Die Richter des Königs (German Edition)
Blackshaw folgte seinem Freund in die Werkstätte im Erdgeschoss, wo ein Lehrling gerade damit beschäftigt war, den Fußboden zu schrubben. Es war ein großer, getäfelter Raum mit einem breiten Holztisch für Operationen, bei denen der Patient liegen musste, sowie mehreren Stühlen mit Armlehnen, einer Fußbank und einem Schrank mit unzähligen Arzneischubladen. Die Wände waren behängt mit blank geputzten Aderlassbecken, ledernen Instrumentenfutteralen und anderen Utensilien. Auf einem hölzernen Gestell reihten sich irdene Salbentöpfe aneinander.
Jeremy, der die einzelnen Gerätschaften mit einem Blick in die Runde in sich aufnahm, war beeindruckt. Es herrschte Ordnung und Reinlichkeit. Zudem sah er zu seiner Befriedigung, dass Alan auf die von manchen seiner Zunftgenossen aus Effekthascherei aufgestellten menschlichen Skelette oder ausgestopften Tiere verzichtete.
»Hier ist die Probe des Mageninhalts«, erklärte Alan, während er einen kleinen Behälter von einem Regal nahm. Der Inhalt war zu einem grauen Pulver eingetrocknet, das der Jesuit mit einem Holzstab vorsichtig vom Boden des Glases abkratzte. Dann bat er um eine Schale aus Zinn, legte mit einer Zange ein glühendes Stück Kohle aus dem Kamin hinein und stellte sie auf den Tisch.
»Gebt Acht, dass Ihr nicht zu nah davor steht«, warnte Jeremy, bevor er einen Teil des Pulvers auf einen Löffel schüttete und es auf die Kohlenglut rieseln ließ. Es entwickelte sich ein feiner weißer Rauch.
»Riecht Ihr das?«, fragte Jeremy.
»Ein Hauch von Knoblauch«, bestätigte Alan.
»Ihr sagtet doch, der Baron habe unter heftigen Krämpfen und Lähmungserscheinungen gelitten. Außerdem seien nach dem Tod seine Finger und Zehen eigentümlich gekrümmt gewesen. All das deutet auf eine Arsenikvergiftung hin. Die Geruchsprobe ist zwar nicht absolut narrensicher, aber ich denke doch, dass sie dem Richter einen wertvollen Hinweis bei der Untersuchung des Falles liefert.«
»Ich werde es ihm so schnell wie möglich mitteilen«, meinte Alan zustimmend.
Viertes Kapitel
R ichter Trelawney verließ nachdenklich die Apotheke und blieb einen Moment unschlüssig auf der Paternoster Row stehen. Der Laufbursche sprang vom Trittbrett seiner Kutsche, um ihm den Schlag zu öffnen, doch Trelawney bedeutete ihm mit einem Wink, dass er noch nicht einsteigen wollte.
Da das Haus von Meister Ridgeway nur wenige Schritte entfernt war, hatte der Richter sich entschieden, dem Wundarzt noch einen Besuch abzustatten. Vor der Tür musste er stehen bleiben und an der Wand nach einem Halt tasten, da sich plötzlich alles um ihn zu drehen begann. Schon den ganzen Tag überkamen ihn immer wieder Anfälle von Schwindel. Dazu folterte ein hämmernder Schmerz seinen Kopf, der ihn fast blind machte. Er sehnte sich nach Ruhe, fand aber seit zwei Nächten kaum noch Schlaf und fühlte sich mittlerweile zu Tode erschöpft. Mühsam überwand er sich schließlich, die Chirurgenstube zu betreten. Alan Ridgeway begrüßte den Richter herzlich, sah ihm allerdings sofort seine Müdigkeit an und schob ihm einen Stuhl zu.
»Ich komme gerade von Meister Bloundel, dem Apotheker«, berichtete Trelawney, während er sich auf den Stuhl fallen ließ. »Er hat für Dr. Whalley die Medizin hergestellt, die dieser Baron Peckham verabreichte. Er schwört, dass sie kein Arsenik enthielt, und zeigte mir sogar das Rezept, das der Arzt ihm schickte. Wie es scheint, ist Dr. Whalley unschuldig. Ich muss Euch danken, dass Ihr mir Euren Verdacht mitteiltet, der Baron könne mit Arsenik vergiftet worden sein. Ich habe die Geruchsprobe von einem unabhängigen Apotheker vor Zeugen durchführen lassen. Arsenik entwickelt tatsächlich einen charakteristischen Knoblauchgeruch, wenn es verbrannt wird. Aber woher wusstet Ihr das?«
»Von einem Freund, einem Gelehrten, der lange Zeit auf Reisen war.«
»Ihr müsst ihn mir bei Gelegenheit vorstellen. Der Tod des Barons erscheint jetzt in einem ganz anderen Licht. Wenn es kein Versehen des Arztes war, dann war es Mord. Jemand hat Peckham absichtlich vergiftet!«
»Habt Ihr eine Ahnung, wer es gewesen sein könnte?«
»Nein«, antwortete der Richter mit einem Kopfschütteln. »Ich habe die ganze letzte Woche damit zugebracht, jedes einzelne Mitglied seines Haushalts zu verhören, die Familie ebenso wie die Dienerschaft. Es fand sich niemand, der ein Motiv hatte, Peckham umzubringen. Außer seiner Frau und seinen Kindern, die ihn natürlich beerben. Aber ich kann mir
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