Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov

Titel: Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
anderen, weil die Brücke im Wind zu schwanken begann, was in meinem Magen wie schon am ersten Tag ein höchst unangenehmes, flaues Gefühl auslöste.
    »Das ist wie auf einem Schiff bei hohem Seegang«, sagte Ilja, dem das Geschaukel Spaß zu machen schien. »Bei Sturm ist es noch viel besser hier oben. Manchmal reichen die Wellen bis auf halbe Höhe zur Brücke herauf.«
    »Wir sind aber doch hundert Meter über dem Meer hier«, gab ich verwundert zu bedenken.
    »Du wirst ja sehen«, entgegnete er stur.
    In diesem Augenblick blitzte auf unserem Wachturm ein Lichtschein auf, der mich regelrecht blendete.
    »Mist …«, zischte Tolik, sprang auf und spähte zum Wachturm hinüber. Nach einer halben Minute wiederholte sich das Lichtzeichen.
    Ilja legte die Stirn in Falten. Meloman nahm die Kopfhörer ab. Die Jungen von der Nr. 12 registrierten aufmerksam die Unruhe auf unserer Seite.
    »Salif!« Tolik legte sein Schwert auf den Boden und
ging zu den Zwölfern hinüber. Nach kurzem Zögern legte auch der Schwarze seine Waffe ab und kam ihm entgegen. Die beiden unterhielten sich kurz und unaufgeregt, daraufhin drehte sich Salif zu seinen Leuten um.
    »Kehrt zur Burg zurück, Jungs, und seht mal nach, was sich auf der Nordbrücke tut. Ich halte hier allein Wache«, rief er seinen Gefährten zu.
    Wortlos machten sich diese auf den Weg zu ihrer Burg. Tolik gab Salif kurz die Hand und kehrte zu uns zurück. Er sah außergewöhnlich besorgt aus.
    »Kannst du hier allein Wache halten?«, fragte er Meloman.
    Meloman nickte schweigend.
    Tolik wandte sich mir und Ilja zu: »Vorwärts, im Laufschritt zurück zur Burg!«
    Ich verzichtete darauf, überflüssige Fragen zu stellen. Das Lichtsignal hatte offensichtlich bedeutet, dass wir schnellstens zur Insel zurückkehren sollten.
    Während wir zur Burg hinunterliefen, kam mir der Gedanke, dass man auf den Brücken entweder gemächlich dahinschlenderte oder im Höchsttempo rannte. Ein Mittelding schien es nicht zu geben.
    Die Sonne hatte sich inzwischen in einen dunkelroten Ball verwandelt und war sanft ins Meer eingetaucht, während leuchtendes Abendrot in den Himmel strömte, als würde er von Blut getränkt.
    Als Erste waren die Jungen von der Südbrücke auf die Insel zurückgekehrt. Von Weitem sahen wir, dass sich die Mädchen, Timur, Sershan und Janusch am Fuß der Ostbrücke versammelt hatten. Sie bildeten einen Kreis und starrten wortlos auf etwas, das zwischen ihnen auf dem Boden lag.

    Meine Beine waren zittrig und schmerzten, die anderen beiden hatten ein höllisches Tempo vorgelegt. Im Schlepptau von Tolik, der sich ziemlich grob durch die anderen hindurchdrängelte, landete ich mitten in dem kleinen Pulk. Auf dem Boden lagen in einer Blutlache Romka und Igor. Der »normale« Igor. Romka hatte eine Stichwunde in der Brust, die von geronnenem Blut umsäumt war. Igor dagegen war von einer so entsetzlichen Kopfwunde entstellt, dass ich es nicht fertigbrachte, richtig hinzusehen. Mir wurde schlecht.
    Unvermittelt packte Sershan Timur an den Schultern und schüttelte ihn: »Wo ist Ostap?«, zischte er, womit er den Langen Igor meinte, der mit Nachnamen Ostapenko hieß.
    »Er ist von der Brücke gesprungen, verwundet...«, sagte Timur und versuchte vergeblich, sich aus Sershans Umklammerung zu lösen. Mit brechender Stimme fügte er hinzu: »Tödlich verwundet.«
    »Wo ist Kostja?«, schrie Sershan, wobei er Timur mit irren Augen anstarrte.
    »In der Burg«, antwortete ihm Rita. »Wahrscheinlich ist er auch … Ein Pfeil steckt in seiner Brust, wir haben uns nicht getraut, ihn herauszuziehen.«
    »Und warum lebst du noch, Timur?«, fragte Sershan mit drohender Stimme. »Die Feinde sind bis zur Burg gekommen - wieso bist du getürmt?«
    »Lass ihn!«, keifte Rita und schubste Sershan zur Seite. »Timur hat sich völlig richtig verhalten. Reg dich ab!«
    »Streitet euch nicht«, sagte Ilja leise. »Das bringt jetzt auch nichts mehr.«

10
    DER VERRÜCKTE KAPITÄN
    Hinter einem kleinen Waldstück am entfernten Ende der Insel begruben wir Romka und Igor. Chris und Maljok, die erst später eingetroffen waren, halfen Sershan und Janusch beim Ausheben der Gräber, die nicht sonderlich tief gerieten, da sich unter der dünnen Sandschicht harter Felsboden befand.
    Während ich so dastand, wurde mir mit Schaudern bewusst, dass ich nur durch einen glücklichen Zufall nicht selbst in einem dieser Sandlöcher mein Ende gefunden hatte. Denn ursprünglich war ja ich für die Wache auf der

Weitere Kostenlose Bücher