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Die Reisen des Mungo Carteret

Die Reisen des Mungo Carteret

Titel: Die Reisen des Mungo Carteret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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es schon zu feiern? Ein Schritt weiter Richtung Vergreisung, ein halbleeres Konto, und die läßliche Romanze mit einer Technikerin aus La Hague zerfaserte in letzter Zeit ohnehin.
    »Moloch?«
    »Zu Diensten, Unwürden«, sagte der kompakt . Der Hauptteil des Geräts – Datenspeicher, Prozessor, Kommunikator – steckte in einem Totenschädel, der zwischen alten Büchern und mikrolibros im Regal stand.
    »Alle Geburtstagsgäste anrufen; absagen.«
    »Höflich oder wahrheitsgemäß?«
    »Beides, dummer Blechnapf. Aristide Montgomery Carteret bedauert sehr, aber dringliche Geschäfte zwingen ihn, die alte Erde für einige Tage zu verlassen. Mit freundlichen Grüßen und derlei.«
    »Ich höre und gehorche.«
    Optische und akustische Erfassung sowie Lautsprecher (alles in den Augenhöhlen) und ein Mikrogenerator wa ren eingebaut; als Carteret den kompakt , von allen Ex ternanschlüssen gelöst, in die gepolsterte Ledertasche schob, bedachte er wieder einmal die Unbilden des Schicksals, das ihm Zahnschmerzen bescherte und den früheren Besitzer des Schädels trotz prächtigen Gebisses dahingerafft hatte. Er packte das Lesegerät ein (auch als externer Monitor des kompakt nutzbar), die Mikrofassung des Lexikons der bewohnten Welten und einige richtige Bücher als Reiselektüre, darunter ein Exemplar des neuen arrièregardistischen Romans Klumpfußnoten der Gaianerin Tomyris Otsen. Da er Langeweile auf dem Flug voraussah und wußte, daß während der Überlichtphasen keine Außenverbindung bestand, hatte er den Moloch sämtliche erfaßbaren Nachrichten speichern lassen; schließlich fiel ihm ein, daß er vor Monaten in einer Hochglanz-Zeitschrift etwas über den Planeten Garm gelesen hatte, um den der Depotsatellit kreiste. Er wühlte und fand das Heft tatsächlich, zwischen Konservendosen in einem Wandschrank. Der Artikel war Teil II untertitelt; auf Teil I würde er verzichten müssen. Kurz bevor das Gleitertaxi kam, bestätigte die Cargobank in Cherbourg den Eingang von 25000 Drachmen. Carteret seufzte, schleppte Koffer und Tasche auf die Terrasse, verabschiedete sich in einer romantischen Aufwallung vom dunstigen Meer (Alderney war nur noch zu ahnen) und schaltete die Sicherungsautomatik des Hauses ein.
    Der Frachter Puntila IV der Praesepe-Linie startete bei Sonnenuntergang von der riesigen Stahlplattform vor der Themse-Mündung. Carteret war der einzige Passagier. Von den Frauen und Männern der Besatzung hörte er in den folgenden Tagen die übliche Menge erbaulicher Lügen- und Schauergeschichten über Zu- und Unfälle im interstellaren Frachtverkehr; die meiste Zeit verbrachte er jedoch in seiner Kabine, wo er die von Salibi übermittelten SIC-Unterlagen durcharbeitete und mit dem kompakt beredete.
    Dem Lexikon der bewohnten Welten (Bd. XV, »Fu-Gaw«) entnahm er vielerlei Kenntnisse und Erheiterungen. Das Depot Canistra befand sich in stationärem Orbit über dem Hauptkontinent des Planeten Garm.
     
    Das unbedeutende System liegt in einem sternenarmen Bereich knapp westlich der Strecke vom Sirius-Sektor zu den Zentralwelten. [ … ] Der Satellit Canistra, eingerichtet 305 CT von einem Konsortium der finanzkräftigsten Domänen des Planeten, ist jedoch wichtig als Depot, Umschlagplatz und Etappe, da sich unweit des Systems neun der wichtigsten Fracht- und Passagierlinien des Commonwealth kreuzen.
     
    Die Entdeckung des Systems, las Carteret, war zufällig erfolgt. Einer der riesigen Emigratoren (die Konstruktion der Schiffe, in denen bis zu 50000 Menschen unter unsäglichen Bedingungen zu den Sternen transportiert wurden, hatte zu Erschöpfung und Niedergang der Erde und den folgenden wirren Jahrhunderten beigetragen) erlitt 2241 AD einen mit Bordmitteln nicht zu behebenden Schaden am Überlichtantrieb, in der Nähe des Systems, dessen zweiter Planet erdähnlich war. Die Namensge bung mußte entweder von sarkastischen Tierfreunden oder durch den Namen des Schiffs, Canis Maior , beeinflußt gewesen sein: Man hatte sich in den Hunden, Wölfen und Schakalen aller irdischen Sprachen und Mythologien ausgetobt. Die Sonne wurde Dingo genannt, ihre vier Planeten Xolod, Garm, Kerberos und Fenris. Garms drei Monde hießen Raksha, Skylla und Dragon; der größte Kontinent Canistrien, die drei anderen Hyrkanien, Coyo te und Skylax. Canistriens erste Hauptstadt Anubis war längst abgelöst worden vom weniger erdbebengefährdeten Kynossa (dort befand sich auch der wichtigste Raumhafen) und dem Doppelort Chonti-Amentu auf

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