Die Reise zum Ich
etwas an diesem Buch abzuändern versucht
sein sollte, wäre es lediglich die Tendenz, meine »Heilerfolge«
allzu oft für definitiv zu halten. Heute möchte ich sie lieber als
wichtige Schritte auf dem Weg zum Ziel verstanden wissen: zur
Auflösung der Untergrabung des Zwangscharakters der konditionierten Persönlichkeitsstruktur.
Die vier pharmakologischen Agenzien, die in diesem Buch
diskutiert werden, lassen sich in zwei Kategorien gruppieren: in
empfindungssteigernde und in imaginationssteigernde Mittel,
denen beiden gemeinsam ist, daß sie nicht zu den psychotomi-
metischen
(psychosennachahmenden)
Psychedelica
gehören.
Die beiden Termini »psychedelisch« und »psychotomimetisch«
evozieren über ihre spezifische Bedeutung hinaus gegensätzliche Vorstellungen. Die beiden Worte »psychedelisch« und
»psychotomimetisch«
wurden
von
verschiedenen
Forschern
generell in Verbindung mit charakteristischen Erscheinungen
angewandt. Die »Psychotomimetica« (d. h., Substanzen, die
psychosenähnliche
Zustände
hervorrufen)
wurden
nunmehr
zum Begriff und erweckten die Hoffnung, auf experimentellem
Weg Psychosen erzeugen und dieses Phänomen schließlich
restlos verstehen, kontrollieren und heilen zu lernen.
Da diese Möglichkeit jedoch Gefahren mit sich brachte, erhielt
die Bezeichnung bald den Charakter eines Warnsignals; es
wurde eine Art »rotes Licht« und extrapolierend mit einem
negativen Wert bedacht, mit dem Begriff »psychedelisch« in
einen Topf geworfen. Das Wort »psychedelisch« (vom griechischen delos, offenbar) wurde in den fünfziger Jahren von Dr.
humphrey osmond, einem Pionier auf dem Gebiet der neuen
psychiatrischen Wissenschaft, geprägt und vertritt einen positiven Wert. Im Gegensatz zu dem Terminus »psychotomimetisch«, der ein reines Fachwort geblieben ist, fand das Wort
»psychedelisch« in die Sprache des Laien Eingang, der zur Zeit
eher zu einer positiven Bewertung der neuen Drogenerfahrungen tendiert. Während dieser ganzen Zeit schwelte ein Konflikt, erreichte den Siedepunkt und löste sich in Luft auf, ohne daß er entschieden worden wäre. Er war über die Frage entbrannt: Sind die betreffenden Drogen ihrem Wesen nach »psychotomimetischen«
oder
»psychedelischen«
Charakters?
Glücklicherweise kamen in den sechziger Jahren Substanzen
auf, die nicht beide Eigenschaften zugleich aufwiesen, die nicht
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zugleich psychotomimetisch und psychedelisch wirkten. Aufgrund der Tatsache, daß die vier Drogen, mit denen ich mich in diesem Buch befasse, zu den nicht-psychotomimetischen Psychedelica gehören (das heißt zu den bewußtseinserweiternden Substanzen, die keine psychotischen Erscheinungen hervorrufen - von einer Psychose im metaphorischen oder pickwicki-schen Sinn abgesehen), sind sie für den Kliniker von besonderem Interesse. Sie sind einem Bereich zuzuordnen, der zwischen dem der Substanzen, deren psychedelische Wirkung im wahren Sinn des Wortes nicht stark genug ist, und die darum
nicht brauchbar sind - wie Scopolamin, Amphetamin oder
Pentobarbital und dem Bereich der zu starken psychotomi-
metischen, schwer zu steuernden und potentiell riskanten Substanzen liegt.
Aufgrund der Natur der durch diese empfindungs- und imaginationssteigernden Mittel hervorgerufenen Erscheinungen unterscheiden sich die Versuchsprotokolle, aus denen ich in diesem Buch laufend zitiere, qualitativ nicht von denen meiner psychotherapeutischen Praxis aus der gleichen Periode. Vor
dem Hintergrund meiner allgemeinen praktischen Erfahrung
betrachtet, besteht das unterscheidende Moment in der Erlebnisintensität und dem Grad ihrer Bedeutungsträchtigkeit. Man könnte es so ausdrücken: Die angewandten pharmakologischen Agenzien wirkten, da sie Hemmnisse abbauten und die Erlebnisbereitschaft
steigerten,
als
Katalysator
oder
Gleitmittel.
Indes möchte ich hervorheben, daß die von mir geschilderten
Resultate nicht ganz ohne meine persönliche Wirkung zustande
kamen, also nicht notwendigerweise von jedem zu erzielen
sind, der sich der vier Drogen psychotherapeutisch bedient.
Meine eigenen Erfahrungen und bestimmte Data der Forschungsliteratur veranlassen mich, der weitverbreiteten Ansicht beizupflichten, daß psychotherapeutische Erfolge vom persönlichen Einsatz nicht zu trennen sind. Zudem bin ich mir
darüber klar, daß mein eigener Bewußtseinszustand, mein eigenes Fluidum und weniger meine Fähigkeiten und Kenntnisse bei den von mir durchgeführten
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