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Die Revolution der Ameisen

Die Revolution der Ameisen

Titel: Die Revolution der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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erklärt weise, es sei eine für die Finger typische Krankheit, für bestimmte Individuen eine besondere Vorliebe zu entwickeln.
     

134. EIN SCHÖNER TAG
     
    Während sie ihrer Mini-Revolution eine feste Grundlage zu geben versuchten, erlebten die acht ›Ameisen‹ staunend, daß der Geist eines einzelnen sich zum Kollektivgeist erweitern konnte. Für Julie war es geradezu eine Offenbarung, daß der Geist nicht ans Gefängnis des Körpers und die Intelligenz nicht an die Schädelhöhle gebunden war. Wenn sie es wollte, konnte ihr Geist aus dem Schädel entfliehen und sich in einen Lichtschleier verwandeln, der immer größer wurde und sich um sie herum ausbreitete.
    Ihr Geist war imstande, die ganze Welt zu umhüllen! Sie hatte immer gewußt, daß sie nicht nur ein großer Sack voller Atome war, aber sie hätte nie geglaubt, daß es ein solches Gefühl spiritueller Allmacht gab …
    Doch zugleich hatte sie noch ein anderes Gefühl: »Ich bin nicht wichtig.« Seit sie sich in der Gruppe revolutionärer Ameisen verwirklichen konnte, war sie nicht mehr ständig nur mit sich selbst beschäftigt. Sie konnte jetzt sozusagen neben sich stehen und ihr eigenes Verhalten beobachten, so als wäre sie nicht direkt betroffen. Ihr Leben war nur eines von vielen, und sie durfte es nicht dramatisieren.
    Julie fühlte sich leicht und beschwingt. Sie lebte und würde eines Tages sterben – eine im Grunde unwichtige Angelegenheit. Wichtig war nur, daß ihr Geist Zeit und Raum durchqueren und wie ein riesiger Lichtschleier davonfliegen konnte, denn das machte sie unsterblich.
    »Guten Tag, mein Geist«, murmelte sie vor sich hin.
    Derart beflügelt, stellte sie Tische auf, schleppte Stühle, steckte Gabeln als Zeltpflöcke in den Boden, plauderte mit den Amazonen, trank zwischendurch etwas Met und trällerte bei all dem fröhlich vor sich hin.
    Am dritten Tag der Schulbesetzung waren die Revolutionäre damit beschäftigt, Stände aufzubauen, um ihre Projekte präsentieren zu können. Zunächst hatten sie das einfach in Klassenzimmern tun wollen, aber Zoé hatte gemeint, es wirke viel einladender, die Vorhaben unten auf dem Hof vorzuführen, in der Nähe der Zelte und des Podiums, weil dort jeder sie besuchen und sich an der Arbeit beteiligen könne.
    Ein Tipi, ein Computer, eine Stromleitung und ein Telefon genügten, um eine lebensfähige wirtschaftliche Zelle zu bilden.
    Die moderne Computertechnik machte es möglich, daß die meisten Projekte schon nach wenigen Stunden vorzeigbar waren. Hatte die Russische Revolution das Schlagwort
    ›Sowjets plus Elektrifizierung‹ geprägt, so galt für diese Revolution ›Ameisen plus Informatik‹.
    Léopold stellte in seinem Architekturstand ein Modell aus Knetmasse seines idealen Hügelhauses vor und erklärte das Prinzip kalter und warmer Luftströmungen, die zwischen Erde und Mauern zirkulieren würden, um die Thermik wie in einem Ameisenhaufen zu regulieren.
    In Davids Stand ›Fragenzentrum‹ gab es nicht viel mehr als einen Computer mit großem Bildschirm und eine Festplatte zu sehen, wo die Informationen gespeichert und sortiert wurden.
    Sein ehrgeiziges Projekt stieß auf großes Interesse, und mehrere Leute erboten sich spontan, ihm beim Aufbau eines wirklich dichten Informationsnetzes zu helfen.
    Am Stand ›GmbH Revolution der Ameisen‹ gab Ji-woong Auskunft über ihre diversen Aktivitäten und Pläne. Schulen, Universitäten und sogar Kasernen aus aller Welt interessierten sich schon dafür und wollten selbst ähnliche Experimente durchführen. Ji-woong beriet sie aufgrund seiner dreitägigen Erfahrungen: zuerst ein großes Fest veranstalten und dann eine GmbH mit Filialen gründen, was durch die moderne Computertechnik leicht zu machen war.
    Der Koreaner erhoffte sich von einer geografischen Ausbreitung der Revolution eine Bereicherung durch neue Initiativen. Unermüdlich erklärte er die Symbole ihrer Revolution: die Ameisen, die Formel 1 + 1 = 3, den Met und das Spiel ›Eleusis‹; außerdem empfahl er allen, ihre Zelte ebenfalls in konzentrischen Kreisen aufzubauen, mit einem Lagerfeuer in der Mitte und einem Podium in der Nähe.
    Narcisse hatte sich an seinem Modestand mit Amazonen und anderen Helferinnen umgeben. Einige fungierten als Mannequins, andere malten nach genauer Anleitung des Modeschöpfers bunte Insektenmotive auf weiße Bettlaken.
    Zoé konnte an ihrem Stand nicht viel zeigen, aber sie erklärte ihr Projekt, durch Nasenantennen eine Absolute Kommunikation

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