Die Reisen des Mungo Carteret
zu edieren plante. Ihr Textspeicher verfügte über ein Ziel- und Zufallsprogramm, mit dessen Hilfe sie »Sprüche zum Tag« heraussuchen konnte – wie man in der Antike blindlings die Bibel aufgeschlagen hatte, um Rat zu suchen. Carteret war schon mehrmals durch dieses Zufallsorakel zufällig auf hilfreiche Ideen zur Lösung eines Falls gekommen.
Er hatte Glück; Pamela war zu Hause. Allerdings war die Verbindung schlecht; der krause Kupferkopf verschwamm zu einem unheiligen Halo, die grünen Augen, die Grübchen und der freche Mund bildeten immer neu verwabernde Kleckskonstellationen.
»Stiefzwilling! Welche Freude, Mungito. Wo steckst du?«
»Am Rand der Welt. Wie geht’s dir?«
Sie verplauderten zwei oder drei hyperteure Funkminuten, schließlich bat Carteret um ein Doppelorakel – zwei mal drei Sprüche.
»Einfach so, oder Suchwörter?«
»Mhmhmhm – Hunde, und Land.«
»Hunde und Land? Die erbarmungslosen Götter haben dich wohl wieder in eine besondere Klemme gekeilt, was? Moment.«
Sie verschwand vom Schirm; nach einiger Zeit tauchte sie wieder auf, mit einem Druckblatt und verquerem Grinsen.
»Das ist besonders blödsinnig geworden, Liebling.«
»Macht nichts. Blödsinn ist die Schlacke der daraus unerschließbaren Weisheit.«
»Ha. Könnte von Chou sein. Also, paß auf Nummer eins. ›Dinge begehren, die man nicht hat, ist schlimm genug; Dinge haben, die man nicht will, ist unerträglich‹ Komisch. Hat aber nichts mit Hunden und Land zu tun.«
»Macht nichts. Nützt auch nichts.«
»Na gut. Weiter. Zwei. ›Hau den Hund erst, wenn du weißt, wem er gehört – aber dann gründlich‹ Aua.«
»Ziemlich aua, ja.«
»Drei. ›Schöner Hund inspiriert den Maulkorbflechter.‹ Puh. Das war die erste Runde. Gleich weiter?«
»Bitte.«
»Gut. Vier: ›Eigentum ist Gebrechen. Niemand bricht sich je fremdes Gebein.‹ O die Mystik. Fünf: ›Besser, o Hund, zum eigenen Erbrochenen zurückkehren als sich mit fremder Kotze abgeben.‹ Bah. Mungito, das Gerät spinnt; ich seh gerade, es hat Nummer sechs zweimal belegt; du kriegst also sieben Sprüche.«
»Zum gleichen Preis?«
Sie lachte. »Den kannst du zwischen meinen Laken entrichten, wenn du mal wieder vorbeikommst. Kommst du?«
»Mal sehen. Wenn ich den Fall kläre und den Bonus verdiene, kann ich’s mir vielleicht leisten.«
»Gut. Spute dich, Kerlchen; wir werden alt. – Also, Nummer sechs a: ›Wozu in die Höhle des Löwen schleichen, wenn du sie ihm abkaufen kannst?‹ Auch hier weder Hund noch Land … na ja, Höhle ist auch Landbesitz, und die meisten Löwen sind Köter. Sechs b: ›Einen Asketen zur Mäßigung im Entsagen drängen, einen Politiker in Tugend unterweisen, einen kahlen Hund kämmen.‹ Kannst du damit was anfangen?«
Carteret warf ihr eine Kußhand zu. »Noch nicht aber das kann kommen. Konservier dich gut, Stiefzwilling; bis bald.«
Carteret fühlte sich scheußlich, gerädert, immer noch überwach; aber sein Kopf war schwebend leicht, und die Gedanken sprudelten. Medina Cross betrachtete ihn mit einem mitleidigen Lächeln, als er das SIC-Büro betrat, sagte jedoch kein Wort.
»Hör zu, ich hab nachgedacht, weil ich sowieso nicht schlafen konnte.«
»Conyatsho.«
»Mhm. Mir sind verschiedene Dinge ein- oder aufgefallen; irgendwie …« Er zögerte. »Irgendwie kommt es mir so vor, als ob die Lösung ganz einfach wäre. Etwas, das man aus den Augenwinkeln sieht, aber man kann sich nie schnell genug umdrehen, um es wirklich zu erwischen, ehe es verschwindet.«
»Ich kenne das«, sagte sie. »Ich hab auch schon das Zeug getrunken.«
Er setzte sich auf die Schreibtischkante. »Vergiß den Schnaps. Es könnte etwas sein – etwas ganz Offensichtliches – so simpel, daß keiner dran denkt. Oder so typisch garmatisch, daß keiner von uns es sieht und die Garmaten es nicht für bemerkenswert halten.«
»Du redest in Rätseln, aber mach nur weiter.«
Er ignorierte den Spott. »Hast du die Anfragen losgeschickt?«
Sie blinzelte. »Klar. Apalako wird gesucht, wo immer der Sheba-Frachter auftaucht oder aufgetaucht ist. Und diese ganzen Wirtschaftsanfragen sind auch draußen. Wird aber ein paar Tage dauern.«
»Dann laß uns die für was anderes nutzen. Ich weiß zu wenig über Garm … Irgendwo muß man anfangen.« Er lachte. »Was ist ein Tabernickel?«
»Wie kommst du darauf?«
»Reine Neugier. Stochern im Dunkeln. Zwei Grundherren im Kennet haben sich über was unterhalten, und ich hab kein Wort
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