Die riskante Affaere
ein Problem?«, erkundigte sie sich.
»Nein. Überhaupt nicht.«
»Okay. Du solltest es besser Will sagen. Er bewacht deine Höhle wie ein Wolf.«
»Nimm deine Pause doch jetzt. Komm gleich mit mir rauf.«
»Geht nicht, meine Gäste warten auf ihre Getränke. Aber ich bin so schnell wie möglich da.« Sie ging eilig weiter, sein Tonfall drückte aus, dass sein Anliegen nicht das Geringste mit Arbeit zu tun hatte.
Ally blieb an der Getränkeausgabe neben Pete stehen und versuchte, sich zu beruhigen. Da Pete gerade dabei war, drei Gästen an der Bar einen langen komplizierten Witz zu erzählen, hatte sie Zeit, sich zu erholen und ihre Blicke schweifen zu lassen.
Sie sah ein Paar in den Zwanzigern, das wirkte, als ob es sich gleich heftig in die Haare kriegen würde. Drei Männer in Anzügen mit gelockerten Krawatten, die sich über Baseball unterhielten. Einen Flirt im Anfangsstadium zwischen einer Frau am Tisch und zwei Burschen an der Bar, mit viel Blickkontakt und Lächeln.
Ein weiteres Paar an einem Tisch, das Händchen haltend miteinander lachte und flirtete, obwohl beide Eheringe trugen. Offenbar waren sie glücklich verheiratet und lebten in gesicherten finanziellen Verhältnissen, wenn die teure Lederhandtasche an der Stuhllehne und die ebenso teuren Schuhe ein Hinweis waren.
Direkt am Nebentisch saß noch ein Pärchen, das in eine leise Unterhaltung vertieft war, die beide zu genießen schienen. Auch hier spürte Ally eine Intimität, die sich durch die Art der Gesten und die lächelnden Blicke mitteilte.
Sie beneidete die beiden Paare um ihre Vertrautheit. Es musste ein gutes Gefühl sein, wenn man jemandem gegenübersaß, der einem wirklich zuhörte und auch zwischen den Zeilen zu lesen verstand.
Dies alles hatte sie bei ihren Eltern beobachtet. Es war schön, so etwas zu sehen, aber wie viel schöner musste es erst sein, diese Erfahrung selbst zu machen?
Noch während sie darüber nachsann, hörte sie die drei Gäste über die Pointe von Petes Witz lachen. Ally gab ihre Bestellungen auf und wartete, wobei sie dem Stimmengewirr um sich herum lauschte und unausgesetzt ihre Blicke schweifen ließ. Bewegungen, Gesichter, Mienenspiele beobachtete.
Sie sah, wie das Händchen haltende Ehepaar Jan ein Handzeichen gab. Als die Kellnerin an ihren Tisch kam, um die Bestellung aufzunehmen, deutete die Frau auf irgendetwas in der Speisekarte. Jan beugte sich zu ihr herunter, wedelte mit einer Hand vor ihrem Mund herum, als hätte sie sich die Zunge verbrannt und verdrehte die Augen, worüber die Frau lachen musste. Offenbar hatte Jan erklärt, dass das Gericht sehr scharf war.
Nachdem Jan die Bestellung aufgenommen hatte, sah Ally, wie der Mann in einer vertrauten Geste die Hand der Frau an die Lippen zog und ihre Fingerknöchel liebkoste.
Wäre da nicht dieses winzige Fünkchen Neid gewesen, das sie veranlasste, genauer hinzusehen, wäre es ihr vielleicht entgangen. Doch so dauerte es nur wenige Sekunden, bis ihr klar wurde, dass sich das Bild verändert hatte.
Die Tasche der Frau hing immer noch über der Stuhllehne, allerdings in einem anderen Winkel als vorher, und der Reißverschluss der Außentasche war nicht ganz zugezogen.
Als Ally klar wurde, was da passiert war, hatte sie spontan Jan in Verdacht. Doch dann sah sie es. Die Frau saß mit dem Rücken zu der anderen Frau, die ihren Begleiter immer noch anlächelte – während sie in aller Seelenruhe einen Schlüsselbund in der Tasche auf ihrem Schoß verstaute.
Volltreffer.
»He, Ally, wo bist du denn? Auf dem Mond?« Pete tippte ihr mit einem Finger auf die Schulter. »Ich glaube nicht, dass da oben jemand auf einen Wodka Tonic wartet.«
»Nein, ich bin hier.«
Als sich die Frau ihre Handtasche unter den Arm klemmte und aufstand, langte Ally zielstrebig nach dem Tablett.
Einsachtundsechzig, schätzte sie. Hundertzwanzig Pfund. Braune Haare, braune Augen. Ende dreißig, olivfarbener Teint, energische Gesichtszüge. Und im Moment in Richtung Damentoilette unterwegs.
Darauf bedacht, keine Aufmerksamkeit zu erregen, ging Ally eilig nach nebenan in den Clubbereich. Als dort ihr Blick auf Will fiel, drückte sie ihm eilig das Tablett in die Hand und sagte: »Bitte entschuldige, aber Tisch acht wartet darauf. Und sag Jonah, dass ich ihn dringend sprechen muss. Ich muss nur ganz kurz was erledigen …«
»Aber … he!«
»Ich bin gleich wieder da.« Ally eilte bereits im Laufschritt in Richtung Damentoilette.
Als sie sich dort umschaute,
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