Die Rettung von Zei
zu besänftigen, dient das andere lediglich der animalischen Befriedigung schnöder Freßlust!«
»So kann man es natürlich auch ausdrücken. Aber wollen wir uns nicht streiten – sehen wir lieber zu, dass wir so schnell wie möglich hier wegkommen. Wir müssen sehr weit schwimmen, und wir wollen unsere Kleider und Waffen nicht zurücklassen …«
»Warum vollenden wir dann nicht das Floß, das unser abgeschlachteter Freund und Bevollmächtigter so wacker begann?«
»Weil der Klang der Axt uns verraten würde.« Er hielt die Nase in die Luft und schnupperte. »Der Wind hat auf Nordwest gedreht, und wir befinden uns an der Nordwestküste der Insel. Die Wälder sehen trocken aus, und mein Feuerzeug müsste eigentlich funktionieren.«
»Heißt das, dass Ihr beabsichtigt, den Wald in Brand zu setzen, um die Geschwänzten von unserem Vorhaben abzulenken?«
»So ist es. Ich werde den höllischsten Waldbrand entfachen, den Ihr je gesehen habt. Komm, Mädchen, hilf mir!«
Sie verbrachten die folgende Stunde damit, entlang dem Strand Reisig und trockene Wurzeln aufzuhäufen, wo es ihnen am nützlichsten erschien, bis sie schließlich eine Linie von Reisighaufen gebildet hatten, die sich über mehr als einen Hoda an der Küste entlangzog. Lediglich an der Bachmündung hatten sie eine Stelle ausgespart, um ausreichend Platz zum Bau des Floßes zu haben.
Als sie mit der Arbeit fertig waren, ging Barnevelt zum östlichen Ende der Linie und zündete mit seinem Feuerzeug den ersten Reisighaufen an. Sobald die ersten Flamen emporloderten, hielten er und Zei eine Reisigfackel hinein und liefen die Reihe entlang, wobei sie einen Haufen nach dem andern in Brand setzten.
Als der letzte Stoß aufloderte, war der ganze Küstenhang eine brüllende Flammenhölle. Das Feuer sprang von Baum zu Baum über.
Barnevelt schwitzte mit hochrotem Gesicht über seinem Floß. Viel brauchte er zum Glück nicht mehr zu tun. Er zerhackte den Stamm in zwei gleichlange Hälften, schob diese ins Wasser und band sie mit dem Stück Ankertau zusammen. Danach fällte er einen jungen Baum und schnitzte aus dem weichen Holz des Stammes zwei rohe Paddel zurecht. Zwar gerieten sie am Blatt viel zu schmal, um brauchbar zu sein, aber für sorgfältigere Arbeit blieb keine Zeit mehr.
»Auf geht’s!« schrie er über das Prasseln der Flammen und hieb die Axt in einen der Stämme, damit sie nicht verloren ging. Zei stieg rittlings auf das Floß und rutschte nach vorn. Barnevelt nahm hinter ihr Platz, und dann paddelten sie, die Schuhe um den Hals gehängt, mit aller Kraft vom Ufer weg. Die sengende Hitze des Feuers, das inzwischen die ganze Küste in ein prasselndes Flammenmeer verwandelt hatte, verbrannte ihnen schier den Rücken. Ganz Fossanderan schien eine in schwarze Wolken gehüllte tosende Gluthölle.
Die dicken Griffe der Paddel waren äußerst unhandlich. Barnevelt fragte sich schon bald, ob es die bloßen Hände nicht ebenso gut getan hätten. Solange sie sich in einem rechten Winkel zur Küste vorwärtsbewegten, platschten ihnen die Brandungswellen jedes Mal bis zur Brust; als sie weit genug vom Ufer entfernt waren und in westlicher Richtung auf das Festland zuhielten, brachte die Dünung, die nun von der Seite her kam, ihr schmales Floß so bedenklich ins Schwanken, dass Barnevelt jeden Moment befürchtete, es würde umkippen und sie abwerfen.
Meter um Meter arbeiteten sie sich nach Westen vor, während die Sonne langsam unterging. Als sie schließlich den westlichen Kanal der Straße von Palindos erreichten, leuchteten schon die ersten Sterne am Himmel. Das war gut so, denn von der Stelle aus, an der sie den Kanal durchquerten, war die gestrandete Galeere nur allzu deutlich sichtbar.
Die Galeere, die bei Einbruch der Dunkelheit Lichter gesetzt hatte, lag nun, da die Flut zurückgewichen war, fast vollkommen auf dem Trockenen. Durch den Druck ihres Eigengewichts auf den Kiel hatte sie sich bedrohlich auf die Seite gelegt. Hinter ihr hob sich als dunkler Schemen vor dem flammroten Himmel über Fossanderan ihr Schwesterschiff ab. Zwischen den beiden Schiffen waren Trossen gespannt, die in anmutigem Bogen über dem glitzernden Wasser hingen. Die Ruder beider Schiffe ruhten still auf dem Wasser.
Offenbar hatte die zweite Galeere ihre Suche nach der Shambor erfolglos abgebrochen und war zurückgekommen, um ihr gestrandetes Schwesterschiff freizuschleppen. Aber die Ebbe hatte diesen Plan vereitelt, und nun warteten sie die nächste Flut ab, die
Weitere Kostenlose Bücher