Die Rettung von Zei
fürchterliches Getöse aus den Wäldern ringsum erhob.
Eine Horde von Wesen brach aus dem Unterholz und rannte auf die drei zu. Sie waren von annähernd menschlicher Größe und Gestalt, jedoch mit Schwänzen ausgestattet. Ihre Köpfe hatten entfernte Ähnlichkeit mit denen irdischer Paviane. Sie waren nackt, stark behaart und schwangen steinzeitliche Keulen und Speere.
»Lauft!« kreischte Chask.
Die drei rannten zur Mündung des Bachs und liefen dann westwärts entlang der Küste, die an dieser Stelle in Form eines konkav gewölbten Strandes verlief und in einem felsigen Vorgebirge endete. Barnevelt und Zei überholten Chask, der ein ganzes Stück kleiner war als sie und Mühe hatte, mit ihnen Schritt zu halten. Hinter ihnen hörten sie das Geheul der Tiermenschen. Barnevelt hörte, dass sie aufholten.
Ein plötzliches Verstummen des Lärms ließ Barnevelt einen Blick nach hinten werfen. Was er sah, erfüllte ihn mit Grauen. Chask war über einen Stein gestolpert und hingefallen. Bevor er sich wieder aufrappeln konnte, hatten die Tiermenschen ihn erreicht und sich auf ihn gestürzt. Barnevelt blieb stehen und griff nach seinem Schwert, doch im selben Moment wurde ihm klar, dass Chask unter dem Hagel von Schlägen und Stichen sein Leben schon ausgehaucht haben musste. Sich jetzt den Wilden entgegenzuwerfen, hätte bedeutet, sein eigenes Leben sinnlos zu opfern.
Er rannte weiter. Sie hetzten den Felsen hinauf und suchten sich, von Fels zu Fels springend, einen Weg über das Vorgebirge, bis sie wieder auf einen schmalen Streifen flachen Strandes gelangten.
»Ao, Zei!« keuchte Barnevelt. »Hier hinein!«
Gleich am Anfang des Strandes stand ein großer alter Baum, der von der Brandung so stark unterspült worden war, dass seine riesigen Wurzeln freilagen. Der Baum neigte sich bedrohlich zum Meer hin, und der nächste Sturm würde ihn vollends entwurzeln und ins Wasser kippen lassen; doch bis dahin bildete die kleine Höhle, die die Flut unter ihm freigespült hatte, ein ideales Versteck.
Die beiden krochen zwischen den Wurzeln hindurch in den kleinen Hohlraum. Dabei lösten sie einen Hagel loser Erdbrocken aus, der ihnen auf den Kopf prasselte und gleichzeitig eine ganze Anzahl vielfüßiger Kriechtiere aufscheuchte, die sich ebenfalls im Schutz der kleinen Höhle verkrochen hatten. Eines davon verirrte sich unter Barnevelts Jacke und kroch dort hektisch herum, auf der verzweifelten Suche nach einem Ausgang. Barnevelt klopfte sich wie ein Wilder auf der Brust herum, um das störende Biest zu zerquetschen, dessen Füße unangenehm auf der Haut kitzelten. Nach mehreren vergeblichen Versuchen hatte er es endlich erwischt. In seinem Todeskampf biss es ihm so heftig in die Brust, dass er die Zähne zusammenbeißen musste, um nicht einen lauten Schmerzensschrei auszustoßen.
Sie krochen so tief in den Hohlraum hinein, wie es eben ging. Als sie sich wieder umdrehten, stellten sie fest, dass sie von ihrer Stelle aus den Strand schon nicht mehr sehen konnten: Die Baumwurzeln, die vom Dach ihres Refugiums herabhingen wie Barten vom Gaumen eines Wals, bildeten einen dichten Vorhang.
Gut, dachte Barnevelt, wenn ich von innen nichts sehen kann, dann können uns die Verfolger folglich auch nicht von draußen sehen. Aber wie sieht’s mit Fußspuren aus? Zwischen dem nassen Sand und der Uferböschung, auf der der Baum stand, lag ein schmaler Streifen trockenen Sandes, kaum mehr als einen Meter breit. Sie konnten nur hoffen, dass dieser sie nicht verraten würde. Sie hockten zusammengekauert in ihrem Loch und wagten kaum zu atmen, aus Angst, die Wilden könnten sie hören und aufstöbern.
Der Lärm, der das Abschlachten von Chask begleitete, erstarb. Nackte Füße trotteten vorüber. Pisch, patsch, machten sie auf dem nassen Sand. Barnevelt hörte, wie die Tiermenschen sich in ihrer Sprache etwas zuriefen. Da er kein Wort verstand, befürchtete er, dass sie bereits dabei waren, einen Angriff auf die Höhle zu planen, und er bereitete sich innerlich darauf vor, in der nächsten Minute den ersten Pavianschädel vor sich aufleuchten zu sehen und mit seinem Schwert nach ihm zu stechen. Er war wild entschlossen, seine Haut so teuer wie möglich zu verkaufen.
Doch dann, ganz plötzlich, entfernten sich die Schritte wieder, und bald war nur noch das Rauschen der Brandung und das Seufzen des Windes zu hören. Trotzdem blieben die beiden noch stundenlang in der Höhle hocken.
Barnevelt flüsterte: »Würde mich nicht wundern,
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