Die Reise der Jona
wollen, die auf dem Schlachtfeld zurückgeblieben ist. Nur um sicherzugehen, daß kein gegnerisches Schiff auf eine günstige Gelegenheit lauert. Obwohl das gegen die morthanische Gewohnheit verstößt, das Schlachtfeld sofort zu verlassen, gibt es Zeiten, zu denen Strategie wichtiger ist als Tradition.«
»Was, wenn wir unsere Singularität ausstoßen?« unterbrach Korie unvermittelt.
Leen fragte ungläubig: »Was? Das ist nicht Ihr Ernst!«
»Es würde unsere Chancen nicht bedeutend verbessern. Und darüber hinaus würde es unsere Überlebensfähigkeit und damit unsere Chancen, zur Basis zurückzukehren, ernsthaft gefährden. Ich bezweifle, daß wir es schaffen würden. Selbst mit Unterlichtgeschwindigkeit wären wir ab einem gewissen Punkt deutlich in einem Präzisionsortungsgerät sichtbar. Das Opfer unserer primären Energiequelle und unseres Hyperraumkerns ist nicht gerechtfertigt, weil wir dadurch keinerlei echten Vorteil erlangen.«
»Es war nur eine Frage«, sagte Korie zu Leen gewandt, als er den Schrecken bemerkte, den er dem Mann eingejagt hatte. »Harlie würde unsere Situation wahrscheinlich als verzweifelt beschreiben. Das bedeutet, daß wir jede Möglichkeit bedenken müssen.«
»Tatsache ist«, meldete sich Harlie, »daß ich unsere Situation nur mit mehr als verzweifelt beschreiben kann. Für sich alleine genommen ist keines unserer Probleme unlösbar. Aber insgesamt betrachtet ist die Summe unserer Probleme so gewaltig, daß sie es verdienen, in die Lehrbücher der Akademie aufgenommen zu werden.«
»Oh, sagenhaft!« sagte Leen. »Wir werden nach unserem Tod berühmt! Schlagen Sie uns unter dem Stichwort nach: Was man niemals tun sollte.«
»Nur die Ruhe, Mister Leen…« Korie legte die Hand auf den Rand der Rechnerkonsole und drehte sich zu dem Mann um. »Was halten Sie davon? Funktioniert Harlie einwandfrei?«
Leen nickte.
»Seine Analysen und Vorschläge scheinen der Situation angemessen zu sein.«
»Der Meinung bin ich auch.«
»Aber…«
»Ja…?«
»Die höheren Gehirnfunktionen sind das, worauf es ankommt.«
Korie gestattete sich ein dünnes Grinsen. »Sie denken, ich sollte in Tautologien mit ihm reden?«
Der Leitende Ingenieur meinte es ernst.
»Sie müssen über Moral und Ethik und all dieses Zeug reden, das Ihnen Kopfschmerzen bereitet. Sie müssen versuchen herauszufinden, ob er keinen ernsthaften Persönlichkeitsschaden davongetragen hat.«
»Hast du das gehört, Harlie? Du wirst beweisen müssen, daß du nicht übergeschnappt bist.«
»Tatsache ist doch, Sir«, entgegnete Harlie, »daß jeder von uns die ganze Zeit über genau das tut und nichts anderes. Wir alle geben vor, so normal zu sein, wie wir nur können, damit man uns in Ruhe läßt.«
»Ist das deine eigene Beobachtung? Oder zitierst du jemand anderen?«
»Es erscheint mir vollkommen offensichtlich. Deshalb habe ich es gesagt.«
»Hmmm…« Korie blickte zu Leen, der seine Lippen nachdenklich geschürzt hatte.
Harlie fuhr fort: »Wenn es Ihnen hilft, dann lassen Sie mich Ihnen versichern, daß ich mich imstande fühle, mit der schwierigen Situation klarzukommen, in der wir uns befinden. Ich habe bereits eingestanden, daß einige meiner internen Funktionen unzuverlässig geworden sind, also lassen Sie mich Ihnen weiterhin versichern, daß ich, sollte meine Zuverlässigkeit unter ein Niveau sinken, unterhalb dessen ich dem Schiff nicht mehr entsprechend behilflich sein kann, ich Sie unverzüglich darüber informieren und mich anschließend selbst abschalten werde.«
Korie atmete tief durch. »Harlie, würdest du mich belügen?«
»Nein, Mister Korie. Ich bin nicht fähig zu lügen. Zumindest bin ich nicht imstande, wissentlich und vorsätzlich falsche Informationen zu verbreiten.«
»Könntest du falsche Informationen verbreiten, wenn das Schicksal des Schiffes auf dem Spiel stünde?«
»In diesem Fall wäre es keine falsche Information. Unter diesen Umständen wären es lediglich irreführende Informationen, die dazu dienen, die wahren Ausmaße der Bedrohung abzuschwächen. Man könnte es rein technisch als Lüge interpretieren, aber sie wäre mir nicht unmöglich, weil meine oberste Pflicht dem Überleben dieses Schiffes und seiner Besatzung gilt.«
»Ich verstehe«, sagte Korie. »Könntest du lügen, ohne daß sich das Schiff in Gefahr befindet? Was, wenn du lügen müßtest, um die Mannschaft zu schützen?«
»Das wäre immer noch mit meinen Aufgaben vereinbar. Der Schutz der Besatzung ist
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