Die Ringwelt-Ingenieure
Du hast dich als Autorität in Dingen ausgegeben, von denen du gar nichts weißt.«
Louis setzte sich mit dem Rücken zur beleuchteten Schaltwand. »Es erschien mir alles so logisch. Tanj, es war logisch. Hör zu: die Puppetiers hatten die Ringwelt schon jahrelang studiert, ehe wir etwas von ihrer Existenz erfuhren. Sie kannten ihre Rotationsgeschwindigkeit, ihre Größe und ihre Masse, die etwas größer ist als die Masse unseres Sol-Planeten Jupiter. Und nun betrachte dir den Himmel über diesem System. Er ist leergefegt. Da gibt es keine anderen Planeten mehr, keinen Mond, keinen Asteroid. Da gab es doch gar keine andere Lösung: die Ringwelt-Ingenieure suchten sich einen Planten von der Größe und Beschaffenheit des Jupiters aus und verwandelten ihn in Baumaterial. Sie verarbeiteten auch den übrigen planetarischen Müll und fügten ihn in der Ringwelt ein. Auch die Masse der Ringwelt entspricht ungefähr dem Planetensystem unserer Sonne.«
»Das war alles nur reine Theorie!«
»Mit der ich euch beide überzeugte. Vergiß das bitte nicht. Und Gasriesenplaneten«, fuhr Louis hartnäckig fort, »bestehen zum größten Teil aus Wasserstoff. Also mußten die Ringwelt-Ingenieure den Wasserstoff in das Ringwelt-Bodenmaterial verwandelt haben - aus welchem Stoff dieses Zeug auch immer bestehen mag. Es ist mit nichts vergleichbar, was wir auf unseren Planeten jemals erzeugt haben. Sie mußten dieses Material mit einer Geschwindigkeit umgewandelt haben, die sogar eine Supernova übertrifft. Chmeee, du mußt zugeben, wer die Ringwelt einmal gesehen hat, traute ihren Ingenieuren alles zu.«
»Auch Nessus ließ sich von dir überzeugen«, schnaubte der Kzin und vergaß, daß er ebenfalls an diese Theorie geglaubt hatte. »Und Nessus fragte Halrloprillalar Löcher in den Bauch, wie sie das Problem der Materieumwandlung gelöst hätten, und sie dachte, unser zweiköpfiger Reisebegleiter wäre ein bezaubernd leichtgläubiges Wesen. Sie band ihm den Bären von den Ringwelt-Sternenschiffen auf, die angeblich Blei transportiert hätten, um es in Treibstoff zu verwandeln. Blei! Warum denn nicht Eisen? Eisen besitzt zwar eine größere Masse, doch seine Molekularstruktur ist viel kräftiger.«
Louis lachte. »Daran dachte sie gar nicht.«
»Hast du ihr vielleicht gesagt, daß die Theorie der Materieumwandlung deinem Kopf entsprungen ist?«
»Was erwartest du von mir? Sie hätte sich nur über mich totgelacht. Und es war schon zu spät, Nessus wieder von dieser Theorie abzubringen. Denn Nessus lag damals schon im Autodock, mit einem amputierten Kopf.«
»Hmmm.«
Louis rieb sich die schmerzenden Schultern. »Einer von uns hätte es besser wissen müssen. Ich sagte dir doch schon, daß ich nach meiner Rückkehr den Computer mit dem Problem fütterte. Weißt du überhaupt, wieviel Energie man braucht, um die Masse der Ringwelt in eine Rotationsgeschwindigkeit von siebenhundertsiebzig Meilen pro Sekunde zu versetzen?«
»Warum fragst du mich?«
»Man braucht eine Menge Energie dazu. Die tausendfache Menge der jährlichen Energieabstrahlung einer Sonne, wie wir sie hier in der Ringwelt vorfinden. Wo wollten die Ringwelt-Ingenieure so viel Energie hernehmen?« Dafür hätten sie mindestens ein Dutzend Planeten von der Größe des Jupiter zerlegen müssen oder einen Super-Jupiter-Planeten, der die Masse des Jupiter mindestens ein Dutzend Male übertraf. Eine Masse, die vorwiegend aus Wasserstoff bestehen mußte. Dann mußten sie einen Teil dieses Wasserstoffes zu Kernenergie verschmelzen, um die nötige Energie für dieses Bauprojekt aufzubringen, und einen Teil von ihm sogar in magnetischen Flaschen lagern. Denn nachdem sie die Ringwelt aus den festen Bestandteilen der ausgeschlachteten Planeten erbaut hatten, mußten sie noch genügend Energiereserven übrig haben, um mit Hilfe von Fusionsraketen die Ringwelt in ihre Rotationsgeschwindigkeit zu versetzen.«
»Einsicht im nachhinein ist eine wunderbare Sache.« Chmeee rannte im Korridor auf seinen Hinterbeinen auf und ab wie ein Mensch, der tief in Gedanken versunken ist. »Wir wurden von einem verrückten fremden Wesen versklavt, um nach einer Maschine zu suchen, die nie existiert hat. Was wird deiner Meinung nach in diesem Jahr geschehen, das uns noch bleibt?«
Es war schwierig, sich optimistisch auszudrücken, wenn man nicht unter dem Wonnestrom stand. »Wir forschen. Materieumwandlung mag ja eine feine Sache sein, aber da gibt es bestimmt noch andere wertvolle Dinge auf
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