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Die Reisen des Mungo Carteret

Die Reisen des Mungo Carteret

Titel: Die Reisen des Mungo Carteret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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gelenkt, die zum Ziel führten.«
    Carteret kaute auf der Unterlippe und betrachtete den Totenkopf, in dessen Augenhöhle die Linse glomm. »Was bringt dich jetzt darauf?«
    »Berge nicht korrelierbarer Daten, Junge«, sagte der kompakt ; es klang ein wenig herablassend. »Keine der bisher formulierten Fragen erfaßt mehr als ein Zehntel der verfügbaren Datenmenge. Vielleicht fällt dir was Neues ein, wenn du mit Pamela geredet hast.«
    Beiboot und Pilot blieben auf dem Landefeld von Bizano, wo neben einigen Frachtern und Privatraumern auch vier Boote von Journalistencrews lagen.
    Ein Gleitertaxi brachte Carteret und Havamal ins Zentrum. Sie schlenderten durch die Altstadt und atmeten erstmals seit vielen Tagen planetare Frischluft statt hundertmal aufbereiteten Surrogats.
    »Was haben Sie eigentlich vor?«
    Carteret musterte das müde Gesicht des Toxikologen. »Beine vertreten«, sagte er gedehnt.
    Havamal zwinkerte. »Und sonst? Gibt es für Ihren Geschmack zu viele Abhörmöglichkeiten auf der Lukul ?«
    Carteret rümpfte die Nase. »Das auch; ja. Warum wollen Ihrer Meinung nach die Grandgourmets die Sache überhaupt klären? Wenn SIC und Gerichte sich nicht dafür interessieren.«
    Havamal blieb vor einem verkrüppelten Baum stehen, der einmal eine Kiefer gewesen sein mochte. »Weil sie, oder jedenfalls einige von ihnen, sicher sind, daß es nur Mord gewesen sein kann. Und weil sie befürchten müs sen, daß der Täter einer von ihnen war.«
    »Nicht von den Gästen?«
    Der Toxikologe zuckte mit den Schultern. »Egal. Solange sie nämlich nicht ausschließen können, daß es einer von ihnen war, können sie auch nicht sicher sein, ob es nicht beim nächsten Fressen sie selbst erwischt. Und das, schätze ich, mögen die nicht.«
    Carteret nickte. Abrupt sagte er: »Außerdem will ich jemanden in Atenoa anrufen – ohne von Ffoulkes oder sonst wem abgehört zu werden. Entschuldigen Sie mich ein paar Minuten.«
    Er fragte sich zum Gebäude der Zentralkommunikation durch. Im fernen NeuAthen auf Gaia war es kurz nach Mit ternacht. Es dauerte eine Weile, bis Pamela sich meldete.
    »Ah! Stiefzwilling! Wo steckst du?« Sie blinzelte verschlafen in die Optik und versuchte zu lächeln.
    »Auf Orbasang.«
    »Wo in der Galaxis … Huh!« Sie riß die Augen auf. »Das Jahresdiner? O Mungo Mungito, ich bin ja richtig stolz auf dich. Also dich haben sie eingekauft?«
    »Ja.«
    »Und jetzt steckst du fest, was? Sonst würdest du mich doch nicht anrufen.«
    Carteret grinste. »Der Moloch sagt, ich soll meine inzestuöse Kusine obszön anrufen. Orakelmäßig.«
    Pamela fuhr sich mit der Zunge über die Unterlippe. »Du solltest mich lieber unter den genannten Aspekten mal wieder heimsuchen. Was brauchst du?«
    »Ein Doppelorakel.«
    Sie ächzte. »Doppel? Oh oh. So schlimm? Man hört ja wilde Gerüchte …«
    »Die Tatsachen sind noch viel wilder. Ich erzähl’s dir irgendwann mal.«
    »Spezielle Suchwörter?«
    »Genuß. Essen, Trinken, du weißt schon.«
    »Vor allem du weißt schon. Klar. Moment.« Sie verließ den Erfassungsbereich ihres Visifons.
    Pamela du Plessis, Dozentin am Peripatio , erforschte seit Jahren die Frühgeschichte der Noastoa, mit besonderer Zuneigung zu abstrusen Aphoristikern. Ihr Textspeicher, möglicherweise die größte Noastoa-Sprüchesammlung überhaupt, verfügte über ein Zufallsprogramm, mit dessen Hilfe sie »Sprüche zum Tag« heraussuchen konnte. Wie man in der Antike blindlings die Bibel aufgeschlagen hatte, um Rat zu suchen. Tatsächlich war Carteret schon mehrmals durch dieses Zufallsorakel zufällig auf die hilfreiche Idee zur Lösung eines Falls gekommen.
    Er betrachtete den Gebührenzähler. Als zweihundert Drachmen erreicht waren, meldete Pamela sich wieder.
    »Hör zu, Mungo; und wappne dich. Das ist ein albernes Gerät, und die Sprüche sind sämtlich von obskuren Autoren. Brauchst du die Namen?«
    »Nein, mein kluger Schatz. Schieß los.«
    Pamela lächelte und hielt das Ausgedruckte hoch. »Also, Nummer Eins. ›Keiner weiß, ob er am Morgen noch Kleider brauchen wird; kein Grund, abends vermummt das Beilager zu besteigen‹.«
    »Aha. Oho.«
    »Nicht wahr? O wie wahr. Zwei: ›Jauche wird kein Münzgold, auch wenn du sämtliche Perlen vor sämtliche Säue wirfst‹.«
    »Was hat denn bitte sehr dieses mit Genuß zu tun?«
    »Frag mich doch nicht. Drei: ›Noastoa trinkt klares Wasser aus fischlosem Bach. Staaten stauen diesen; Philosophien trüben sein Wasser und behaupten, darin

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