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Die Reisen des Mungo Carteret

Die Reisen des Mungo Carteret

Titel: Die Reisen des Mungo Carteret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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weg und verzog das Gesicht. »Wenn Sie mal beim SIC waren, sind wir doch fast Kameraden; lassen Sie … laß den Rang. Medina reicht. Mungo?«
    »Fein.« Er sah sich um. »Kann ich mich irgendwo setzen, ohne die Unordnung zu destabilisieren?«
    Sie lachte, deutete auf einen Armsessel und verschwand, um aus der rückwärtigen Behelfsküche Kaffee und Becher zu holen.
    Zwei Stunden lang beredeten sie den Fall. Carteret erfuhr, daß sie gebürtige Gaianerin war und seit drei Jahren den kleinen Posten in Kynossa leitete, der für den ganzen Planeten zuständig sein sollte. Es gab zwei Mitarbeiter, Garmaten, die einen Teil der Befragungen nach dem Canistra-Unfall übernommen hatten.
    »Einer ist ganz gut«, sagte Medina Cross. »Könnte den Job hier übernehmen. Je eher, desto lieber – was mich angeht.«
    »Zwei Dinge stören mich bei der Sache.« Mungo fal tete die Hände auf der Tischplatte und starrte die legata an. »Erstens die Zufälle, vor allem, daß ein Säurebehälter defekt gewesen sein soll.«
    Sie nickte. »Was nichts zur Verwüstung der Vakuum-Halle beigetragen hat. Und zweitens?«
    »Dieser Osmin Apalako, Vagabund, Heimatwelt Urraca.«
    »Den hab ich ausgequetscht, so gut es ging. Was ist mit ihm?«
    »Eine Arbeiterin da oben, Garmatin, sagt, er muß von hier sein. Wegen seiner Verwendung dieser komischen Farbadjektive. Kannst du mu’uf sagen?«
    » Mu’uf .« Der Klicklaut war beinahe richtig. Sie schüttelte langsam den Kopf. »Scheiße. Hätt ich merken müssen.«
    »Wundert mich nur, bei all der Diskretion, daß die Frau mir was gesagt hat. Und deine hiesigen Mitarbeiter …«
    Sie unterbrach. »Die da oben gehen immer mit Fremden um. Und ich hab die Daten aufgenommen. Wahrscheinlich war’s für meine Jungs so klar, daß er Garmate ist, daß sie nicht auf den Gedanken gekommen sind, ich könnte es nicht merken. Und« – sie kniff die Brauen zusammen – »wenn ich mich nicht irre, hat keiner von beiden in die Papiere geschaut.«
    »Läßt sich feststellen, wo er jetzt steckt? Und ob er tatsächlich so heißt?«
    »Nee. Oder – kaum.« Sie lachte gepreßt. »Einer der Vorzüge dieser Welt ist der Individualismus. Zwanzig Millionen, verstreut über vier Kontinente und tausend Inseln. Es gibt keine zentralistische Organisation oder Erfassung. Weder Meldepflicht noch Ausweise. Und wenn man Apalakos Bild rumzeigen würde, gäb’s nur Empörung, keine Auskünfte.«
    »Was macht ein Garmate, wenn er zum Beispiel auf Canistra arbeiten will? Oder reisen möchte – irgendwohin, ins Commonwealth?«
    »Dann geht er zu einem aboyeur { * } , den er kennt, und der stellt ihm eine Art Identitätsnachweis aus; damit kommt er her, zum Raumhafen, und da kriegt er einen Standardausweis. Damit ist er registriert, aber nur bei der Raumhafenkontrolle.«
    Carteret dachte eine Weile nach; dann bat er Medina, einige Auskünfte einzuholen, und ließ sich mehrere Punkte auf dem Stadtplan ankreuzen.
    »Hast du heute abend was vor?«
    Sie zögerte kurz. »Nein. Willst du essen gehen?«
    »Wenn du magst. Vielleicht hast du bis dahin ja schon ein paar Antworten.«
    »Im Sunsetter ißt man ganz ordentlich.«
    Sie verabredeten eine Zeit, dann machte Carteret sich auf.
    Er fand den Lademeister Gulgen und die Vagabundin Ghilyana Dont; beide konnten ihm nichts Hilfreiches erzählen. Im Hospital betrachtete er den im Koma liegenden Versicherungsdetektiv, der künstlich ernährt wurde und nach Meinung der Ärzte nie wieder erwachen würde. Er sprach mit dem Arzt, der die Obduktion an Turko Asperny vorgenommen hatte.
    »Keine äußere Gewalt. Spuren der Dekompression, aber da war er schon tot. Wollen Sie den Mageninhalt wissen oder den exakten Blutalkoholwert? Herzversagen, keine Frage.«
    Er streifte durch die Stadt, die überall gleich aussah, in der man sich aber dank des Schachbrettplans nicht verirren konnte; er sah Häuser und Läden, viele der etwa 80000 Gesichter, zählte seine Schritte und kam keinen Schritt weiter.
    Das Sunsetter war ein ruhiges, hellgetäfeltes Restaurant auf der Rückseite des Louvre. Er trank eben einen Conyatsho, feinherben Kräuterschnaps, als Medina Cross erschien. Sie hatte sich ebensowenig umgezogen wie er und schien ein wenig nervös.
    »Na, hast du was gefunden?«
    Carteret seufzte. »Null. Und du?«
    »Einiges. Aber laß uns erst bestellen.«
    Beim Essen – billiger, aber fast noch besser als im Kennet – gab sie ihm die wenigen Informationen weiter, die sie hatte beschaffen können.
    Turko

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