Die Rettung von Zei
Jetzt regte sich auch Zei neben ihm. »Mir ist kalt«, waren ihre ersten Worte.
»Das bringe ich schon in Ordnung«, sagte Barnevelt. »Wir suchen uns jetzt erst mal ein besseres Plätzchen, und dann mache ich Feuer.«
»Werden die Sunqaruma das nicht sehen?«
»Das glaube ich nicht. Die Halbinsel verläuft in einem Bogen, und es ist unwahrscheinlich, dass sie von ihrer Position aus diesen Teil überblicken können. Los, auf geht’s!«
Sie folgten dem Lauf des Baches bis zum Dickicht an der Küste und gelangten schließlich an eine Stelle, wo ein umgestürzter Baumriese im Fallen einige kleinere Bäume mitgerissen und dadurch eine kleine Lichtung geschaffen hatte. Wenigstens gab es hier genügend Licht, so dass seine an die Dunkelheit gewöhnten Augen sehen konnten, was er tat. Er sammelte Äste und Stöcke, brach sie in brauchbare Stücke, schichtete sie zu einem Haufen auf und hielt sein Feuerzeug daran.
Dieses Feuerzeug ähnelte in der Konstruktion terranischen Feuerzeugen, war jedoch größer und unhandlicher und vom Design und von der Fertigung her recht vorsintflutlich. Er drehte das Daumenrädchen und erzeugte einen Funkenregen. Ein Flämmchen loderte am Docht auf, erlosch jedoch sofort wieder mit kläglichem Flackern.
Barnevelt versuchte es immer wieder, bis er sich den Daumen wundgerieben hatte, doch er bekam das Ding nicht mehr an.
»Verdammt!« schimpfte er. »Entweder ist es leer, oder es ist bei unserer Floßfahrt heute Nachmittag zu nass geworden.
Wir müssen versuchen, das Reisig allein mit den Funken in Brand zu setzen.«
Nach mehreren vergeblichen Versuchen gab er dieses Vorhaben auf und steckte das Feuerzeug wieder weg. Das Kinn in die Hand gestützt, saß er da und überlegte. Nach einer Weile stand er auf und begann die stehenden und umgefallenen Bäume rundum abzutasten und abzuklopfen.
»Was macht Ihr da, edler Herr?« fragte Zei erstaunt.
»Ich will etwas versuchen, das möglicherweise nicht klappen wird. Gebt mir doch mal einen von Euren Sandalenriemen.«
Die Zeit verrann, während Barnevelt schnitt und schnitzte und bastelte und hantierte. Schließlich hatte er einen hölzernen Bogenbohrer zusammengebastelt, dazu ein rohes Brett, das er von einem der umgestürzten Bäume geschnitten hatte. Es trug an einem Ende eine Kerbe.
»Und jetzt sucht mir Zunder – aber richtig trocken muss das Zeug sein, hört Ihr?«
Sofort begann er mit dem Bohrer zu arbeiten. Das obere Ende des Bohrers hielt er mit einem Stück Holz fest, in das er eine Höhlung geschnitten hatte, damit ihm das Ding beim Drehen nicht wegrutschte. Er drehte und drehte. Nichts tat sich.
»Was …«, setzte Zei an.
»Der Zauber«, knurrte Barnevelt, »wirkt nicht, wenn eine Frau in einem Umkreis von zehn Hoda ein Wort verlauten lässt.«
Er bohrte unbeirrt weiter. Im Osten wurde der Himmel langsam hell.
Als schließlich die Sterne einer nach dem andern verblassten, begann es an der Spitze des Bohrers zu rauchen. Barnevelt legte noch einen Zahn zu, bis das untere Ende des Bohrers rot zu glimmen begann. Vorsichtig schob er etwas Zunder darunter, blies behutsam und bohrte weiter. Mit leisem Knistern züngelte ein Flämmchen auf und tanzte wie ein Irrlicht über das Häufchen Reisig.
Barnevelt schürte das Flämmchen, zog vorsichtig seinen Apparat weg und hatte bald ein ordentliches Feuer entfacht. Er atmete erleichtert auf und sagte: »Dem Himmel sei gedankt, dass ich als Kind bei den Pfadfindern war!«
»Dass Ihr wobei wart?«
»Ach, nichts weiter – schon gut. Verflucht, ich habe mir bei der Bohrerei Blasen an den Händen geholt! Ich – was ist das denn?«
Aus den dunklen Tiefen des Waldes drang ein lang gezogener Tierlaut. Es hörte sich an, als hätte jemand mit einer Säge über die Bass-Saite eines Cellos gestrichen.
Zei drückte sich ängstlich an ihn. »Ein Yeki auf der Jagd!«
»Ihr meint, eins von diesen langen braunen Viechern?« Barnevelt langte nach dem Griff seines Schwertes und spähte mit zusammengekniffenen Augen in das Dunkel des Waldes. »Wir brauchen mehr Feuer«, knurrte er und legte ein paar zusätzliche Zweige auf.
Das Feuer loderte auf. Gebannt starrten sie noch eine ganze Weile in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war; doch bis auf das Plätschern von Wasser und das Rascheln der Blätter durchdrang kein Laut die Stille.
»Wo sind wir wohl?« fragte Barnevelt schließlich.
Zei überlegte. »Ich bemühe mich gerade, mir die Geographie, die ich als Kind lernen musste, wieder
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