Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov
Große Spiel für Romka unwiderruflich zu Ende war. Kostja kam ihm entgegengelaufen und half ihm dabei, die zwei Jungen in die Burg zu schleppen. Die Mädchen versuchten noch, den röchelnden Igor zu verbinden, aber sie konnten nichts mehr für ihn tun. Inzwischen kamen die Feinde, die die Verfolgung aufgenommen hatten, die Brücke heruntergerannt und griffen erneut an. Timur und Kostja gelang es, sie in Schach zu halten, obwohl sie zu zweit gegen vier kämpften. Als die Angreifer bemerkten, dass die Mädchen von einer anderen Brücke Verstärkung herbeigerufen hatten, flüchteten sie. Einen Pfeil schossen sie hastig noch ab, noch nicht einmal richtig gezielt.
Dennoch traf er Kostja.
Aufgewühlt durch Timurs Bericht, irrte ich planlos durch die Gänge der Burg. Draußen war es rasch dunkel geworden. Durch jede kleinste Mauerritze sickerte Kälte herein und kroch als kühler Luftzug die Wände entlang. Das Grollen der ans Ufer schlagenden Wellen wurde zunehmend lauter und polterte durch die finsteren Korridore.
Als ich an Kostjas Kammer vorbeikam, legte ich mein Ohr an die Tür und horchte. Ich konnte ihn atmen hören: Es war ein gurgelndes Geräusch, als schäumte etwas in seiner Kehle oder an seinen Lippen. Als ich die Tür öffnete,
um nach ihm zu sehen, flog mir Rita entgegen und verjagte mich mit einer strengen, unzweideutigen Geste. Mit der Gewissheit, dass es schlecht stand um Kostja, trollte ich mich und beschloss, zu den anderen hinunterzugehen.
Nach und nach versammelten sich die meisten von uns im Thronsaal. Dort war es immerhin hell und sogar einigermaßen warm. Das Kaminfeuer prasselte und vertrieb die schlimmste Kälte, wenn seine Kraft auch längst nicht ausreichte, um den riesigen Saal bis in den letzten Winkel aufzuwärmen. An jeder Wand brannte eine Fackel, in deren Licht wir lange Schatten warfen, die unruhig über den kalten Marmorboden geisterten. Wie die Spiegelbilder im Song von Melomans Lieblingsgruppe schienen diese schwarzen, verzerrten Gestalten ein Eigenleben zu entwickeln, als wollten sie sich nicht damit abfinden, nur ein lebloses Abbild zu sein.
Ich war an eines der Fenster getreten und beobachtete eine Weile, wie die Wellen direkt unter mir gegen die Mauer schlugen und die Gischt in tauenden Flocken an der Fensterscheibe herabrann. Der Himmel musste dicht mit Wolken verhangen sein, denn nur ganz selten einmal konnte ich einen Stern aufblitzen sehen. Ich war dankbar, dass ich nicht schon heute zum Treffen mit Inga gehen musste.
Als ein besonders heftiger Windstoß schneidend aufheulte, hörte man irgendwo oben eine Scheibe zu Bruch gehen. Das war nun keine Katastrophe, aber Tolik stieß trotzdem einen heftigen Fluch aus und trat mit voller Wucht gegen die Wand. Dieser Akt plumper Aggression konnte der Wand kaum etwas anhaben, während Tolik, vor Schmerz jaulend, zum Sofa hinüberhinkte. Meloman
seufzte vernehmlich und gesellte sich dann zu mir ans Fenster.
»Wir müssen uns überlegen, was wir jetzt machen sollen«, rief Chris in unser Schweigen hinein. Er saß auf seinem »Kommandeurstuhl« am Kamin und hatte sein Schwert über die Armlehnen gelegt.
»Was wir machen sollen?«, blaffte Sershan. »Wir könnten Timur trösten, seht nur, wie traurig er ist, der Ärmste. Oder wir bedanken uns bei Tolik. Der hat letzte Woche auf der Ostbrücke Wache geschoben und die Dreißiger bis aufs Blut gereizt. Das hat er wirklich gut hingekriegt«, giftete er sarkastisch.
»Halt den Mund!«, zischte Tolik und ging, während er sein Schwert zog, auf Sershan zu.
Mit Entsetzen bemerkte ich, dass die Klinge seines Holzschwerts einen silbrigen Glanz bekam. Sershan wich mit einem Satz zur Wand zurück und zog nun seinerseits die Waffe. Im selben Moment tauchte plötzlich Timur zwischen den beiden auf. Nach ein paar Sekunden lagen Sershan und Tolik, sich vor Schmerzen windend, hilflos am Boden, während Timur in der Pose eines Karatekämpfers - eine Hand am Gürtel, die andere vor dem Gesicht - dastand, als warte er auf eine Fortsetzung des Kampfes.
»So, der Aufruhr ist beendet. Danke, Timur«, sagte Chris gelassen und fuhr mit eindringlicher Stimme fort: »Ich wiederhole es noch mal, extra für Sershan: Keiner von uns trägt die Schuld an dem, was geschehen ist. Im Kampf läuft eben nicht immer alles nach Plan. Im Übrigen … ach, lassen wir das. Am besten, du gehst morgen auf die Ostbrücke, Sershan, da kannst du deinen Frust ablassen.«
Sershan und Tolik verkrochen sich kleinlaut in
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