Die Revolution der Ameisen
sie zitterte vor Angst und Wut. Die Bewohner von Infra-World
hatten versucht, ihre Schöpfergöttin zu ermorden!
Lucie verarztete die Blondine, und Arthur untersuchte währenddessen die Komponenten hinter dem explodierten Bildschirm.
»Unglaublich! Sie haben eine informatische Botschaft geschickt, um den Kontrollmechanismus des Bildschirms zu täuschen. Die elektronische Sicherung dachte, das Gerät arbeite mit 220 V, während die Spannung in Wirklichkeit nur 110 V
betragen darf. Diese vermeintliche Überbelastung hat die Explosion ausgelöst.«
»Sie haben sich also Zugang zu unserem Informationsnetz verschafft«, stellte Ji-woong beunruhigt fest. »Es ist ihnen möglich, in unsere Welt einzugreifen.«
»Man sollte nicht in aller Unschuld Gott spielen wollen«, kommentierte Léopold.
»Wir müssen Infra-World abschalten«, schlug David vor.
»Diese Leute könnten uns gefährlich werden.« Er machte eine Kopie auf Diskette und löschte dann das Programm von der Festplatte.
»So, jetzt sind sie inaktiviert. Rebellisches Volk, nun bist du auf deine primitivste Lebensform reduziert – auf eine simple Diskette!«
Alle betrachteten die Diskette, so als wäre sie eine Giftschlange.
»Und was machen wir jetzt mit dieser Welt?« fragte Zoé.
»Sollen wir sie vernichten?«
»Nein, auf gar keinen Fall!« schrie Francine, die sich inzwischen weitgehend vom Schock erholt hatte. »Auch wenn sie aggressiv geworden sind, muß man das Experiment fortsetzen.«
Sie bat Arthur um einen anderen Computer. Ein alter würde vollauf genügen, meinte sie. Nachdem sie sich vergewissert hatte, daß dieser Computer kein Kontrollmodem hatte und auch mit keinem anderen Gerät verbunden war, legte sie die Diskette ein und setzte den Apparat in Betrieb.
Infra-World begann sofort wieder zu leben, ohne daß die Milliarden Bewohner bemerkt hatten, daß sie auf einer Diskette gespeichert worden waren. Bevor sie wieder aggressiv werden konnten, beraubte Francine sie des Bildschirms, der Tastatur und der Maus. Von nun an konnten die Bewohner weder mit ihren Göttern noch mit sonst jemandem Kontakt aufnehmen.
»Sie wollten emanzipiert sein. Nun, jetzt sind sie es!«
verkündete Francine voller Genugtuung. »Sie sind völlig sich selbst überlassen.«
»Warum läßt du sie dann überhaupt leben?« fragte Julie.
»Es könnte interessant sein, eines Tages nachzuschauen, wie es ihnen geht …«
Nach diesen Aufregungen zogen sich die sieben Freunde jeder in seine Schlafkammer zurück. Julie hüllte sich in ihre frischen Laken.
Immer noch allein. Sie war sicher, daß Ji-woong zu ihr kommen würde. Sie mußten dort anknüpfen, wo sie unterbrochen worden waren.
Nun, da alles so schnell ging und so gefährlich wurde, wollte sie die Liebe kennenlernen.
Es klopfte leise an der Tür. Sie sprang rasch auf und öffnete.
Es war wirklich der Koreaner.
»Ich hatte solche Angst, dich nie wiederzusehen«, murmelte er, während er sie in die Arme nahm.
Sie stand regungslos da.
»Wir haben einen so zauberhaften Augenblick erlebt, als …«
Er umarmte sie noch fester, aber sie machte sich von ihm frei.
»Was ist denn los?« fragte der junge Mann verwirrt. »Ich dachte, du …«
»Diese Verzauberung erlebt man nur einmal, und außerdem
…«
Der Koreaner wollte seine heißen Lippen auf ihre Schulter pressen, aber Julie wich zurück.
»Seitdem ist soviel geschehen … Aller Zauber ist verflogen.«
Ji-woong konnte ihr Verhalten beim besten Willen nicht verstehen. Sie selbst auch nicht.
»Aber du bist im Gymnasium doch zu mir …« Ohne den Satz zu beenden, fragte er sanft: »Glaubst du, daß der Zauber zurückkehren könnte?«
»Das weiß ich nicht. Doch jetzt möchte ich allein sein. Bitte geh.«
Sie küßte ihn flüchtig auf die Wange, schob ihn hinaus und schloß leise die Tür.
Als sie wieder im Bett lag, fragte sie sich, warum in aller Welt sie ihn zurückgestoßen hatte, obwohl sie ihn so begehrte.
Sie hoffte, daß der Koreaner zurückkommen würde. Dann wollte sie sich ihm sofort in die Arme werfen, bevor er auch nur ein einziges Wort hervorbringen konnte, wollte sich ihm bereitwillig hingeben … Es klopfte. Sie sprang auf. Aber es war nicht Ji-woong, sondern David.
»Was machst du denn hier?«
Er tat so, als hätte er nicht verstanden, setzte sich auf die Bettkante und schaltete die Nachttischlampe ein.
»Ich bin ein bißchen in den Labors spazierengegangen, habe mich überall umgesehen und habe auf einem Strohsack das hier
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