Die Rettung von Zei
ausgehen können, dass diese Tiere genießbar sind. Hier habt Ihr auch einen Spieß.«
Durch diese kärgliche Mahlzeit aus nicht gerade nahrhaftem Seegetier einstweilen, wenn auch nur unbefriedigend gestärkt, arbeiteten sie sich weiter nach Westen vor. Barnevelt hielt zwar ständig nach Essbarem Ausschau, aber der Wald von Rakh schien in dieser Hinsicht nicht viel zu bieten. Er kostete probeweise hier und da ein paar Beeren, brachte jedoch nicht den Mut auf, von den ekelerregend aussehenden, aber vielleicht essbaren Pilzen zu probieren, die überall auf Schritt und Tritt aus dem Boden wucherten. Eine saftig leuchtende orangenartige Frucht entpuppte sich beim öffnen als strohtrockenes Gewächs, das nur Samenkörner, aber kein Fruchtfleisch enthielt. Aus ihrer harten, trockenen Schale ließen sich jedoch zwei brauchbare Trinkgefäße fertigen.
Als der Abend nahte, schwenkte die Küstenlinie von Rakh so hart nach Norden, dass Barnevelt sagte: »Morgen werden wir uns wohl landeinwärts schlagen müssen, wenn wir jemals die Straße von Shaf nach Malayer erreichen wollen.«
»Wie wollt Ihr die Richtung bestimmen, wenn wir erst die Küste, unseren Wegweiser, verlassen haben? Bedenkt, wir verfügen über keine Seemannsnadel.«
»Wir richten uns nach der Sonne. Wenn wir so gehen, dass wir sie morgens im Rücken haben und nachmittags vor uns, dann stimmt unsere Richtung.«
»Und mittags, wenn der lebensspendende Roqir direkt über unseren Häuptern steht?«
»Diese Zeit werden wir zur Rast und zur Nahrungssuche nutzen. Ich hatte nie gedacht, welch harte Arbeit es ist, ein Wilder zu sein, der sich seine Nahrung selbst suchen muss.«
»Wie wahr, teurer Gesprächspartner. Doch wären wir Eingeborene des Waldes, so würden wir gewisslich viele essbare Dinge erkennen, die wir in unserer zivilisierten Unwissenheit übersehen.«
»Wie das da zum Beispiel«, sagte Barnevelt und zeigte auf ein vielfüßiges Etwas, das gerade verschreckt unter einen flachen Stein kroch.
Er hatte nach einem Bach Ausschau gehalten. Und wenig später stießen sie dann auch tatsächlich auf einen. Er ergoss sich, wenige Meter von der Basis einer sandigen kleinen Halbinsel entfernt, in die Sabadao-See.
»Rasten wir dort draußen«, schlug Barnevelt vor. »Dort sind wir wenigstens einigermaßen vor einem Überraschungsangriff geschützt; zumindest können wir rechtzeitig sehen, wer über uns herfallen will.«
Sie nahmen wieder ein karges Mahl zu sich. Zu Beginn ihres Marsches durch Rakh hatte Barnevelt sich geschworen, die Finger von Zei zu lassen. Wenn sie erst einmal anfingen, sich auf dem weichen Waldboden der Sinnenlust hinzugeben, würde das Resultat ähnlich sein wie bei Atalanta und Meilanion. Zwar erwartete Barnevelt nicht, wie jene von einer beleidigten Gottheit in einen Löwen verwandelt zu werden, aber im Endeffekt würde seiner ein nicht minder unangenehmes Schicksal harren. Und so war er denn auch einigermaßen erleichtert, als er entdeckte, dass ihm seine selbstauferlegte Abstinenz weit weniger zu schaffen machte als befürchtet, wobei er natürlich nicht übersah, dass die Müdigkeit und der bohrende Hunger das ihre taten, etwaige erotische Gelüste entscheidend zu dämpfen.
Barnevelt entdeckte einen schon früh abgestorbenen Baum, fällte ihn, hackte ein paar Meter Brennholz ab und ließ seinen Bohrer schnurren. Die Technik des Feuermachens fiel ihm mit der Übung immer leichter. Trotzdem hoffte er, dass das Wetter trocken bleiben würde, bis sie die Straße erreichten. Denn so sehr fühlte er sich noch nicht als Experte, als dass er sich zugetraut hätte, durch Aneinanderreihen nasser Hölzer Feuer zu machen.
»Wir sollten besser schichtweise schlafen«, sagte er. »Dumm genug von uns, dass wir das nicht in der vorigen Nacht schon so gemacht haben.«
Hunger und Kälte weckten ihn aus seiner ersten Schlafperiode auf. Als er zu Zei hinüberschaute, sah er, dass sie an einen Felsen gelehnt friedlich eingeschlummert war. Taktvoll verkniff er sich eine Bemerkung. Er schürte das Feuer und nahm seine Wache auf.
Ein logistisches Problem beschäftigte ihn, während er dasaß und nachdachte: Wenn sie sich genügend Zeit zum Beschaffen ausreichender Nahrung nahmen, dann fehlte ihnen genau diese Zeit zum Weitermarschieren. Wenn sie sich andererseits mit den wenigen Beeren und Safqa beschieden, die man in wenigen Stunden Nahrungssuche sammeln konnte, dann würden sie mit jedem Tag schwächer werden. Auf diese Weise wäre das Ergebnis
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