Die Reisen des Paulus
. . . . . . . . 250
Ausweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257
Ablehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
Zeltmacher in Korinth . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
Wieder unterwegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290
Die große Göttin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298
Von menschlichen Wesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305
Der Weg steht fest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314
Das Unvermeidbare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323
Der Gefangene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331
»Zwischen zwei Meeren …« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339
Winter und Frühling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349
Das Ende in Rom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357
Herkunft der Zitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365
L:
Die Phantasie ist eine unentbehrliche Eigenschaft des Revolutionärs. Wenn man die Revolution zustande bringen will, muß man sich ihr Gelingen
vorstellen können.
1
D W
Im Herbst des Jahres 59 n. Chr. legte ein kleines Küstenfahrzeug im Hafen vom Myra an. Sein Zielort befand
sich weiter nördlich: Adramyttion, eine Ansiedlung am Ende eines Golfes, der sich in der Nähe der Insel Lesbos ziemlich weit ins Landesinnere hinein erstreckte. Vor ungefähr zwei Wochen hatte das Schiff die berühmte Stadt Sidon verlassen. Die Nordwinde, die in diesem Teil des Mittelmeers besonders häufig wehen, hatten es gezwungen, den südlichen Küstenstrich Kleinasiens abzufahren und nach einer geschützten Stelle zu suchen. Doch nun war eine angenehme Flußmündung gefunden. Hier konnte man die Fracht, die aus örtlichen Erzeugnissen bestand, entladen und auf einen günstigen Wind warten, der das Schiff durch die insel-reiche Ägäis zum Heimathafen blies. Myra gehörte zu den wichtigsten Städten im südlichen Kleinasien. Es lag einige Kilometer landeinwärts, mitten im Mündungsgebiet zweier Flüsse. An einem von ihnen, am Andracus, befand sich in einer Entfernung von etwa fünf Kilometern ein belebter Hafen. Myra war ein Ort wie viele, hier traf die griechisch-römische Welt auf die asiatische, syrische und nahöstliche Sphäre. Heute ist Myra ein unbedeutendes Dorf in der Türkei, aber damals war es eine blühende kleine Stadt. Küsten-fahrzeuge, Handelsschiffe, die zwischen der Levante und der Ägäis, zwischen Byzanz und dem Schwarzen Meer verkehrten, lagen dicht bei dicht am Kai. Hier ankerten auch große Getreidefrachter, bevor sie ihre lange Reise antraten, die sie an Kreta vorbei zur Ostküste Siziliens, dann durch die Stra-8
ße von Messina und schließlich nach Puteoli am Golf von Neapel führte.
An Bord des Küstenfahrzeugs befand sich neben Reisenden und Handelsleuten, die nach Myra, Adramyttion und anderen Häfen wollten, ein römischer Hauptmann vom augusteischen Regiment. Er hieß Julius und hatte die Auf-sicht über eine Gruppe von Gefangenen, die nach Rom sollten. Den einen wurde dort der Prozeß gemacht, die anderen mußten, sofern sie bereits zum Tode verurteilt waren, in die Arenen. (Aus allen Gebieten des Imperiums wurden Straffällige nach Rom geschickt, um die nimmersatte Blutgier zu befriedigen, die fester Bestandteil der »römischen Größe«
war.) Die Truppe, zu der Julius gehörte, fungierte sozusagen als kaiserliche Kurierorganisation. Sie geleiteten Gefangene zur Hauptstadt, fuhren als Wachen auf Getreideschiffen mit, wirkten als allgemeine Polizeitruppe und arbeiteten mit den Garnisonen in den Provinzen zusammen, damit Frieden im Reich herrschte. Julius war möglicherweise aus dem Mannschaftsstand aufgestiegen. Und höchstwahrscheinlich hing er dem Mithras an, jenem persischen Sonnengott, dessen Kult weite Verbreitung im Heer gefunden hatte, weil er Männlichkeit und kämpferische Tugenden befürwortete. Julius hatten ihn seine Eltern zweifellos nach dem großen Julius Cäsar genannt, zum Zeichen dafür, daß sie das Haus der Julier achteten. Ein Kaiser aus diesem Hause war auch jetzt an der Regierung: Nero.
Der Hauptmann suchte nach einer Mitfahrgelegenheit
für sich, seine Soldaten
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