Die Reise des Elefanten - Die Reise des Elefanten - A viagem do elefante
doch sein Vergehen, sprich, das von Subhro oder Fritz oder wie immer er hieß, dieser Wahn, der ihn dazu getrieben hatte zu glauben, sich auf illegale und moralisch verwerfliche Weise bereichern zu müssen, machte jede Hoffnung auf eine Wiederherstellung dieser fast brüderlichen Zuneigung, die einen magischen Augenblick lang zwischen dem zukünftigen Kaiser von Österreich und einem einfachen Elefantenführer bestanden hatte, zunichte. Die Skeptiker haben recht, wenn sie behaupten, die Geschichte der Menschheit sei eine unendliche Abfolge verpasster Gelegenheiten. Glücklicherweise gleichen wir diese Fehler dank unserer unerschöpflichen Phantasie immer wieder aus, füllen Lücken, so gut es eben geht, schaffen Durchgänge für Sackgassen, die letztlich immer Sackgassen bleiben werden, oder erfinden Schlüssel zum Öffnen von Türen, deren Schlösser verlorengegangen sind oder nie existierten. Das macht Fritz gerade, während Soliman mühsam die schweren Beine hebt, eins zwei, eins, zwei, und den sich immer noch vor ihm auftürmenden Schnee niedertrampelt, derweil das reineWasser, aus dem er besteht, sich hinterhältig in rutschigstes Eis verwandelt. Verbittert denkt Fritz, dass er nur durch eine heldenhafte Tat das Wohlwollen des Erzherzogs wiedererlangen kann, doch soviel er auch grübelt, er findet nichts, was großartig genug wäre, um wenigstens eine Sekunde lang den willfährigen Blick Seiner Königlichen Hoheit auf sich zu ziehen. Da stellt er sich vor, die bereits einmal gebrochene Achse der prunkvollen Kutsche wäre erneut entzweigegangen, die Tür aufgrund der plötzlichen Schieflage aufgesprungen, die hilflose Erzherzogin herausgefallen und auf ihren zahlreichen Röcken einen nicht allzu steilen Abhang hinabgerutscht und erst auf dem Grund der Schlucht zum Halten gekommen, glücklicherweise unversehrt. Die Stunde des Mahut Fritz war gekommen. Mit einem energischen Schlag jenes Stocks, der ihm manchmal als Steuer diente, führte er Soliman an den Rand des Abgrunds und ließ ihn sicher und fest zu der Stelle hinabsteigen, wo, noch etwas benommen, die Tochter Karls des Fünften lag. Ein paar der Kürassiere schickten sich an, ebenfalls hinabzusteigen, doch der Erzherzog hielt sie zurück, Lasst ihn, wir wollen sehen, ob er sich zu helfen weiß. Er hatte den Satz kaum beendet, als die Erzherzogin, vom Rüssel des Elefanten emporgehoben, bereits zwischen Fritzens gespreizten Beinen saß, in einer körperlichen Intimität, die unter anderen Umständen den schlimmsten Skandal ausgelöst hätte. Hätte es sich um die Königin von Portugal gehandelt, wäre die Beichte gewiss gewesen. Oben zollten die Kürassiere und die restliche Mannschaft dieser heldenhaften Rettung begeisterten Beifall, während der Elefant, im offensichtlichen Bewusstsein seiner Leistung, mit erneuerter Kraft den Hang erklomm. Als sie oben auf dem Weg angekommen waren, schloss derErzherzog seine Frau in die Arme, hob den Kopf, um dem Mahut in die Augen blicken zu können, und sagte auf Spanisch, Muy bien, Fritz, gracias. Und wäre das hier Beschriebene nicht nur die kranke Frucht einer schuldbewussten Phantasie gewesen, so wäre Fritzens Herz an Ort und Stelle vor Glück zersprungen, falls ein solches Phänomen sich auch außerhalb des reinen Geistes ereignen kann. Die Wirklichkeit bildete ihn ab, wie er war, gebeugt über dem Elefanten sitzend, kaum zu erkennen wegen des Schnees, der verzweifelte Anblick eines geschlagenen Triumphators, womit ein weiteres Mal deutlich wird, wie dicht beieinander das Kapitol und der Tarpejische Felsen liegen, denn da krönen sie dich mit Lorbeer, während sie dich dort in den Abgrund stürzen, wo du, wenn der Ruhm verraucht und die Ehre verloren ist, deine elenden Knochen lassen kannst. Die Achse der Kutsche brach nicht, die Erzherzogin schlummert friedlich an der Schulter ihres Mannes, ohne zu ahnen, dass ein Elefant sie gerettet hat und ein aus Portugal gekommener Mahut zum Instrument der göttlichen Vorsehung wurde. Trotz aller Kritik, die man an der Welt hat, findet sie doch Tag für Tag Wege, tant bien que mal, man erlaube uns diese kleine Hommage an die französische Kultur, zu funktionieren, und der Beweis liegt darin, dass immer, wenn das Gute nicht von selbst passiert, die Phantasie ein bisschen nachhilft, um das Bild wieder geradezurücken. Natürlich hat der Mahut die Erzherzogin nicht gerettet, aber er hätte es tun können, schließlich hat er es sich ausgemalt, und das allein zählt. Obgleich nun
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