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Die Reisen des Paulus

Die Reisen des Paulus

Titel: Die Reisen des Paulus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernle Bradford
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kaum schlechter als seine Vorgänger und Nachfolger gewesen sein, eher besser. Einen seiner ärgsten Fehler beging er, als er der Tempelkasse Geld entnahm, um ein Aquädukt nach Jerusalem zu bauen; er meinte zweifellos, zum Wohle der Bür-83
    ger zu handeln, aber die Bürger waren empört – es kam zu Tumulten. Pilatus verstand das jüdische Temperament eben nicht – welcher Römer tat das schon – und fand unzweifelhaft, sie seien ein Volk, das einen rasend machen könne. Bereits bei seiner Ankunft in Jerusalem unterlief ihm der erste politisch-religiöse Fehler: er marschierte bei Nacht mit seinen Leuten in Jerusalem ein. Die Legionsstandarten (die mit dem Abbild des Cäsaren versehen waren) ließ er ausgerechnet in der Nähe des Tempels aufpflanzen. Zum ersten Mal in seiner Amtszeit wurden die Juden aufrührerisch, was ihn wohl nicht unbedingt judenfreundlich stimmte. Lukas berichtet, später habe er galiläische Pilger, die gerade opfer-ten, massakrieren lassen; doch hier muß man argwöhnen, daß es sich nicht ganz so einfach verhielt. Vielleicht wurde diese harte Reaktion herausgefordert, weil das Ganze einem Aufstand oder anderen Ruhestörungen gleichsah.
    Lange Zeit ist über die Rolle diskutiert worden, die Pilatus beim Tode Jeschuas, des Christus und Judenkönigs, gespielt hat. Die Urkirche neigte dazu, ihn zu entlasten. Sie gab den Juden die Schuld. Und nach dem dritten und vierten Evangelium möchte es tatsächlich so scheinen, als habe Pilatus getan, was er konnte, um diesen Mann zu retten, an dem er keine Schuld zu finden vermochte, als habe er den Gefangenen nur widerwillig überantwortet. Im Jahre 36
    n. Chr. wurde Pilatus von seinem Posten abberufen. Man warf ihm ungeschicktes Vorgehen und Mißwirtschaft vor.
    Zu diesen Anklagen sollte er sich äußern. Später erzähl-te man sich viele Geschichten über sein Ende. Die meisten davon sind von äußerst Ungewisser oder geradezu apokry-phischer Natur. Er soll Selbstmord begangen haben; einer 84
    anderen Version zufolge mußte er in die Verbannung nach Vienne an der Rhone gehen. Seine Frau, Claudia Procula, wurde von der Ostkirche kanonisiert, weil sie ihn gebeten hat, den Messias nicht zum Tode zu verurteilen. Die kopti-sche Kirche, die ihre Generallinie von den frühen Christen übernahm, hat sogar Pilatus für den Versuch, Jesu Leben zu retten, kanonisiert. Er ist keine abstoßende Gestalt; außerdem muß man ihn im Licht seiner Zeit sehen: ein Römer, der den unbequemsten Posten im ganzen Reich innehatte.
    Im selben Jahr, da Pilatus nach Rom abberufen wurde, kehrte Paulus nach einem längeren Aufenthalt in Arabien und in Damaskus nach Jerusalem zurück, um es gleich wieder zu verlassen, weil sich die Juden gegen ihn verschworen hatten.
    Weder Römer noch Juden fanden viel Frieden in Jerusalem.
    Doch zu dieser Zeit folgte Paulus schon dem Messias nach, der unter der Herrschaft des scheidenden Statthalters den Kreuzestod gestorben war.
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    Es ist sehr unwahrscheinlich, daß Paulus in Jerusalem war, als Jesus gekreuzigt wurde. Dieser Mann sprach völlig ehrlich über seine Beteiligung an der Verfolgung der frühen Christen. Und deshalb kann man kaum annehmen, daß er nicht zugegeben hätte, er habe sich damals in Jerusalem befunden oder gar seinen späteren Meister gesehen, wenn dem so gewesen wäre. Er war weder Augenzeuge der Kreuzigung noch der Vorgänge, die zur Kreuzigung führten.
    Das erhellt aus seinen Schriften. Undenkbar, daß er etwas Derartiges unterschlagen hätte. Die Berechtigung zum Verkünden der »frohen Botschaft« scheint er einzig und allein aus seinem Erlebnis auf der Straße nach Damaskus abgeleitet zu haben. Man könnte fast sagen, daß diese Vision, man mag sie betrachten, wie man will, für Paulus notwendig war
    – einfach, weil er Christus nie »dem Fleische nach« gekannt hatte. Zur Zeit der Kreuzigung (29 oder 30 n. Chr.?) weilte Paulus möglicherweise in seiner Heimatstadt Tarsus. Ob er sich nun tatsächlich als Rabbi qualifiziert hat, ist unerheblich. Man erwartete übrigens auch von einem Rabbi, daß er sich durch ein achtbares Handwerk oder ehrlichen Handel selbst ernährte. Paulus konnte nur den Beruf ausüben, den er von seinem Vater erlernt hatte. Das Judentum kannte kein Konzept, das einen Menschen davon entband, sich sein Brot selbst verdienen zu müssen, nur weil er gründlich im Gesetz bewandert war. Bei den Tempelpriestern in Jerusalem verhielt es sich etwas

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