Die Reise des Elefanten - Die Reise des Elefanten - A viagem do elefante
gerühmte Volksweisheit behauptet und was hiermit erneut bewiesen wurde, versteht Gott sich darauf, auf krummen Linien gerade zu schreiben, und eigentlich mag er diese sogar am liebsten. Als die Achse gewechselt und auf ihre Festigkeit geprüft war, kehrte das Erzherzogspaar in seine komfortable Kutsche zurück, und die neu aufgestellte Marschkolonne setzte sich in Bewegung, nachdem die einzelnen Glieder, die des Militärs wie die des Lumpenpacks, strengsten Befehl erhalten hatten, den physischen Zusammenhalt um jeden Preis zu verteidigen, damit es nicht wieder zu einer so beklagenswerten Zersprengung käme, deren unheilvolle Auswirkungen nur mit viel Glück hatten verhindert werden können. Es war finstere Nacht, als die Kolonne in Bozen eintraf.
A m nächsten Tag schlief die Truppe sich aus, das Erzherzogspaar im Hause einer adligen Burgherrenfamilie, der Rest hier und da über die kleine Stadt Bozen verstreut, die Pferde der Kürassiere in Ställen mit freien Plätzen, die Menschen in Privathaushalten, denn das Lagern unter freiem Himmel war nicht verlockend, ja nicht einmal möglich, es sei denn, die Kompanie hätte noch die Kraft gehabt, die verbleibende Zeit der Nacht Schnee zu schippen. Die meiste Arbeit machte es, einen Unterschlupf für Soliman zu finden. Nach langem Suchen wurde schließlich ein Schuppen ausfindig gemacht, der nichts weiter als ein Unterstand ohne Seitenwände war und dem Elefanten kaum mehr Schutz bot, als wenn er à la belle étoile, in der feuchten Nachtluft, wie die Franzosen so poetisch sagen, hätte schlafen müssen, ein Ausdruck, der ebenfalls nicht wirklich passt, denn die feuchte Nachtluft ist nichts anderes als eine nächtliche Feuchtigkeit, eine Art Tau, ein dichter Nebel, und das sind meteorologische Kinkerlitzchen verglichen mit diesem Alpenschnee, der durchaus die Bezeichnung weiße Decke verdient hatte und vielleicht gar ein tödliches Bett war. Dort wurden nicht weniger als drei Futterballen zur Befriedigung von Solimans Gelüsten bereitgestellt, der unmittelbaren wie der nächtlichen, die dieser ebenso verspürte wie der Mensch. Was den Mahut betraf, so hatte er das Glück, bei der Verteilung der Unterkünfte einen barmherzigen Strohsack auf dem Boden und eine nicht weniger barmherzige Decke zugeteilt zu bekommen, deren Wärmewert er vergrößerte, indem er seinen nur noch leicht feuchten Mantel darüber ausbreitete. In dem Zimmer der ihn aufnehmenden Familie standen drei Betten, eines für Vater und Mutter, das andere für die Söhne im Alter von neun bis vierzehn Jahren und das dritte für die siebzigjährige Großmutter und die beiden Mägde. Als einzige Gegenleistung verlangte man von Fritz, dass er ein paar Elefantengeschichten erzählte, wozu der Mahut sich gern bereit erklärte, und er begann mit seiner pièce de résistance, sprich, der Geburt Ganeshas, und endete mit der jüngst erfolgten, in seinen Augen heroischen Alpenbesteigung, über die wir meinen genug berichtet zu haben. Als seine Frau bereits schnarchte, erzählte schließlich der Vater vom Bett aus, dass durch diese Alpengegend uralten Erzählungen und späteren Legenden zufolge einst der berühmte karthagische Feldherr Hannibal gekommen sei, nachdem er zusammen mit seinem Heer, bestehend aus Männern und afrikanischen Elefanten, die Pyrenäen überquert hatte, sie sollten den Soldaten von Rom viel Leid bringen, obwohl es laut moderner Berichte gar keine echten afrikanischen Elefanten mit großen Ohren und erschreckender Körpermasse waren, sondern sogenannte Waldelefanten, nicht viel größer als Pferde. Das war ein Schnee damals, fügte er hinzu, und dabei gab es nicht einmal Wege, Mir scheint, Sie mögen die Römer nicht besonders, sagte Fritz vorsichtig, Die Wahrheit ist, dass wir hier mehr Österreicher als Italiener sind, auf Deutsch heißt unsere Stadt Bozen, Mir gefällt Bolzano besser, sagte der Mahut, das klingtbesser, Das sagen Sie bestimmt, weil Sie Portugiese sind, Die Tatsache, dass ich gerade aus Portugal komme, macht mich noch nicht zum Portugiesen, Woher stammen denn Euer Ehren, wenn ich fragen darf, Ich bin in Indien geboren und bin Mahut, Mahut, Jawohl, Mahut ist der Name, den man denen gibt, die Elefanten führen, Dann hat der karthagische General bestimmt auch Mahuts in seinem Heer gehabt, Er hätte keinen einzigen Elefanten auch nur irgendwohin gebracht, wenn keiner dabei gewesen wäre, ihn zu führen, Er hat sie in den Krieg geführt, In den Krieg der Menschen, Streng genommen gibt
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