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Die Richter des Königs (German Edition)

Die Richter des Königs (German Edition)

Titel: Die Richter des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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vorhin spracht, war Amoret St. Clair? Die Mätresse des Königs?«
    »Ja, bedauerlicherweise«, bestätigte Jeremy mit einem Seufzer.
    »Ah, Ihr seid eifersüchtig.«
    »Nein, nur besorgt um ihr Seelenheil.«
    »Ich bin sicher, ihr Beichtvater erlegt ihr eine Buße auf und erteilt ihr dann die Absolution, auch wenn er ihr Verhalten missbilligt.«
    »Was bleibt mir anderes übrig!«
    Alan verschluckte sich an seiner Schokolade, als er die Bedeutung der letzten Bemerkung begriff.
    »Sie ist Euer Beichtkind? Ihr … Ihr seid Priester?«, stieß er mit gesenkter Stimme hervor.
    Jeremy lächelte amüsiert.
    »Seid Ihr überrascht?«
    »Wenn ich ernstlich darüber nachdenke … Eigentlich nicht«, stammelte Alan, der die Enthüllung noch nicht ganz verkraftet hatte. »Ihr wart schon immer ein vergeistigter Mensch, der kein Interesse an körperlichen Genüssen hatte. Aber warum genügte Euch das Studium der Medizin nicht? Ihr hättet einen begnadeten Arzt abgegeben.«
    »Der nichtsdestoweniger den meisten Krankheiten hilflos gegenübergestanden hätte. Es schien mir wichtiger, mich der Seelen der Menschen anzunehmen, damit sie für das Leben nach dem Tod vorbereitet sind. So ging ich nach Rom und trat dort der Gesellschaft Jesu bei.«
    »Ihr wart also als Missionar in Indien. Was Euch nicht hinderte, die dortige Medizin zu studieren.«
    »Eine meiner Schwächen, zugegeben«, erklärte Jeremy ohne die geringste Spur von Zerknirschung.
    Alans Gesichtsausdruck hatte sich mehr und mehr verdüstert, während ihm die Konsequenzen von Jeremys Handeln bewusst wurden. »Weshalb seid Ihr nach England zurückgekehrt?«, fragte er missbilligend. »Warum setzt Ihr Euch solcher Gefahr aus? Die Gesetze sind offiziell immer noch in Kraft. Ihr könnt von der Straße weg verhaftet und als Hochverräter hingerichtet werden, nur weil Ihr es als katholischer Priester und obendrein als Jesuit gewagt habt, englischen Boden zu betreten!«
    »Ihr wisst sehr gut, dass dieses Gesetz seit der Thronbesteigung unseres Königs nicht mehr angewendet wurde«, erinnerte Jeremy ihn gleichmütig.
    »Die Zeiten können sich auch wieder ändern. Und gerade hier in London, wo der puritanische Einfluss noch immer stark ist, hat die Bevölkerung eine Heidenangst vor der römischen Kirche.«
    »Ich weiß. Deshalb lebe ich hier unter dem Namen Fauconer. Außer dem Wirt dieser Schenke und den Katholiken, die ich betreue, weiß niemand, dass ich katholischer Priester bin.«
    »Stört es Euch nicht, ein Leben im Verborgenen führen zu müssen?«
    »Nein. Ihr wisst, ich vergrabe mich gerne in meine Studien und mache mir nicht viel aus Gesellschaft. Aber nun haben wir genug über mich gesprochen. Erzählt mir von Eurer Sektion. Habt Ihr die Todesursache festgestellt?«
    Alan berichtete in allen Einzelheiten von der Leichenschau und dem Schluss, zu dem die anwesenden Ärzte gekommen waren.
    »Ihr habt also eine Probe des Mageninhalts genommen? Habt Ihr etwas dagegen, sie mir zu zeigen? Vielleicht kann ich feststellen, ob sie tatsächlich Gift enthält.«
    Alan willigte erfreut ein. »Machen wir uns gleich auf den Weg.«
    Sie betraten den Londoner Stadtkern durch das Ludgate, eines der sieben Torhäuser der alten Festungsmauer. In der Paternoster Row versperrten die Kutschen des Adels, der bei den hier ansässigen Seiden- und Spitzenhändlern einkaufte, ständig die Straße, so dass auch für Fußgänger ein Durchkommen zuweilen mühsam wurde. Alans chirurgische Offizin befand sich im unteren Bereich eines dreistöckigen Fachwerkhauses, dessen vorkragende obere Geschosse mit prachtvollem Schnitzwerk verziert waren. Man begegnete dieser Bauweise noch überall in der Altstadt. Dabei wurde zuerst ein Gerüst aus Holz angefertigt und dann die Zwischenräume mit einem Flechtwerk aus Weidenruten ausgefüllt, das mit Lehm beworfen und verputzt wurde. Der spitze Dreiecksgiebel überragte die Straße, so dass man das rote Ziegeldach nur sehen konnte, wenn man von der Seite hinaufblickte. In den bleigefassten Glasscheiben der Erkerfenster spiegelte sich die Sonne wie in den Facetten eines geschliffenen Diamanten. Über der Eingangstür war das Zunftzeichen der Wundärzte befestigt, eine rot-weiß gestreifte Stange, an deren Ende ein Aderlassbecken hing. Vor jedem Laden fand man diese Handwerkssymbole, meist in Form von bemalten Holzschildern, die an schmiedeeisernen Trägern über die Straße ragten, damit auch der Schriftunkundige verstand, was es dort zu kaufen gab.
    Jeremy

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