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Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov

Titel: Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Ostbrücke eingeteilt gewesen.
    Die getöteten Jungen kannte ich kaum, weder Romka noch die beiden Igors. Wir hatten einfach zu wenig Zeit gehabt, um uns näher kennenzulernen. Dennoch war ich mir in dem traurigen Moment, da ich vor ihren Gräbern stand, sicher, dass wir Freundschaft geschlossen hätten. Der Lange Igor war in meinem Alter gewesen, die anderen beiden etwas jünger als ich. Alle drei waren sie lebensfrohe Gemüter, die noch am Morgen bester Laune ihre Scherze getrieben hatten.
    Es wäre gelogen, wenn ich behauptete, dass ich in jenem Augenblick tiefen Kummer empfunden hätte. Wären Chris, Tolik oder Maljok umgekommen, hätte ich wahrscheinlich um sie getrauert und geweint. Jetzt hingegen fühlte ich eine Anteilnahme, als wäre in meiner Gegenwart jemand Fremdes von einem Auto überfahren
worden. Selbstverständlich tut einem das leid, man kümmert sich und versucht zu helfen, gleichzeitig weiß man aber auch, dass man in ein paar Tagen nicht mehr daran denken und kein Schmerz zurückbleiben wird. Ich hasste mich für diese Gedanken und versuchte krampfhaft, echte Trauer zu fühlen, was natürlich nicht gelang. Stattdessen empfand ich Angst und Mitleid mit dem neben mir stehenden Timur, diese flüchtige Anteilnahme eben und eine gewisse Scham gegenüber den Toten, weil ich nicht imstande war, einfach hemmungslos zu flennen wie Tolik.
    Nachdem die Gräber zugeschaufelt waren, blieben wir noch eine Weile vor ihnen stehen, als wäre es ein Verrat gewesen, die Jungen allein zurückzulassen. Janusch flüsterte stimmlos vor sich hin. Ich vermutete, dass er ein Gebet sprach, denn in Polen gibt es viele gläubige Menschen.
    Dann, als wir in die Burg zurückgekehrt waren, erzählte Timur, wie sich alles zugetragen hatte. Die Wachen auf der Ostbrücke hatten von Anfang an das Gefühl gehabt, dass etwas im Busch war. Normalerweise beorderte die Insel Nr. 30 drei bis vier Mann auf die Brücke, an diesem Tag waren sie zu siebt gekommen. Dennoch hatten sie sich bis zum Abend ruhig verhalten und keine Angriffsversuche unternommen. Allem Anschein nach hatten sie das genau so geplant, um unsere Wachposten einzulullen, was ihnen auch gelang. Es war nur noch eine knappe Stunde bis zur Trennung der Brücke, als einer der Jungen von der Nr. 30 sich scheinbar auf den Rückweg zu seiner Burg machte.
    Das war allerdings ein Täuschungsmanöver! Er ging nur einige Schritte weit, und unsere Wachen achteten
nicht mehr auf ihn, als er sich unversehens umdrehte und einen Pfeil aus seiner Armbrust abfeuerte. Das Geschoss bohrte sich in den rechten Oberarm des Langen Igor. Die Schmerzen ignorierend, schoss dieser sofort zurück und traf den Feind, der tot oder schwer verwundet zusammensank.
    Fatalerweise hatten die Dreißiger noch einen weiteren Armbrustschützen, dessen Pfeil fast zeitgleich durch die Luft zischte und den anderen Igor in den Kopf traf. Er taumelte zu Boden und verlor das Bewusstsein. Einer der nachsetzenden Angreifer schlug mit dem Schwert auf ihn ein und bezahlte dies mit seinem Leben, denn inzwischen war Romka herbeigestürzt und stieß dem Jungen die Klinge in den Leib. Daraufhin wichen die anderen Angreifer zurück. Romka verfolgte sie, da er in der Hitze des Gefechts nicht mitbekam, dass er allein gegen fünf war. In dem sich anschließenden ungleichen Kampf wurde er in die Brust getroffen. Timur hatte noch versucht, ihm zu Hilfe zu eilen, konnte ihn aber nur noch schwer verletzt aus der Kampfzone zerren.
    Die Lage war verzweifelt. Der Lange Igor war verwundet, der zweite Igor bewusstlos, während Romka das Blut in einer pulsierenden Fontäne aus der Wunde schoss. Obgleich Romka bei Bewusstsein war, wurde er doch mit jeder Sekunde schwächer. Nun nahm der Lange Igor sein Schwert in die linke Hand und bedeutete Timur, er solle die Verwundeten zur Burg hinunterbringen. Igor musste auf den Schultern getragen werden, Romka konnte zunächst noch selbst laufen. Doch als schließlich auch dieser zusammenbrach, blieb Timur nichts anderes übrig, als beide über den Marmor zu schleifen.
    Dann, als er sich einmal kurz umdrehte, sah er, wie der
Lange Igor, mit der linken Hand fechtend, gegen die übermächtigen Feinde kämpfte. Schon bald hatten sie ihn an den Rand der Brücke gedrängt und schwer verletzt, da griff sich Igor in aussichtsloser Lage einen der Angreifer und stürzte sich mit ihm zusammen über das Geländer von der Brücke hinab.
    Timur war schon fast an der Burg angekommen, als er bemerkte, dass das

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