Die Rettung von Zei
Ich habe mich sogar mit Castanhoso angefreundet, dem obersten Polizisten der Terraner. Auf diese Weise bin ich auch an den verdammten Vogel gekommen, den ich Eurer Mutter als Geschenk mitbrachte.« Barnevelt spielte damit auf Philo an, den unsäglichen Papagei, den er als Geschenk für Königin Alvandi in einem Käfig nach Ghulinde mitgeschleppt hatte.
»Wie gelangte dieses Wesen überhaupt nach Novorecife, so weit von seinem Heimatplaneten entfernt?«
»Es gibt da einen kosmotheistischen Missionar namens Mirza Fateh, der auf den cetischen Planeten umherreist, um seinen Kult zu verbreiten. Offenbar hat er ihn von der Erde mitgebracht. Ihr seid doch nicht etwa auch Kosmotheistin?«
»Gute Varzai, nein! Die Anbetung der Göttlichen Mutter verlangt schon genug für eine Person meines Standes. Wie, sagtet Ihr doch gleich, wird dieser Terraner geheißen?«
»Mirza Fateh. Kennt Ihr ihn?«
»Der Name rührt eine Saite meines Gedächtnisses an – aber nein, ich kenne ihn doch nicht. Bitte fahrt fort.«
»Mirza ist zweifellos ein Schwindler, doch darf man nicht übersehen, dass auch er Schlimmes zu erdulden hatte. Seine Frau und sein Kind fanden bei einem Raubüberfall auf dem Zug zwischen Majbur und Jazmurian den Tod. Jedenfalls tauchte er vor nicht allzu langer Zeit mit dem zänkischen Biest von einem Vogel in der Stadt auf. Aber die Behörden von Novorecife verweigerten ihm die Weiterreise mit dem Vogel, da sie befürchteten, er könne möglicherweise irgendwelche terranischen Krankheiten nach Krishna einschleppen. Und da Mirza in Eile war und keine Zeit hatte zu warten, bis sichergestellt wäre, dass der Papagei gesund war, gab er ihn einem der dort ansässigen Terraner, und Castanhoso gab ihn schließlich mir.«
»Dann findet Ihr also nicht alle Erdbewohner grausam, verlogen, arrogant, verschlagen, feige und schurkisch?«
Barnevelt hob die Brauen und mit ihnen die aufgeklebten Antennen. »Ganz und gar nicht. Terraner sind wie Krishnaner. Es gibt unter ihnen gute, böse und gleichgültige, und die meisten sind eine Mischung aus allen drei Typen. Herrscht denn in Qirib eine solch schlechte Meinung über die Terraner vor?«
»Bei der Mehrzahl ja. Obwohl nur wenige es wagen würden, die Hand gegen einen echten Erdenmenschen zu erheben, aus Furcht vor den tödlichen Kräften, die man diesen unheimlichen Wesen aus den Tiefen des Alls nachsagt, so werden sie doch verachtet und gefürchtet. In Ghulinde als ›Terranerliebchen‹ bekannt zu sein, bedeutet, dass einem die Kinder auf der Straße Steine nachwerfen. Solche Haltung indes ist mir fremd. Auch wenn ich bis heute keinen Erdling je näher kennen gelernt habe, so deucht mir doch, dass die Meinung, die Ihr über sie kundgetan habt, der Wirklichkeit näher kommt als jene meiner Landsleute. Doch ich hemme den Lauf Eurer Erzählung, Herr. Lasst uns daher die Zügel Eurer geistvollen Erzählung wieder aufnehmen und vorwärtssprengen auf den fliegenden Ayas Eurer höchst erbaulichen Gedanken.«
Barnevelt erzählte von seiner und Tangaloas (alias Tagde von Vyutrs) abenteuerlicher Fahrt den Pichide flussabwärts ins pulsierende Majbur, von dort mit dem Bishtar-Zug zu der liederlichen Hafenstadt Jazmurian, und von dort aus weiter mit der Postkutsche nach Ghulinde. Er erzählte von dem Zwischenfall in der Schenke in Jazmurian, als sein geheimnisvoller Feind Vizqash (derselbe, der ihm in Novorecife einen Hinterhalt gelegt hatte) einen Streit mit Barnevelts Zimmergefährten Sishen vom Zaun gebrochen hatte, einem, soweit Barnevelt beurteilen konnte, harmlosen Touristen vom Planeten Osiris.
Er berichtete auch von dem Versuch, ihm auf der Straße nach Ghulinde einen Hinterhalt zu legen. Er sprach langsam, achtete auf jedes Wort, das er sagte, um nicht ungewollt eine Einzelheit zu verraten, die ihn als Dirk Barnevelt enttarnt hätte. Selbstverständlich erzählte er nichts von seinem Leben auf der Erde oder von seiner früheren Karriere als Englischlehrer auf einer höheren Schule, die er zugunsten seines Jobs als PR-Mann bei Igor Shtain, Limited, an den Nagel gehängt hatte. Desgleichen verkniff er sich natürlich auch zu erwähnen, dass er sich zur Mitwirkung an dieser Expedition nicht zuletzt auch deshalb hatte breitschlagen lassen, weil er endlich einmal der Fuchtel seiner herrschsüchtigen Mutter hatte entrinnen wollen.
»Noch immer keine Bauchschmerzen«, schwenkte er zum Abschluss seiner Erzählung wieder auf aktuellere Belange ein. »Das heißt, dass wir wohl davon
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