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Die Reisen des Mungo Carteret

Die Reisen des Mungo Carteret

Titel: Die Reisen des Mungo Carteret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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einen Teil der Freiräume der Common wealth-Verfassung für ihre eigenen Bewohner einengten – Gäste hatten örtliche Gepflogenheiten zu respektieren, konnten aber nicht ohne weiteres nach örtlichen Bestimmungen verurteilt werden; es gab zahlreiche Planeten, auf denen sich obskure Sekten aufgespalten und vervielfältigt hatten, so daß von Dorf zu Dorf, Bezirk zu Bezirk, Land zu Land, Kontinent zu Kontinent tausend verschiedene Tabus zu beachten waren – Planeten, die alten Religionen oder neuen Sekten oder wirren Dogmen folgten, von den neokatholisch-ismailitischen Sufinikanern auf Alamut über die Mormognostiker auf Brighamar bis zu den Adventisten des Astralen Anagramms auf Yesildas za. An sich hatte es keine Bedeutung, daß homosexuelle Praktiken auf Shari mit Gefängnis, auf Korydon mit Enteignung und Verbannung, auf Efradan mit Kastration geahndet wurden. An sich war es unwichtig, daß der Trüffelzüchter Nazagdordzh von Efradan, die Grandgourmets Hoguash von Shari und Sarodji von Korydon immer wieder längere Urlaube auf Gaia verbracht hatten, wo Ytong wohnte; daß Sarodji zehn Tage in den Anlagen des Orbitalkasinos gewesen war, zufällig zu der Zeit, als Vubomir Ytong dort auftrat. Diese und andere Fakten, die sich unter den SIC-Daten fanden, kamen erst nun zusammen, konnten in Beziehung zueinander gebracht und nach und nach eliminiert werden, bis nur noch eine Datenreihe als zwingend und überzeugend blieb. Vorher waren hohe Zahlungen, die Onton Sarodji, Grandgourmet, Premier von Korydon, Besitzer der größten Uranminen des Planeten, regelmäßig an eine Bank auf Azwaz leistete, nicht interessant. Aber die Bank unterhielt in den Räumen der Commonwealth-Bank-Filiale auf dem Kasinosatelliten eine Gastfiliale. Und Ytong besaß ein Apartment auf dem Satelliten und ein Konto bei der Commonwealth-Bank; Transfers in Höhe der von Sarodji geleisteten Zahlungen ließen sich bis zu Ytong verfolgen. An sich unwichtig – wie die Tatsache, daß Sarodji nach den Protokollen der Grandgourmets seit fünf Jahren immer wieder Ytong als Gast vorgeschlagen hatte.
    »Das Wasser, das Ytong ausgeschieden hat.« Havamal verzog den Mund. »Nach allem haben wir gesucht, aber nicht nach Wasser. Auf den Gedanken, daß die gesuchte Substanz vorher im Wasser gewesen sein könnte und vom Körper sofort vollständig aufgenommen wurde …«
    Carteret klopfte ihm auf die Schulter; das Lamellenhemd knirschte. »Mein Fehler, Erasmo. Tafelwasser stand nicht auf der Liste. Wohl auf den Tischen; wir haben es bei den Aufzeichnungen immer wieder gesehen. Übersehen, weil zu offensichtlich.«
    Das Tafelwasser, eine nicht eben häufig zu findende Sorte aus der Dalgo-Region des Planeten Zulimon, enthielt eine als Dalgonisches Subsilikat BIV bezeichnete Substanz. Sarodji hatte das Wasser besorgt.
    »Harmlos als Getränk.« Havamal wies auf die grüne Flasche. »Wird in der Speiseröhre resorbiert und aufgespalten. Aber in Harnleiter und Blase sind drei Sorten Bakterien, die aus dem Silikat, wenn sie damit in Berührung kommen, etwas anderes machen. Sie zerlegen es zu einer Art mineralischer Hefe, die es sonst nirgends gibt. Fermentsilikat. Blödsinn. Aber da ist es.«
    »Und die anderen Substanzen, aus denen Ytongs Darmbeton entstanden ist?«
    »Die Kieselsäure im Eiswein von Gulgaly, das Eiweiß im Naskimander und im Pastrimo-Käse.«
    »Und den hat auch Sarodji vorgeschlagen. Übrigens hat er mal Chemie studiert.«
    »Hah. Bleibt das Motiv. Und das torgyrische Pseudomangan. Außerdem – wie hat er das alles zusammengebracht?«
    Carteret atmete tief, setzte ein verqueres Lächeln auf und reichte dem Toxikologen ein Blatt mit Ziffern, Da ten, Namen und Zahlen. Erasmo Havamal las, las noch ein mal, ließ das Blatt sinken, betrachtete Mungos Gesicht und brach in grölendes Gelächter aus.
    »Gut?«
    Havamal verschluckte sich und hustete. »Glänzend«, keuchte er. »Ist das sicher?«
    Carteret nickte. »Und eindeutig. Am vierten April set zen die Gourmets Vubomir Ytong, nach langem Drängeln von Sarodji, auf die Liste. Am siebten sagt Ytong zu. Am fünfzehnten reist Onton Sarodji nach Torgyr, wo er sich zwei Operationen unterzieht. Künstlicher Darmausgang; hierbei wird torgyrisches Pseudomangan zur Stabilisierung des Gewebes verwendet. Und Implantierung von zwölf Zähnen aus einer Legierung, die Pseudomangan enthält. Sarodji hat beide … Varianten bedacht.«
    »Kompliziertes Verfahren.« Havamal gluckste wieder. »Aber todsicher.

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