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Die Revolution der Ameisen

Die Revolution der Ameisen

Titel: Die Revolution der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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übrigens die Devise unserer ›Revolution der Ameisen‹: 1 + 1 = 3. Gemeinsam erreicht man mehr als nur das Doppelte.«
    Der Staatsanwalt lachte höhnisch, »l + 1 = 3 ist mathematischer Blödsinn, ein Verstoß gegen den gesunden Menschenverstand, eine Beleidigung für jede Logik. Wir Menschen verlassen uns nur auf naturwissenschaftliche Fakten und nicht auf irgendwelche esoterischen Formeln!«
    Der Richter verschaffte sich mit seinem Hämmerchen Gehör.
    »Dieser Intelligenztest hat zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt. Wir müssen uns einen anderen ausdenken, bei dem ein einzelner Mensch es wirklich nur mit einer einzelnen Ameise zu tun hat. Das Resultat dieses zweiten Tests wird gerichtlich anerkannt werden, wie auch immer es ausfallen mag.«
    Er beauftragte den Gerichtspsychologen, einen völlig objektiven und unanfechtbaren Test auszuarbeiten, und danach gewährte er dem bekanntesten Journalisten des nationalen Fernsehens ein Exklusivinterview.
    »Was hier vorgeht, ist hochinteressant, und ich glaube, daß möglichst viele Pariser nach Fontainebleau kommen sollten, um uns Menschen gegen die Ameisen zu unterstützen.«
     

230. GEDÄCHTNISPHEROMON: MEINUNG
     
    Registratorin Nr. 10 MEINUNG:
     
    Die Finger sind kaum noch in der Lage, sich eine eigene Meinung zu bilden.
    Während alle anderen Tiere eigenständig denken und bei der Meinungsbildung von persönlicher Beobachtung und Erfahrung ausgehen, denken alle Finger das gleiche, nämlich das, was der Moderator der Zwanzig-Uhr-Nachrichten ihnen suggeriert. Das könnte man als ›Kollektivgeist‹ der Finger bezeichnen.

231. MAN SIEHT
    Der Psychologe dachte lange nach. Er zog Kollegen, Zeitschriftenredakteure und Erfinder von Spielen zu Rate.
    Welch eine Herausforderung, ein Spiel zu finden, das für Mensch und Ameise gleich gut geeignet war! Und welches Spiel stellte eigentlich die Intelligenz eindeutig unter Beweis?
    Natürlich gab es Schach, Go und Dame, aber wie sollte man die Spielregeln einer Ameise erklären? Diese Spiele gehörten zur menschlichen Kultur, genauso wie das Mah-Jongg, Poker und Hüpfspiele. Womit könnten Ameisen spielen?
    Der Psychologe dachte an Mikado, weil Ameisen sich die Zweige, die sie für irgend etwas gebrauchen können, geschickt unter den unbrauchbaren heraussuchen, aber Mikado war ein reines Geschicklichkeitsspiel, das keine Intelligenz erforderte.
    Womit spielen Ameisen? Sie spielen überhaupt nicht, entschied der Psychologe. Sie erforschen neues Terrain, sie kämpfen, sie beschaffen Nahrung und kümmern sich um ihre Brut. Alle Beschäftigungen haben irgendeinen praktischen Nutzen.
    Solche Überlegungen führten dazu, daß der Psychologe sich für das Labyrinth als universelles Spiel entschied, denn jedes Geschöpf, das an einem unbekannten Ort eingesperrt wird, versucht instinktiv, den Weg ins Freie zu finden.
    Von der Größenordnung einmal abgesehen, mußten beide Labyrinthe völlig identisch sein, damit Mensch und Ameise die gleichen Schwierigkeiten zu bewältigen hatten.
    Das Labyrinth für den Menschen wurde im Hof des Justizpalastes aus Metallplatten aufgebaut und mit Papier verkleidet. Das Labyrinth für die Ameise hatte Papierwände und befand sich in einem großen durchsichtigen Terrarium, zu dem keine andere Ameise Zutritt hatte.
    Wie beim letzten Spiel entschied man sich für zwei Zufallskandidaten. Der Polizist und der Gerichtsdiener sprachen auf der Straße einen blonden Studenten an, und die Ameise holte man aus einem Blumentopf am Fenster der Concierge des Justizpalastes.
    Am Ende des Labyrinths mußten die Kandidaten auch diesmal ein rotes Lämpchen berühren, das einen Klingelton auslösen würde, und auch diesmal wurde das Lämpchen für die Ameise mit Honig bestrichen.
    Gerichtsdiener und Beisitzer fungierten als Linienrichter. Der Vorsitzende gab das Startsignal, und ein Polizist setzte die Ameise ins Terrarium.
    Der Mensch machte sich sofort auf den Weg. Die Ameise saß regungslos da. An einem fremden Ort durfte man nie überstürzt handeln, das war eine alte Ameisenweisheit. Sie begann sich seelenruhig zu putzen, denn eine andere Weisheit besagte: An einem fremden Ort muß man seine Sinne schärfen.
    Auf großen Leinwänden im Gerichtssaal konnte man beide Kandidaten beobachten. Julie und ihre Freunde waren sehr beunruhigt, daß die Ameise sich nicht von der Stelle rührte, und auch Nr. 103, Nr. 24 und die anderen gefangenen Ameisen, die das Spiel auf ihrem kleinen Fernseher verfolgen konnten, waren

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