Die Reisen des Mungo Carteret
darüber aus, murmelte etwas und berührte die Töpfe, Schüsseln und Terrinen leicht mit der Spitze des linken Zeigefingers – sie zerbrachen. Er streute die Scherben auf den Boden, ging barfuß darüber, legte sich hin, wälzte sich und zeigte danach seinen unverletzten Rücken. Schließlich hängte er sich wieder das Badetuch vor die Leibesmitte und bat um eine kurze Pause. »Es gibt da noch einen besonderen Trick, den ich niemals öffentlich vorführe, nur im Kreis guter, eh, intimer Freunde. Dazu ist jedoch nötig, daß eine gewisse … Schwellung behoben wird. Ich schlage, der Diskretion wegen, folgendes Verfahren vor. Wir alle begeben uns in unsere Kabinen; die Korridorbeleuchtung wird abgeschaltet; ich besuche eine Kabine, um die Schwellung zu bekämpfen; in einer halben Stunde treffen wir uns wieder hier.« Gelächter und Applaus.
Wieder die Versammlung. Der Verblüffende Würger ohne »Schwellung«; vor ihm, auf dem Tisch, eine Schale mit Wasser, »körperwarm«, wie Ytong sagte. Er bat um Stille und Konzentration, legte seinen Penis in die Schale mit dem Wasser. Die Bauchmuskeln arbeiteten; Ytongs Gesicht verzerrte sich – dann sank der Wasserpegel, der Magier »trank« die Schale leer, hielt sie triumphierend hoch. Applaus. Ytong hob die Hand, räusperte sich und begann mit der Entleerung. Als die Schale wieder gefüllt war, breitete er die Arme aus, verneigte sich, riß plötzlich die Augen auf, die Hände zuckten zum Bauch. Dann ein entsetzlicher Schrei der Qual; der Bauch des Magiers wölbte sich. Vubomir Ytong brach kreischend zusammen. Der Bauch platzte, und Carteret schloß die Augen.
»Aber auch dieses Wasser haben wir untersucht«, sag te Erasmo Havamal. Er fuhr sich über den feuchten Schä del. »Normales Wasser – ein paar harmlose mineralische Beimengungen, eine Spur Eisen, Spermareste, natürlich ein wenig Urin. Sonst nichts.«
Das Wasser in der Schale blieb jedoch für Carteret der einzige Punkt, an dem er auch nur den Hauch einer Chance eines Ansatzes witterte. Die Befragung des Personals, die Untersuchung aller Aufzeichnungen, jedes Nachbohren, Ferngespräche mit den nicht mehr an Bord befindlichen Mannschaftsmitgliedern, sogar mit einigen der hochmögenden Gäste und Gastgeber ergaben nur ei nes: Als die Gruppe wieder in den Salon kam, stand die Scha le mit dem warmen Wasser bereits da. Niemand wußte, wer sie dorthin gestellt hatte.
In der Kabine nahm Carteret sich noch einmal die Li sten vor: Gäste, Gourmets, Personal. Nach langem Überlegen schied Carteret die Mannschaftsmitglieder aus. Was immer mit Ytong geschehen sein mochte – wenn es Mord war, hätte jeder Bedienstete an Bord der Lukul einfachere Möglichkeiten gehabt, den Magier zu töten: in der Kabi ne, auf dem Gang, im Antigravpool, oder beim Essen durch Beimengung konventioneller Gifte. Die Verfertigung einer Substanz, die sich erklären ließ, deren Zustandekommen aber rätselhaft war, überstieg zweifellos die Kenntnisse aller Leute der Crew.
Carteret badete in chemischen Formeln, schwelgte in exotischen Todesarten, schüttelte sich beim Gedanken an die eine oder andere Speise. Aber er fand nichts. Nach einer Sitzung mit dem kompakt sortierte er seine Fragen und Notizen. Er hatte den Apparat noch einmal mit allen verfügbaren Daten spielen lassen, aber auch dabei kam nichts heraus.
Leise pfeifend wählte Carteret mit der Bordanlage zuerst das improvisierte Laboratorium, dann die Kabine des Toxikologen.
»Ah, Mungo.« Havamal sah übermüdet aus, schien aber noch nicht geschlafen zu haben.
»Hören Sie, Erasmo; ich möchte noch mal runter nach Orbasang, noch ein paar Fragen stellen. Kommen Sie mit?«
Der Toxikologe zupfte am Platinring in seinem Ohrläppchen. »Tja, hm, eh. Ach, warum nicht? Wann?«
»Sofort. In Bizano ist jetzt Nachmittag.«
»Gut. In zehn Minuten.«
Kapitán Ffoulkes war bereit, einen Piloten und eines der Beiboote zur Verfügung zu stellen. Als auch dieses Gespräch beendet war und Carteret seine Lederjacke anzog, räusperte sich der kompakt .
»Was ist, Moloch?«
»Ehrwürdiger Herr. Wenn ich mir einen Vorschlag zu unterbreiten würde gestatten dürfen …«
Carteret runzelte die Stirn. »Blödes Gerät. Was denn?«
»Vielleicht solltest du zur Klärung dieses obszönen Falls ein obszönes Gespräch mit deiner inzestuösen Kusine führen.«
Carteret lachte. »Wie kommst du darauf?«
»Sie hat immer gute Sprüche – wie du weißt. Und die haben dich schon häufig auf dumme Wege
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