ganz egal, was die Vorschriften in Ihrem Buch sonst noch besagen, sie sind zweitrangig. Das Überleben des Schiffes und seiner Mannschaft kommt an erster Stelle. Der höchstrangige Offizier muß das Kommando übernehmen!«
»Ich habe es bereits getan. Ich habe alles in meiner Macht Stehende unternommen, um das Überleben des Schiffes und meiner Leute zu sichern. Mein persönliches Logbuch wird das beweisen. Was ich nicht habe, ist die Bestätigung des Flottenkommandos, und es wäre nicht nur voreilig von mir, diese Bestätigung als erteilt anzusehen, es wäre auch dumm und gefährlich.«
»Auf der Krankenstation liegen fünf Männer und zwei Frauen, die tot sind«, sagte Fontana. »Sie verbrauchen unseren Sauerstoff.«
»Das ist nicht so viel…«
»Es reicht aus, um einen Unterschied zu machen.«
»Aber diese Verantwortung fällt in Doktor Willigers Aufgabenbereich.«
»Doktor Williger erledigt keinen Papierkram. Das mache ich.« Fontana warf ihm einen angewiderten Blick zu. »Schlimm genug, daß der Kapitän sich in die Hosen geschissen hat. Jetzt auch noch der Eins-O?«
Wütend starrte Korie sie an, dann blickte er wieder auf das Notizbuch. »Sie sind sicher, daß keine Hoffnung mehr besteht?«
»Sowohl Williger als auch ich haben dieses Dokument unterzeichnet.« Dann fügte sie hinzu: »Zwei von ihnen sind bewußtlos. Die anderen erwachen und dämmern wieder weg; sie leiden unter unvorstellbaren Schmerzen, und wir können nichts, absolut gar nichts mehr für sie tun – mit Ausnahme dessen, weswegen ich hier bin. Hören Sie! Williger und ich haben über jedem einzelnen Namen länger als eine Stunde gebrütet. Wir haben nach jedem noch so fadenscheinigen Grund gesucht, an dieser Situation vorbeizukommen. Ich habe in den letzten sechsunddreißig Stunden nicht mehr als zwei Stunden geschlafen. Ich gehe auf dem blanken Zahnfleisch, aber ich kann nicht aufhören, ehe das hier erledigt ist. Ich ertrage es nicht
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